Nürnberg – Die Mauer ist schon vor 30 Jahren gefallen, Deutschland ist wieder zusammengewachsen – oder? In einer detaillierten, regionalen Auswertung des Freelancer-Kompass 2019 zieht freelancermap Bilanz über die Unterschiede in den Arbeitswelten von west- und ostdeutschen IT-Freelancern. Es zeigt sich: Zwischen alten und neuen Bundesländern müssen noch einige Brücken geschlagen werden – vor allem beim Einkommensniveau.
Freelancer-Domäne dominiert von Männern – und Wessis!
Der typische IT-Freelancer ist Wessi – im Westen des Landes sprießen Selbstständige geradezu aus dem Boden, der Osten hingegen gleicht einer Freelancer-Wüste. Ganze 87 Prozent aller unabhängigen Arbeitskräfte sind in Westdeutschland beschäftigt, die verbleibenden 13 Prozent verteilen sich auf die neuen Bundesländer. Den Schritt in die Selbstständigkeit wagen IT- und Engineering-Experten im Osten durchschnittlich nach elf Jahren Erfahrung als Angestellte, Westdeutsche warten lieber noch zwei Jahre länger ab. Das spiegelt sich auch im Durchschnittsalter der Freelancer wider: Ein typischer selbstständiger Ossi ist 45 Jahre jung, sein westdeutsches Pendant hat im Schnitt drei Jahre mehr auf dem Buckel. Ob Osten oder Westen – Frauen sind in der Domäne der Freelancer eindeutig unterrepräsentiert, denn neun von zehn Selbstständigen sind männlich.
94 Euro vs. 84 Euro – Freelancer verdienen im Westen deutlich mehr
Die berüchtigte Gehaltsschere zwischen Ost und West macht auch vor Selbstständigen nicht Halt: Im Westen verdient man durchschnittlich 94 Euro pro Stunde, im Osten mit 84,50 Euro knapp zehn Euro weniger. Das schlägt sich auch auf den jährlichen Bruttoumsatz nieder. Während 61 Prozent der westdeutschen Freelancer mehr als 100.000 Euro im Jahr verdienen, überschreiten gerade einmal 46 Prozent der Ossis diese Umsatzgrenze. Das beeinflusst auch die Altersvorsorge der Selbstständigen. Obwohl Freelancer bundesweit durchschnittlich 15 Prozent des monatlichen Einkommens für ihre Pension zurücklegen, bedeutet das umgerechnet in Ostdeutschland 742 Euro, im Westen aber üppige 1042 Euro pro Monat.
Bei gleichbleibenden Werten würden Selbstständige im Osten hochgerechnet auf die nächsten 30 Jahre insgesamt 108.000 Euro weniger für ihren Ruhestand ansparen als westdeutsche Freelancer. Verdienstunterschiede gibt es auch innerhalb der ehemals getrennten Teile Deutschlands. Selbstständige im Westen fahren in Schleswig-Holstein am besten, hier sind durchschnittlich die höchsten Stundensätze von bis zu 99 Euro möglich. In der Rheinland-Pfalz hingegen erhalten Freelancer im Schnitt lediglich 83,50 Euro pro Stunde. Unter den neuen Bundesländern ist Sachsen-Anhalt mit einem Satz von 90 Euro am lukrativsten, Selbstständige in Thüringen hingegen dürfen sich nur über 72 Euro freuen.
Software-Affinität im Osten, Bankenhilfe im Westen
Trotz der Unterschiede zwischen Ossis und Wessis – Stubenhocker sind sie alle nicht, denn der Großteil der Freelancer sitzt mit im Büro des Auftraggebers. In Ostdeutschland arbeiten 54 Prozent der Selbständigen direkt im Unternehmen, in den alten Bundesländern tun dies sogar 63 Prozent. Westdeutsche bevorzugen Big Player: 68 Prozent der Arbeitskräfte erfüllen Aufträge für Unternehmen mit über 500 Beschäftigten. Freelancer im Osten arbeiten lieber für kleinere Firmen mit weniger als 500 Angestellten (53 Prozent). Leichte Unterschiede zeigen sich auch in der Wahl der Branche, in denen Freelancer ihr Geschäft ausüben. Während westdeutsche IT-Profis einen Hang zur Tätigkeit in der Welt der Banken und Finanzen haben, zieht es ostdeutsche Selbstständige eher in den Sektor der Informationstechnik und Software.
Quelle: Mashup Communications GmbH