Wellness, Kur, Erholungsreise? Oft sind die Grenzen fließend. Krankenkassen und Rentenversicherung sprechen lieber konkret von „Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen“ und schauen sehr genau hin, bevor sie entsprechende Leistungen bewilligen oder bezuschussen. „Auch in steuerlicher Hinsicht hat die große Bandbreite des Begriffs Kur ihre Tücken“, erläutert Gudrun Steinbach, Vorstand der Lohi (Lohnsteuerhilfe Bayern e. V.). „Das Finanzamt prüft streng, ob es sich bei einer Kur um eine Reise zur allgemeinen Erholung und Erhaltung der Gesundheit handelt, oder aber um eine Maßnahme, die zur Linderung oder Heilung einer Krankheit tatsächlich notwendig ist.“
Grundsätzlich gebe es zwei Szenarien, so Gudrun Steinbach. Szenario Nummer 1: Ein Leistungsträger hat die Kur bewilligt. Zusätzliche Kosten, die im Rahmen des Kuraufenthaltes entstanden sind, und die der Steuerzahler selbst tragen musste, können als außergewöhnliche Belastungen bei der Steuererklärung geltend gemacht werden, denn die Finanzbeamten gehen davon aus, dass der Leistungsträger die medizinische Indikation hinreichend überprüft hat. Szenario Nummer 2: Die Kur wurde nicht bewilligt. Dennoch besteht die Möglichkeit, dass der Fiskus die Kosten anerkennt, unter zwei Bedingungen: Zunächst muss die medizinische Notwendigkeit bereits vor Antritt der Kur durch ein Attest des Amtsarztes bestätigt werden. „Das Attest eines Haus- oder Facharztes reicht dafür nicht aus“, unterstreicht die Steuerexpertin. Außerdem müssen Anwendungen und Maßnahmen vor Ort, die nicht bezuschusst werden, von einem Kurarzt verordnet werden. „Notwendig ist es auch, dass die Anwendungen unter ärztlicher Aufsicht erfolgen“, so Gudrun Steinbach von der Lohi.
Sind beide Voraussetzungen gegeben, zeigt sich das Finanzamt in der Regel recht großzügig bei der Anerkennung von Kosten. Absetzbar sind u.a.:
- Kosten für die Unterbringung in einer Kurklinik bzw. für eine private Unterbringung
- Aufwendungen für Kur- und Heilmittel
- Arztkosten und Ausgaben für Medikamente
- Kurtaxe
- Verpflegungsmehraufwendungen (gekürzt um eine sogenannte Haushaltsersparnis von einem Fünftel) sowie
- Fahrtkosten.
Erstattungen des Leistungsträgers mindern die abzugsfähigen Kosten. Braucht der Patient eine Begleitperson, weil der Grad der Erkrankung und/oder Behinderung dies notwendig macht, können zusätzlich auch Reise- und Aufenthaltskosten für die Begleitperson als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer abgesetzt werden. Nicht anerkannt werden dagegen laut aktueller Rechtsprechung Telefonkosten und Ausgaben für Besuchsfahrten des Ehegatten oder die Teilnahme an Ausflügen. „Wichtig ist, alle Rechnungen und Belege zu sammeln, um die Kosten einwandfrei nachweisen zu können“, betont Gudrun Steinbach. Zudem prüfe das Finanzamt, ob alle Erstattungsmöglichkeiten für eine Kur ausgeschöpft wurden. Ist dies nicht der Fall, müssen bestimmte Kosten nicht zwangsläufig anerkannt werden.
Bei den Kurkosten gilt wie für andere außergewöhnliche Belastungen auch: Das Finanzamt berechnet stets eine individuelle „zumutbare Belastung“. Dieser Betrag ist sozusagen der Eigenanteil, den der Steuerzahler selbst aufbringen muss, bevor sich eine außergewöhnliche Belastung steuermindernd auswirken kann. Dabei spielen Einkünfte und Familienstand eine Rolle. Interessant: In einigen Fällen sind Kurkosten auch als Werbungskosten absetzbar, etwa dann, wenn es sich dabei um eine Rehabilitationsmaßnahme nach einem Arbeitsunfall handelt.
Quelle: Lohi – Lohnsteuerhilfe Bayern e. V.