Jahresurlaub, Elternzeit, Arbeitslosengeld und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
Glassdoor Economic Research vergleicht gesetzliche Ansprüche von Arbeitnehmern in Europa
Frankfurt am Main – Eine aktuelle Studie der Job- und Karrierecommunity Glassdoor® zeigt, wo in Europa die gesetzlichen Mindestansprüche für Arbeitnehmer am besten sind. Der Vergleich legt offen, dass die Elternzeitregelung nirgendwo in Europa arbeitnehmerfreundlicher ist als in Deutschland. Beim Arbeitslosengeld, der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und beim Jahresurlaubsanspruch landet die Bundesrepublik im Mittelfeld.
Die Studie „Which Countries in Europe Offer Fairest Paid Leave and Unemployment Benefits?“ wurde von Glassdoor Economic Research in Kooperation mit Llewellyn Consulting durchgeführt und legt bei Gleichgewichtung aller betrachteten Faktoren nahe, dass die Bedingungen für Arbeitnehmer insgesamt in Dänemark, Frankreich und Spanien am besten sind. Untersucht wurden dafür folgende sechs Faktoren – jeweils unter Berücksichtigung der Höhe der Bezüge sowie des abgedeckten Zeitraums: der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, Mutterschutz, Vaterschaftsurlaub, Elternzeit, Jahresurlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Zum Vergleich werden auch die entsprechenden Werte für die USA dargestellt.
Arbeitslosenhilfe in Dänemark am umfangreichsten
Was die Höhe der Bezüge betrifft, ist Dänemark offiziell der „beste“ Ort in Europa, um arbeitslos zu sein. Menschen, die ihren Job verloren haben, erhalten 90 Prozent des vorherigen Gehalts für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren. In Belgien, den Niederlanden, Frankreich und Norwegen bestehen ebenfalls sehr arbeitnehmerfreundliche Gesamtpakete (bis zu 75 Prozent des Gehalts). Genau wie in Deutschland ist das Arbeitslosengeld abhängig von der Dauer des vorherigen Beschäftigungsverhältnisses und der zuvor eingezahlten Beiträge. Hierzulande wird das Arbeitslosengeld* für bis zu zwei Jahre ausgezahlt und beläuft sich auf 60 Prozent des vorherigen Einkommens.
Mutterschutz, Vaterschaftsurlaub und Elternzeit in Europa
In jedem EU-Staat liegt der gesetzliche Mindestanspruch beim Mutterschutz bei 14 Wochen. In Deutschland setzen Arbeitnehmerinnen diese Zeit bei vollen Bezügen aus, was keine Selbstverständlichkeit in Europa ist. In Irland erhalten Frauen z. B. während des Mutterschutzes nur festgeschriebene 230 Euro pro Woche. Dafür ist der gesetzliche Mutterschutzanspruch in Deutschland auch auf die EU-Mindestvorgabe von 14 Wochen begrenzt und somit niedriger als in den meisten anderen europäischen Staaten. Ein gesetzlich geregelter Anspruch auf Vaterschaftsurlaub besteht in der Bundesrepublik gar nicht, anders als z. B. in Finnland (45 Tage).
Ausgeglichen werden diese Bedingungen in Deutschland jedoch durch die im Vergleich sehr großzügigen Elternzeit-Regelungen. Nur hierzulande und in Frankreich haben Eltern Anspruch auf bis zu drei Jahre Elternzeit. In Deutschland erhalten aussetzende Eltern dabei für ein ganzes Jahr 67 Prozent ihres Lohns. In anderen Ländern wie Norwegen oder Dänemark bekommen Eltern zwar teilweise ihr ganzes Gehalt in der Elternzeit – allerdings für einen kürzeren Zeitraum.
Niederlande mit längster Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
Nur in den Niederlanden erhalten Arbeitnehmer bei einem langfristigen krankheitsbedingten Ausfall länger ihr Gehalt (70 Prozent), nämlich bis zu zwei Jahre. In Deutschland bekommen Arbeitnehmer bis zu sechs Wochen ihr volles Gehalt, danach übernimmt die Krankenversicherung die Zahlung in Höhe von ebenfalls 70 Prozent für bis zu anderthalb Jahre. In anderen Ländern wie Norwegen, Dänemark oder Finnland haben erkrankte Arbeitnehmer ein ganzes Jahr Anspruch auf volle Bezüge. Insgesamt landet Deutschland in dieser Kategorie im vorderen Mittelfeld. Arbeitnehmer in Großbritannien, Italien oder Frankreich haben hingegen einen deutlich geringeren Anspruch – und das auch nur für maximal ein Jahr.
Längster Urlaubsanspruch für Schweden, Franzosen und Dänen – meiste Feiertage für die Spanier
Mit 25 Arbeitstagen den längsten gesetzlichen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub haben Arbeitnehmer in Schweden, Frankreich und Dänemark. In Deutschland gelten hier nur die von der EU als Minimum verordneten 20 Tage**. Auf den insgesamt längsten bezahlten Urlaubsanspruch kommen dennoch die Spanier – bei Mitberücksichtigung der 14 gesetzlichen Feiertage. In Deutschland profitieren die Arbeitnehmer – je nach Bundesland – von neun bis zwölf Feiertagen und somit zusätzlicher bezahlter Freizeit. Feiertagsschlusslicht ist die Schweiz mit mageren vier zusätzlichen freien Tagen.
„Bedingungen in Europa sehr viel großzügiger als in den USA“
„Häufig ist vom ,Wohlfahrtsstaat Deutschland‘ die Rede. Damit geht in der allgemeinen Wahrnehmung die Annahme einher, dass die gesetzlichen Regelungen der Arbeitnehmeransprüche hierzulande vergleichsweise großzügig sind. Die Ergebnisse von Glassdoor Economic Research weisen jedoch darauf hin, dass diese Ansprüche in Deutschland keineswegs überdurchschnittlich sind, zumindest im Vergleich zu Nachbarstaaten wie Dänemark oder Frankreich. In Deutschland besteht zum Beispiel kein gesetzlicher Anspruch auf Vaterschaftsurlaub und auch der Mutterschutzzeitraum ist nur unterdurchschnittlich lang. Auf der anderen Seite gleicht sich dies in Deutschland durch die sehr familienfreundliche Elternzeitregelung stärker wieder aus als in fast allen anderen Ländern“, sagt Andrew Chamberlain, Chief Economist bei Glassdoor.
„Die Regulierung von Arbeitnehmeransprüchen ist eine sehr komplexe Verantwortung für den Gesetzgeber. Es ist nie einfach, die richtige Balance bei Haushaltsfragen zu finden, die einerseits Arbeitnehmer- und andererseits Arbeitgeberinteressen betreffen. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass die Sozialpolitik in Deutschland und Europa insgesamt sehr viel großzügiger ist als in den USA, wo beinahe sämtliche Arbeitnehmeransprüche deutlich unterhalb des europäischen Niveaus liegen.“
Quelle: Glassdoor