Die 7 goldenen Regeln erfolgreicher Unternehmensfinanzierungen
oder: Warum der Finanzplan das wichtigste Führungsinstrument überhaupt ist
Unternehmensfinanzierungen sind nicht nur in der heutigen Zeit und auch nicht nur für Gründerinnen und Gründer oft ein Buch mit sieben Siegeln. Für die Mittelstand-Nachrichten.de erklärt Thomas Leopold, erfolgreicher freiberuflicher beratender Betriebswirt und Unternehmens-Podcaster, worauf es bei Unternehmensfinanzierungen wirklich ankommt.
„Nachdem wir das Ziel endgültig aus den Augen verloren hatten, verdoppelten wir unsere Anstrengungen. (Mark Twain)
Bei dem Wort Finanzierung denken wir zunächst einmal an Kredite. Dann denken wir an Banken, und direkt danach stellen sich bei vielen Unternehmer*innen unangenehme Gefühle ein. Der Grund dafür sind vielfältige negative Erfahrungen, welche Unternehmer*innen unabhängig von Branche und Unternehmensgröße in Deutschland gemacht haben. Wofür es nach meiner Beobachtung zwei zentrale Gründe gibt.
Zum einen entwickeln sich Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken seit Jahren strategisch und organisatorisch in eine „kundenunfreundliche“ Richtung. Der Kunde als Person oder als Firma spielt in den Banken kaum noch eine Rolle. Die treuhänderische Fürsorge des Bankers zu den Finanzen des Kunden hat seit Ende der 90er Jahre an Bedeutung verloren. Heute ist der Kunde eine (Konto-) Nummer mit der Zielvorgabe an Erträgen, welche die Bank mit ihm erzielen möchte. Sonst ist es kein Zielkunde mehr.
Auf der anderen Seite ist nach meiner Beobachtung vielen Unternehmer*innen dieser Umstand nicht klar, obwohl sie ihn schon oft erlebt haben. Gleichzeitig wissen viele Unternehmer*innen nicht, wie Banken funktionieren. Dies aber ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, sich auf Kreditanträge so vorzubereiten, dass damit die größtmögliche Aussicht auf einen positiven Entscheid geschaffen wird.
Die Bank wird sehr viele Fragen stellen, die alle mit „W“ anfangen:
Wer sind Sie?
Was machen Sie?
Wie sehen Ihr Markt und Ihr Wettbewerb aus?
Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal?
Warum sollen die Kunden bei Ihnen kaufen?
Wie sind Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse heute?
Was planen Sie?
Welchen Kredit brauchen Sie?
Wie wollen Sie diesen Kredit besichern?
Wie wollen Sie diesen Kredit zurückzahlen?
Wie werden Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse nach Durchführung der Investitionen aussehen?
Regel Nr. 1 – Der Finanzplan
Insbesondere die beiden letzten Fragen werden durch die Vorlage eines Finanzplanes beantwortet. Dieser ist jedoch nicht, wie eventuell vermutet wird, zur Vorlage bei der Bank zu erstellen. Er dient im Wesentlichen der Unternehmensleitung als Grundlage für unternehmerische Entscheidungen. Der Finanzplan gibt Auskunft darüber, ob die geplanten Maßnahmen im Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich sein werden. Und dies in dem Umfang, dass eine tragfähige Kapitaldienstfähigkeit erreicht wird. Erst auf dieser Basis kann die Entscheidung getroffen werden, einen Kredit aufzunehmen, da die Planung eindeutig aufzeigt, dass er zurückgezahlt werden kann.
Darüber hinaus bietet die Planung die Vorlage für den regelmäßigen Abgleich zwischen geplanten und erreichten Ergebnissen. Was wiederum die Grundlage für erneute unternehmerische Entscheidungen ist. Der Finanzplan ist also das wesentliche Steuerungsinstrument für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg.
Regel Nr. 2 – Gehen Sie niemals unvorbereitet zu Ihrer Bank
Um es vorwegzunehmen: Einfach zu einem informativen Gespräch zur Bank zu gehen, einfach mal „vorfühlen“; was soll das bringen? Natürlich wird der Banker nicht Nein sagen, wenn er gefragt wird, ob er Lust auf einen Maschinenfinanzierung von 1 Mio. € hat. Vielleicht wird er signalisieren, dass sich da Vorhaben gut anhört. Ist damit eine Kreditzusage verbunden? Nein! Kann der Banker auf Basis der ihm mündlich gegebenen Informationen einen entscheidungsreifen Kreditantrag in die Kreditabteilung einreichen? Nein! Was passiert, wenn er es trotzdem versucht? Es gibt Rückfragen aus der Kreditabteilung, die Nachforderung von Unterlagen (die Beantwortung der „W´s“), das Ganze scheibchenweise über Monate hinweg. Und dann kommt irgendwann die Absage, weil die Bank feststellt, dass die Kapitaldienstfähigkeit nicht gegeben ist. Das bedeutet für das Unternehmen wirtschaftliche Verluste.
Der Banker hat keine Ahnung von Produkten, Leistungen, Marktumfeld. Er wird Vergangenheitszahlen so interpretieren, wie es für ihn richtig ist. Und er wird einen Kreditantrag ohne erläuterte Finanzplanung nicht akzeptieren. Gehen Sie niemals unvorbereitet zu Ihrer Bank, wenn Sie Erfolg mit Ihrem Kreditantrag haben wollen.
Regel Nr. 3 – Machen Sie sich nicht abhängig; und wenn Sie es schon sind, ändern Sie es
Banken sind Wirtschaftsunternehmen mit einer Geschäftsidee, Zielkunden und definierten Produkten. Das kann sich jederzeit ändern, wie auch die Banken sich wirtschaftlich verändern und – wie es seit Jahren regelmäßig vorkommt – mit anderen Banken fusionieren. Und plötzlich ist die Bank mit sich selbst beschäftigt, die Kreditentscheider haben Angst um ihren Job und treffen keine Entscheidungen mehr. In dieser Situation ist es wichtig für Unternehmer*innen, Alternativen zu haben. Andere Geschäftspartner, andere Banken. So wie ein produzierendes Unternehmen mehrere Lieferanten haben muss, um handlungsfähig zu bleiben.
Unternehmer*in zu sein bedeutet frei zu sein bei Entscheidungen. Abhängigkeiten behindern das. Abhängigkeiten zu Banken werden oftmals als gegeben hingenommen. Bestehende Abhängigkeiten zu beseitigen ist in erster Linie eine strategische Entscheidung. Darauf folgen viele kleine Veränderungen, die sich über Jahre hinziehen können. Am Ende steht die finanzielle Freiheit.
Regel Nr. 4 – Die beste Art der Finanzierung: Gewinne
Die einzige zuverlässige Art, ein Unternehmen zu finanzieren, ist Gewinne zu machen. Da wo bei Finanzierung in erster Linie an Kredite gedacht wird muss deutlich gemacht werden, dass diese aus Gewinnen zurückgezahlt werden.
Gewinne zu erzielen ist grundsätzlich eine unternehmerische Entscheidung. Gewinne sind planbar. Der Einsatz von Gewinnen, beispielhaft zur Schaffung von Kapitalreserven, ist eine strategische Entscheidung. Die Thesaurierung von Gewinnen stärkt die Finanzkraft des Unternehmens, die Bonität, die Möglichkeiten der Refinanzierung von Krediten.
Wie wäre es, wenn ein Unternehmen für eine anstehende Kreditaufnahme nicht einen Antrag bei den Banken stellt, sondern die Banken einlädt sich an der Finanzierung zu beteiligen?
Regel Nr. 5 – Wie gut kennen Sie Ihre Bank?
Ein Beispiel aus der Praxis: ein Unternehmer hat seit 40 Jahren Konto bei einer Bank. Er setzt sich morgens in sein Auto, fährt dort hin, um einen Kreditantrag zu stellen. Ging in all den Jahren immer so. Steigt aus seinem Auto … und die Bank ist weg. Fusioniert. Filiale geschlossen, Ansprechpartner in anderer Funktion, Bank ist mit sich beschäftigt, kein Entscheider zu finden. Der Kreditantrag geht ins Leere, die geplante Investition platzt, die wirtschaftlichen Folgen sind schwerwiegend.
„Know your customer“ bedeutet auch „know your bank“. Die Bank ist einer der wichtigsten Geschäftspartner für jedes Unternehmen. Bei Krediten besonders. Die Bankpartner nicht zu kennen und dadurch bei wichtigen Finanzierungsfragen zu scheitern kann die Existenz des Unternehmens gefährden.
Regel Nr. 6 – Auch bei Krediten gilt: Billig ist nicht gleich gut!
Zinsen müssen niedrig sein, die Finanzierung darf nichts kosten, die Bank darf möglichst keine Gebühren erheben. Diese Aussagen sind in Unternehmerkreisen weit verbreitet.
Gleichzeitig wird bei der Anschaffung von Produktionsmitteln wie Maschinen und Anlagen natürlich nicht die Billigste genommen, sondern die Beste.
Ohne die passende Finanzierung kann ein Unternehmen nicht funktionieren. Aus diesem Grund ist bei Anschaffung von Krediten nicht der Preis ausschlaggebend, sondern die Frage der Verfügbarkeit und die Frage der Struktur. Auch hier gilt: die für das Unternehmen beste Finanzierung muss eingekauft werden.
Wer billig kauft, bezahlt auch bei Krediten zweimal.
Regel Nr. 7 Eine Bilanz geht niemals unkommentiert zur Bank
Zur Erinnerung: Banken haben keine Kenntnis davon, was in einem Unternehmen passiert. Jedes Unternehmen ist anders, jedoch haben Banken für alle Unternehmen eine einheitliche Messgröße: Die Bilanz.
Die Bilanz ist der emotionale Zugang des Bankers zum Unternehmen. Hier fühlt er sich sicher, das ist vertrautes Terrain. Tritt er durch diese Tür in das Unternehmen, kann er die dahinterliegenden Informationen verstehen. Sofern sie ihm zur Verfügung stehen. Ist dies nicht der Fall, wird er die Bilanzzahlen nach seinen Erfahrungen interpretieren. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit von Interpretationen, die dem Unternehmen nicht entsprechen, sehr groß.
Kreditgebende Banken sollten regelmäßig, aktiv über die wirtschaftlichen Verhältnisse durch Vorlage von kommentierten Bilanzen und Betriebswirtschaftlichen Auswertungen unterrichtet werden. Dies steigert die Kreditwürdigkeit.“
Über den Autor Thomas Leopold
Thomas Leopold ist als betriebswirtschaftlicher Sparringspartner im Mittelstand spezialisiert auf das Thema Unternehmensfinanzierung und mit seiner 30-jährigen Erfahrung als Banker ein echter Bankenflüsterer. Mit seinen weiteren Erfahrungen aus verschiedenen Finanz-Positionen (Leiter Finanzen und Controlling sowie Head of Investors Relationship Management) in mittelständischen Unternehmen ist er seit 2014 freiberuflicher beratender Betriebswirt.
Podcast über Unternehmensfinanzierung
Sein Podcast „Wendepunkt: Leopold – Unternehmensfinanzierung selbstbestimmt und frei“ erscheint wöchentlich auf den bekannten Kanälen (Apple-Podcast, Spotify etc.) und ist auf seiner Internetseite https://leopold-finanzierung.de/podcast/ zu finden.