Hirschau – Seit Mitte März, genauer gesagt seit Montag, den 16.03.2020 um 10 Uhr, arbeitet die Arbeitsgruppe Halbleiterphotonik der Universität Marburg an der Entwicklung einfacher Beatmungsgeräte, die schnell und preisgünstig hergestellt werden können. Mit ihren Forschungs- und Entwicklungsbereichen ist die Uni Marburg seit vielen Jahren Kunde von Conrad Electronic und insbesondere über das Conrad Education Team besteht ein enger Kontakt und reger Austausch.
90% der Bauteile für die Beatmungsgeräte von Conrad Electronic
Dementsprechend musste Conrad Electronic CEO Werner Conrad nicht lange überlegen, als er von dem aktuellen Projekt der Uni Marburg erfahren hat und um Unterstützung gebeten wurde: „Prof. Dr. Martin Koch und seinem Team die erforderlichen Bauteile für die Entwicklung ihres Prototypen zur Verfügung zu stellen, ist für einen Omnichannel-Händler im Bereich Technik und Elektronik wie wir es sind, eine schöne Gelegenheit, um unseren Beitrag zur Bewältigung der Krise zu leisten. Als Unternehmer haben wir eine gesellschaftliche Verantwortung und insofern sind Hilfen wie diese in der aktuellen Lage eine absolute Selbstverständlichkeit.“ Für die Entwicklung des Prototyps und den Bau der ersten Geräte wurden ca. 90% der verwendeten Bauteile von Conrad Electronic bezogen, außerdem können bei Bedarf passgenaue 3D-gedruckte Komponenten zum Einsatz kommen, die Conrad über seinen 3D-Druck-Service-Partner Protiq zur Verfügung stellen kann.
Ortsansässige Firma ebenfalls mit an Bord
Auch bei der Fertigung der Beatmungsgeräte erhält die Uni Marburg tatkräftige Unterstützung: Aktuell arbeitet man mit der im benachbarten Fronhausen ansässigen Firma Schneider zusammen. „Weit über hundert Firmen und Privatleute haben uns, ohne irgendwelche finanziellen Interessen zu verfolgen, ihre Hilfe für unser Projekt angeboten“, berichtet Prof. Dr. Martin Koch. Die Unterstützung sei überwältigend, so der Universitätsprofessor weiter, und man werde nötigenfalls sehr gerne weitere Firmen einbinden, sobald eine Zulassung der neu entwickelten Beatmungslösung als Medizinprodukt erfolgt und damit die Fertigung höherer Stückzahlen möglich sei.
CARL macht CPAP zum Beatmungsgerät
Zum Team um Prof. Dr. Martin Koch gehören mittlerweile mehr als 30 Experten, unter anderem auch Experten aus dem Schlafmedizinischen Zentrum der Universität und Techniker der Uniklinik Marburg. Sie alle stehen in engem Austausch mit Ärzten des Universitätsklinikums und arbeiten gemeinsam an der Entwicklung eines erweiterten CPAP-Geräts: „Continuous Positive Airway Pressure“, kurz CPAP, kennt man als Therapieform aus der Behandlung von schlafbezogenen Atmungsstörungen wie etwa der Schlafapnoe. Mithilfe einer Maske wird den Patienten ein kontinuierlicher Überdruck appliziert, der die Atemwege offen hält.
Der Plan des Expertenteams der Uni Marburg: Mit dem neu entwickelten Zusatzgerät CARL (CPAP Apparatus Respiratory Life support) soll jedes gängige CPAP-Gerät zu einem Beatmungsgerät erweitert werden können. „Diese Lösung ist zwar nicht für die Erstversorgung schwerer Fälle geeignet, aber sicherlich für Patienten, die sich auf dem Weg der Genesung befinden“, so der Chef der Arbeitsgruppe Halbleiterphotonik. Und weiter: „Auf diese Weise werden die professionellen Beatmungsgeräte wieder früher für einen nächsten schweren Fall frei.“
Einfache Lösung für Beatmungsgeräte, die Kosten spart
Der Vorteil der an der Uni Marburg entwickelten Beatmungslösung liegt auf der Hand: Während gängige Systeme, die höhere Beatmungsdrücke aufbauen können (wie zum Beispiel BiPAP), mehrere Tausend Euro kosten, belaufen sich die Kosten für ein einzelnes CPAP-Gerät auf vergleichsweise günstige 1.500 Euro. Dennoch ist das Team natürlich auf weitere finanzielle Unterstützung angewiesen: „Den Großteil der Spenden möchten wir für den Zukauf von CPAP-Geräten verwenden, um diese dann mit CARL zu erweitern und an Kliniken weitergeben zu können“, so Prof. Dr. Martin Koch.
Derzeit ist die Weitergabe an Kliniken allerdings noch nicht möglich: „Zum jetzigen Zeitpunkt können und dürfen wir das Gerät noch nicht in Umlauf bringen, da es sich hierbei um ein medizintechnisches Produkt handelt, das eine offizielle Zulassung benötigt“, erläutert der Professor weiter. Man arbeite jedoch unter Hochdruck an einer Zulassung und stehe diesbezüglich auch mit politischen Stellen in aktivem Austausch. Sofern eine Zulassung erreicht wird, sollen die Geräte der ersten Produktionscharge zunächst an medizinische Einrichtungen im Großraum Marburg verteilt werden. Außerdem möchte das Team seine Pläne für den Bau seiner Beatmungslösung veröffentlichen und damit kostenfrei zur Verfügung stellen.
Quelle: dellian consulting GmbH