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Häusliche Pflege: Mindestlohn steigert Sorge vor Schwarzarbeit

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Essen – Der ab 1. Januar 2015 auch im Bereich der häuslichen Pflege geltende Mindestlohn erhöht bei Experten die Sorge, dass Senioren und Angehörige verstärkt Angebote des Schwarzmarkts nutzen. Darauf weist der Marktführer für die Vermittlung osteuropäischer Betreuungskräfte, Promedica Plus, hin. „Wir haben uns frühzeitig auf die neuen Regelungen vorbereitet und stellen alle Verträge unserer Kunden in Deutschland um“, sagt Robert Szymczak, Geschäftsführer von Promedica Plus. „Grundsätzlich begrüßen die meisten Kunden den neuen Mindestlohn, doch steigende Kosten könnten dafür sorgen, dass sich besonders die Kunden mit geringem Einnahmen Alternativen suchen, auch illegale. Wir warnen vor schwarz beschäftigten Betreuungskräften, weil sie keine soziale Absicherung oder rechtlichen Schutz haben.“

Quelle: bpublic
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Diese Ansicht teilen auch Experten wie der Cottbuser Staatsrechtler Prof. Dr. Lothar Knopp. Er mahnt zudem grundsätzliche Defizite im deutschen Pflegebereich an: „Jahrzehntelange politische Debatten um die Reformierung des Gesundheitssystems sind bislang ergebnislos verpufft. Echte Reformen vermisst man vor allem in der häuslichen Pflege.“

Mit seinen Vorträgen und Fachbeiträgen gilt Prof. Knopp als profilierter Experte für den rechtlichen Hintergrund häuslicher Pflegemodelle. Exklusiv für Promedica Plus nimmt er Stellung zur Debatte um die Pflege- und Betreuungssituation in Deutschland, die Einführung des Mindestlohns und den Einsatz osteuropäischer Betreuungskräfte. Prof. Knopp stellt dabei auch klar: „Manche Kritiker lehnen diese Dienstleistungen pauschal ab oder behaupten, sie seien illegal. Das ist unzutreffend.“ Den lesenswerten Beitrag in voller Länge finden Sie hier:

Osteuropäische Pflegehilfen in der häuslichen Pflege und gesetzlicher Mindestlohn (von Prof. Dr. Dr. h.c. Lothar Knopp, Inhaber des Lehrstuhls für Staatsrecht, Verwaltungsrecht und Umweltrecht an der BTU Cottbus)

Die Pflegesituation in Deutschland ist weitgehend katastrophal. Jahrzehntelange politische Debatten um die Reformierung des Gesundheitssystems sind bislang ergebnislos verpufft. Daran ändert auch das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz wenig, dessen Ziel etwa bessere Leistungen für Demenzkranke und deren Angehörige ist, sowie die Förderung neuer Wohnformen und die Bezuschussung privater Pflegezusatzversicherungen.

Echte Reformen vermisst man vor allem in der häuslichen Pflege. Die Betroffenen und ihre Angehörigen werden von der Gesundheitspolitik schlichtweg im Stich gelassen. Dagegen mehren sich insbesondere die Medienberichte zu teilweise desaströsen Zuständen in Alten- und Pflegeheimen. Tragfähige Konzepte und für Betroffene bezahlbare Alternativen zum Alten- und Pflegeheim im Rahmen der häuslichen Pflege vermag der deutsche Staat bis heute nicht zu entwickeln bzw. bereitzustellen. Sieben Betroffene wollen deshalb im Hinblick auf den Pflegenotstand jetzt auch Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einreichen, unterstützt durch den Sozialverband VdK mit dem Ziel, den deutschen Staat zur Bereitstellung des sozialen Existenzminimums im Pflegebereich zu verpflichten. Sie berufen sich dabei auf die im Grundgesetz enthaltene allgemeine Sozialstaatsklausel, die gerade eine solche staatliche Verpflichtung zur Sicherung des Existenzminimums vorsieht.

Quelle: bpublic
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Der Einsatz osteuropäischer Pflegehilfen in der häuslichen Pflege in deutschen Haushalten ist deshalb für Betroffene und ihre Angehörigen häufig die einzige Alter-native zum Alten- und Pflegeheim, um in Würde in den eigenen vier Wänden versorgt und betreut zu werden. Dass sich hier inzwischen ein regelrechter Markt entwickelt hat, ist Ausdruck des Versagens der deutschen Pflegepolitik. Die Nachfrage nach osteuropäischen Betreuungskräften im Bereich der häuslichen Pflege steigt kontinuierlich, die vorliegenden Angebote entsprechender Agenturen passen sich an diese Nachfragesituation an.

Dies verkennen die Kritiker an dem Einsatz osteuropäischer Pflegehilfen gern, die teilweise ohne vertiefte Kenntnisse von den einzelnen Modellen pauschal und unzutreffend deren Illegalität behaupten oder sich lediglich einen Teilaspekt herausgreifen, um ihre Argumentation zu untermauern. Sie „vergessen“ dabei nur zu gerne, dass letztlich der deutsche Staat diesen Markt selbst verursacht hat und die Betroffenen in der häuslichen Pflege auf sich gestellt sind. Wie bei jedem Markt ist selbstverständlich auch hier der Wettbewerb groß. Viele praktizierte Modelle sind durchaus legal, sie enthalten klare vertragliche Regelungen zwischen dem deutschen Kunden und dem ausländischen Arbeitgeber einerseits und der Vermittlungsagentur andererseits.

Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes zum 1.1.2015 hat die finanziellen Rahmenbedingungen für die häusliche Pflege nunmehr verschärft. Als „sozialpolitisches Experiment mit unbekanntem Ausgang“ (so das Jahresgutachten 2014/2015 des Sachverständigenrates für Wirtschaft) wird er von den „Wirtschaftsweisen“ äußerst kritisch gesehen und von ihnen werden Korrekturen angemahnt. Dieses Regelwerk ist insbesondere ein weiteres Beispiel dafür, dass verschiedene Politikbereiche – hier: Arbeitsmarktpolitik und Gesundheitspolitik – unabgestimmt auf die konkreten Bedürfnisse aneinander vorbeiagieren.

Der Sachverständigenrat für Wirtschaft weist in seinem Jahresgutachten auch zutreffend darauf hin, dass der Mindestlohn vor allem die Arbeitsnachfrage im Bereich einfacher Tätigkeiten belasten wird, wodurch in Bezug auf die häusliche Pflege eine Abwanderung in die Schwarzarbeit geradezu provoziert wird.

Auf diese Situation gilt es seitens der ausländischen Arbeitgeber und der Vermittlungsagenturen für osteuropäische Pflegehilfen zu reagieren, zugleich in dem Bewusstsein, dass es für diesen prosperierenden Markt bislang keine Alternative staatlicherseits gibt. Deutsche Modelle für eine sogenannte häusliche 24-Stunden-Betreuung stehen nach wie vor nicht zur Verfügung, ebenso wenig deutsche Pflege-hilfskräfte. Umso mehr sind deshalb auch deutsche Sozialämter dazu aufgerufen, bei finanziellen Engpässen Betroffener aufgrund fehlender ausreichender Altersversorgung im Einzelfall unterstützend bzw. flankierend tätig zu werden.

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