München/Zürich – Für das Corporate-Banking in Deutschland war 2013 ein schwieriges Jahr. Zins- und Provisionsüberschuss sanken, während die Kosten zunahmen – bedingt durch gestiegene regulatorische Anforderungen und die Kreditrisikovorsorge vor allem im zweiten Halbjahr. Der Corporate-Banking-Index der internationalen Managementberatung Bain & Company ging daher in der zweiten Jahreshälfte 2013 zum wiederholten Mal zurück und liegt nun deutlich unter den Höchstständen von 2011. Der Handlungsbedarf der Finanzinstitute wächst.
Nach der globalen Finanzkrise galt Corporate-Banking als eine der wenigen verlässlichen Ertragsquellen für Finanzinstitute in Deutschland. Doch das Jahr 2013 markiert zumindest vorerst einen Wendepunkt. Der Bain-Corporate-Banking-Index gab im Jahresverlauf deutlich nach. So lagen die Erträge im zweiten Halbjahr 2013 vier Prozent unter dem Niveau des ersten Halbjahrs und blieben gar um zehn Prozent unter den Erträgen der letzten sechs Monate 2012. Noch massiver ging die Profitabilität zurück. Sie sank im Vergleich zu den entsprechenden Vorjahreswerten um 27 beziehungsweise 32 Prozent (Abb. 1).
Der Rückgang von Zins- und Provisionsüberschuss resultiert vor allem aus einem schwachen Kreditgeschäft, das für 74 Prozent der Erträge im Corporate-Banking steht. Tatsächlich verringerte sich das Kreditvolumen im zweiten Halbjahr 2013 um drei Prozent auf rund 980 Milliarden Euro. Limitierender Faktor in Deutschland ist weiterhin vor allem die Kreditnachfrage – die Zurückhaltung auf Unternehmensseite ist spürbar. Dies zwingt die Banken in einem wettbewerbsintensiven Umfeld zu erheblichen Preiszugeständnissen.
Gleichzeitig ist die Kreditrisikovorsorge vieler Banken in der zweiten Jahreshälfte 2013 erneut drastisch gestiegen – im Vergleich zu den ersten sechs Monaten um 79 Prozent. Damit liegt sie mittlerweile erheblich über dem Niveau der vergangenen Jahre (Abb. 2). „Da alle Bankengruppen in Deutschland im Firmenkundengeschäft deutlich wachsen und Marktanteile gewinnen wollen, müssen die Margen unter Druck geraten“, erklärt Walter Sinn, Deutschlandchef von Bain & Company und Bankenexperte. „Zudem werfen die europaweite Vereinheitlichung der Bankenaufsicht und der anstehende Stresstest offenkundig ihre Schatten voraus. Viele Finanzinstitute haben ihr Kreditbuch noch einmal sorgfältig durchkämmt und entsprechend Vorsorge getroffen.“
Anstieg der Cost-Income-Ratio
Zusätzlich zur signifikant höheren Kreditrisikovorsorge schmälern steigende Verwaltungsaufwendungen die Profitabilität. Diese lagen 2013 rund 20 Prozent über dem Wert von 2007, dem Jahr vor Ausbruch der globalen Finanzkrise. Bei sinkenden Erträgen erhöhte sich in der Folge die Cost-Income-Ratio in der zweiten Jahreshälfte 2013 auf 42 Prozent. In den beiden vorangegangenen Halbjahren hatte sie bei 39 Prozent gelegen.
Die rückläufigen Ergebnisse belasten auch die Eigenkapitalrendite vor Steuern, die zusätzlich unter den deutlich gestiegenen Kapitalanforderungen leidet. Im zweiten Halbjahr 2013 erreichte die Eigenkapitalrendite im Corporate-Banking nur noch 15 Prozent – nach 18 Prozent im ersten Halbjahr und 20 Prozent in den letzten sechs Monaten 2012. Sie liegt damit mittlerweile deutlich unter den Werten der Jahre vor 2008.
Weckruf für die Branche
„Der Gewinneinbruch im Corporate-Banking ist ein Alarmsignal!“, betont Dr. Jan-Alexander Huber, Partner bei Bain & Company und Corporate-Banking-Experte. „Doch es wäre fatal, würden die Banken die Ursachen hierfür ausschließlich in der verschärften Regulierung suchen.“ Die aktuelle Situation im Corporate-Banking ist vielmehr dem starken Wettbewerb geschuldet. Auch haben es viele Finanzinstitute nicht geschafft, das Potenzial aus dem Cross-Selling angrenzender Leistungen nachhaltig auszuschöpfen. Dafür müssen sich die Banken rigoros an den Bedürfnissen der Unternehmenskunden ausrichten und sich zu einer kundenzentrierten Organisation weiterentwickeln. „Krisenbedingt haben zahlreiche Banken in der Vergangenheit ihr Risikomanagement substanziell verbessert, das Thema Kundenorientierung jedoch schleifen lassen“, so Huber. „Die rückläufigen Erträge sind daher auch ein Weckruf.“
Der Bain-Corporate-Banking-Index auf einen Blick
Der halbjährlich erhobene Bain-Corporate-Banking-Index basiert auf veröffentlichten Daten führender deutscher Banken. Das Panel deckt rund die Hälfte der Bilanzsumme der 100 größten in Deutschland tätigen Banken ab und konzentriert sich auf Finanzinstitute mit einem Schwerpunkt im Corporate-Banking und einer entsprechenden Segmentberichterstattung. Bei der erstmaligen Erstellung erfasste Bain für die Jahre 2007 bis 2012 zahlreiche Rohdaten jeder einzelnen Bank, darunter die Erträge (Zins- und Provisionsüberschuss), die Kostenstruktur (Verwaltungsaufwand), die Kreditrisikovorsorge, die Profitabilität (Ergebnis vor Steuern), das Eigenkapital und das Kreditvolumen. Die Wahl des Ausgangsjahrs 2007 ermöglicht Vergleiche zwischen dem letzten Jahr vor Ausbruch der globalen Finanzkrise und der aktuellen Situation.
Sämtliche Rohdaten untersuchten die Bain-Experten auf Einmaleffekte, die sich beispielsweise aus Übernahmen oder Änderungen im Reporting ergeben, und bereinigten die Datenreihen entsprechend. Danach erfolgte eine Aggregation der Daten pro Bank, bevor sie mit einem Gewicht von maximal 20 Prozent in den Gesamtindex einflossen. Diese Limitierung des Einflusses einzelner Banken stellt sicher, dass Sonderentwicklungen großer Finanzinstitute nicht die Darstellung des Index im Zeitverlauf verzerren. Vor Veröffentlichung wurden die Daten Robustheitschecks anhand vorhandener Studien und weitergehenden Analysen von Bain unterzogen und zum Teil um weitere Datenpunkte ergänzt.
Bain veröffentlicht den Corporate-Banking-Index in zwei Ausprägungen: den Bain-Corporate-Banking-Ertragsindex (CBE) und den Bain-Corporate-Banking-Profitabilitätsindex (CBP). Beide geben im Zeitverlauf einen hervorragenden Überblick über die Geschäftsentwicklung im Corporate-Banking und lassen sich als Benchmark für jedes einzelne Finanzinstitut nutzen.
Quelle: ots