Erbschaftssteuerreform riskiert Deutschlands Standortvorteile
Union und SPD haben sich über die Regeln zu steuerlichen Begünstigung von Firmenerben bereits geeinigt. Doch das Papier, das Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erarbeitet und die Regierung nun auf den Weg der Gesetzesverabschiedung gegeben hat, ist mehr als umstritten und trifft selten auf positive Resonanz. Selbst für Fachleute sind die Pläne mit den vielen Ausnahmen oft nur unverständlich.
Fakt ist, dass die Reform Deutschland seinen Standortvorteil kosten kann. Darüber hinaus sendet sie ein deutliches Signal, was die Unternehmensfreundlichkeit anbelangt. Das Bundesverfassungsgericht sah in dem bisherigen Gesetz den Gleichbehandlungsgrundsatz beschädigt. Daher soll der Erbe eines Unternehmens, was die Erbschaftssteuer anbelangt, künftig gleich behandelt werden, wie der Privatmann, der von seiner Großmutter eine Villa erbt. Bislang werden Erben von Betriebsvermögen noch weitestgehend verschont, wenn sie den Betrieb über Jahre hinweg weiterführen und Arbeitsplätze sichern.
Nach der Rüge des Bundesverfassungsgerichts, das Unternehmenserben darin übervorteilt sah, hat Schäuble seinen Entwurf abgeben. Der Vorschlag von Schäuble steht allerdings von Anfang an im Kreuzfeuer der Kritik. Ab einem Erbe von 26 Millionen Euro Betriebsvermögen (Erbschaftssteuerfreigrenze) wird geprüft, ob der Erbe die Steuern aus seinem Privatvermögen bezahlen kann. Wenn das nicht möglich ist, dann wird das Unternehmen verschont, um das Unternehmensbestehen nicht zu riskieren. Für Familienunternehmen liegt der Schwellenwert der Bedürfnisprüfung unter bestimmten Voraussetzungen doppelt so hoch, nämlich bei 52 Millionen Euro. Vor allem größere Unternehmen werden dadurch nicht nur unter Kostendruck gesetzt. Auch Arbeitsplätze werden dadurch riskiert.
Etwas viel Wind für 2-3 Prozent betroffene Unternehmen
Die Reform wird voraussichtlich lediglich rund zwei bis drei Prozent der Unternehmen in Deutschland betreffen. Angesichts des enormen Aufwands ist das ein Klacks. Das Gesetz ist an Komplexität kaum zu überbieten. In der bisherigen Version des Gesetzes waren mittelständische Unternehmen gut gestellt. Unternehmen sehen sich durch die Forderungen aus der Erbschaftssteuer oftmals dazu gezwungen an ausländische Investoren zu verkaufen. Das belastet die deutsche Volkswirtschaft. Die Unterscheidung zwischen großen und kleinen Vermögen ist absurd, denn logisch betrachtet, trägt die Erbschaftsteuer so gut wie nichts dazu bei, Deutschland zu einem gerechteren Land zu machen.
Das Bürokratiemonster, das wir riefen
Ein wichtiger Ansatz wäre gewesen, dass einheitliche Steuersätze durchgesetzt werden, um den Ausnahmedschungel zu beenden. Die kommende Reform hat allerdings das Gegenteil als Bürokratieabbau zur Folge: Es gibt zahlreiche Ausnahmen und Details. Am Ende profitieren die Staatskassen.
Reform wirkt Investitionen entgegen
Durch die Eingruppierung in die Erbschaftssteuer werden Unternehmen sich was Investitionen anbelangt zurückhalten. Zusätzlich kann auf kurzfristige und volatile Aufträge nicht reagiert werden. Die Zeichen stünden dann in der Wirtschaft ganz und gar nicht auf Wachstum. Schlimm genug, denn die Unternehmensinvestitionen schwächeln ohnehin schon seit der Jahrtausendwende.
Es ginge auch ohne
Wenn sogar Steuerexperten von „Komplexität“ und „Bürokratiemonster“ sprechen, dann scheint daran etwas Wahres zu sein. Es steht außer Frage: Die Novellierung wird nicht zu den gewünschten Effekten führen, im Gegenteil. Deutschland verliert seinen guten Standortruf und die Wirtschaft wird darunter zu leiden haben. Wie auch in anderen europäischen Ländern wäre es besser ganz und gar auf eine Erbschaftssteuer zu verzichten. Schweden und Portugal beispielsweise haben ihre Erbschaftssteuer abgeschafft. Experten sprechen davon, beispielsweise die Einkommensteuer in der Spitze zu erhöhen. Wollte man dem entgegnen, müsste ein einheitlicher Erbschaftssteuersatz eingeführt werden.
Der Gesetzesentwurf wird es schwer haben vor dem Bundesverfassungsgericht. Sollte er diese Hürde dennoch nehmen, dann wird der Realitätscheck Fragen aufwerfen. Klarheit werden wir dann spätestens ab dem 1. Juli 2016 haben, denn dann muss das neue Gesetz verabschiedet sein. Noch ist also Zeit, um einen mutigen Schritt zu machen und die Erbschaftsteuer, die ihre Ziele ohnehin nicht erreicht, vielleicht einfach doch abzuschaffen.
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Detlef Bischoff ist Rechtsanwalt sowie Inhaber und Geschäftsführer der Connex Steuer- und Wirtschaftsberatung, einer der größten privat geführten Steuerberatungsgesellschaften in Mitteldeutschland.
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Detlef Bischoff, geb. 1961, studierte in Freiburg und Lausanne Rechtswissenschaften und Volkswirtschaftslehre. Seine Referendariate absolvierte er beim LG Offenburg/BW, dem Regierungspräsidium Freiburg sowie einer großen, international tätigen Kanzlei in Basel. Nach seiner Zulassung als Rechtsanwalt widmete sich Bischoff 1992 in Halle (Saale) dem Auf- und Ausbau einer Rechtsanwaltskanzlei und übernahm parallel hierzu erste Geschäftsanteile der Connex Steuer- und Wirtschaftsberatung Steuerberatungsgesellschaft. Zwei Jahre später wurde er dort geschäftsführender Gesellschafter.
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Quelle: Connex Presseservice