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Abenteuer Zukunftsplanung

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Hamburg (dapd). Flavio Mota schmiedet Pläne. Der Bauingenieur möchte einen Job als Projektleiter finden, sich eine Existenz in Deutschland aufbauen, hier eine Familie gründen. „In meiner Heimat Portugal kann man keine Zukunftspläne machen“, sagt der 35-Jährige, der vor zwei Jahren von Porto nach Hamburg ausgewandert ist.

Wer in Portugal überhaupt einen Job finde, müsse immer fürchten, ihn vielleicht schon im nächsten Monat wieder zu verlieren. „Die staatliche Unterstützung reicht dann gerade so, um zu überleben. Viele wohnen mit 35 oder sogar 40 noch bei ihren Eltern – weil es einfach nicht anders geht“, sagt Mota. Besonders für junge Leute sei diese ewige Unsicherheit sehr belastend.

Für Bauingenieure stehen die Chancen auf dem portugiesischen Arbeitsmarkt besonders schlecht. „Die Finanzkrise hat diese Branche hart getroffen, da der Staat als erstes die Ausgaben für öffentliche Bauprojekte gekürzt hat“, berichtet der Portugiese. Viele seiner Kommilitonen seien daher nach dem Abschluss nach Brasilien oder Afrika ausgewandert.

„Diese Länder sind nichts für mich. Aber ich habe in Portugal immer wieder Berichte darüber gehört, dass in Deutschland besonders Ingenieure dringend gesucht werden“, sagt der 35-Jährige. Eine Freundin, die bereits vor ein paar Jahren ihr berufliches Glück in Stuttgart gefunden hatte, lud Flavio Mota ein, sie doch einmal zu besuchen und sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt umzuschauen. „Verliere keine Zeit“, mahnte sie ihn.

Diesem Credo folgten in den vergangenen Jahren immer mehr seiner Landsleute: Machten sich 2006 noch 5.640 Menschen von Portugal nach Deutschland auf, verzeichnete die Bundesrepublik nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Jahr 2011 schon 9.038 Einwanderer aus dem südeuropäischen Land.

„Für mich war es einfach ein Abenteuer“

Mota hatte Glück: Auf Anhieb ergatterte er eine Stelle bei einem Projekt in Hamburg – das Unternehmen arbeitet unter anderem mit portugiesischen Firmen zusammen und konnte die Sprachkenntnisse des Auswanderers gut gebrauchen. „Mir war eigentlich am Anfang gar nicht klar, was ich da mache, dass ich Portugal nun wirklich verlasse. Es war für mich einfach ein Abenteuer“, beschreibt Mota seine Gefühle.

Der Job lief gut, bald wurde er für ein weiteres Projekt nach Rotterdam versetzt. Doch inzwischen hatte der Portugiese in Hamburg bereits Wurzeln geschlagen, viele Freunde gefunden, sich in eine Deutsche verliebt – die nächste Versetzung nach Norwegen schlug er daher aus und kehrte ohne Job zurück in die Hansestadt. Da sein Arbeitsvertrag über ein portugiesisches Unternehmen geführt worden war, erhält er hier keine finanzielle Unterstützung.

Seit Anfang des Jahres besucht Flavio Mota in Hamburg einen Deutsch-Integrationskurs und schreibt fleißig Bewerbungen – bislang erfolglos. „Mir ist klargeworden, wie wichtig gute Deutschkenntnisse sind, um auf dem Arbeitsmarkt konkurrieren zu können“, sagt er. Das betone er auch gegenüber Freunden und Bekannten aus der Heimat, die ihn in jüngster Zeit vermehrt kontaktieren und sich über die Zukunftschancen in Deutschland informieren wollen. „Viele sehen im Fernsehen Berichte über deutsche Firmen, die Portugiesen einstellen wollen. Aber ohne Vorbereitung ist es trotzdem schwer“, sagt Mota.

Aus Fehlern lernen

Viele seiner Freunde in Portugal machten sich Sorgen um ihre Zukunft. „Allerdings habe ich den Eindruck, dass die Leute inzwischen auch wieder mehr Hoffnung schöpfen“, sagt Mota. Aus den Fehlern, die in der Vergangenheit gemacht wurden, könne sein Land lernen und so gestärkt aus der Krise hervorgehen – da ist er sich sicher.

„Ich finde, meine Landsleute sollten stolzer sein auf Portugal“, sagt Mota. Die Portugiesen sähen oft nur die negativen Seiten und verglichen sich mit erfolgreicheren Ländern wie Frankreich oder Deutschland. Dabei habe sein Land viel mehr zu bieten als gute Fußballer. „Wir sind ein sehr freundliches Volk, mit viel Sinn für die Familie. Das Klima in Portugal ist toll und die Küche einzigartig. Diese Dinge weiß man leider oft erst zu schätzen, wenn man nicht mehr da ist“, sagt der 35-Jährige nachdenklich.

Trotzdem – für ihn kommt eine Rückkehr nach Portugal nicht mehr infrage. „Ich möchte auf jeden Fall hierbleiben – ich fühle mich in Deutschland sehr wohl“, sagt der 35-Jährige. Wenn er hier wie geplant eine Familie gründe, wolle er seinen Kindern außerdem nicht zumuten, eines Tages mit ihm in ein für sie fremdes Land auszuwandern. Auch wenn seine Auswandererkarriere gerade etwas stockt, ist der Portugiese guter Dinge, bald wieder ein Engagement in Deutschland zu finden.

Seine Eltern hätten seine Entscheidung akzeptiert – auch wenn seine Mutter am Telefon immer noch oft weine um ihren Sohn und um die zukünftigen Enkel, die sie wohl nur sehr selten sehen wird. Und nicht nur auf ihren Flavio wird sie in Zukunft höchstwahrscheinlich verzichten müssen: „Eine meiner beiden Schwestern ist Biologin und findet in Portugal seit Monaten keinen Job. Jetzt wandert sie mit ihrem Mann nach Angola aus“, berichtet Mota.

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