Gründungsverhalten von Menschen mit Einwanderungsgeschichte
Eschborn – Menschen mit Einwanderungsgeschichte gingen in Deutschland 2020 häufiger in die Selbstständigkeit, als Menschen ohne Einwanderungsgeschichte. Denn laut des aktuellen GEM-Länderberichts Deutschland ist die Gründungsquote der migrantischen Bevölkerung mit 5,6 Prozent etwas höher als die der nicht-migrantischen (4,7 Prozent). Die GEM-Gründungsquote wird definiert als Anteil derjenigen 18- bis 64-Jährigen, die während der letzten 3,5 Jahre ein Unternehmen gegründet haben und/oder gerade dabei sind, ein Unternehmen zu gründen.
Ökonomische Gründungsmotive stehen nicht im Vordergrund
Für migrantische Gründende waren trotz der Corona-Pandemie in 2020 eher außer-ökonomische Gründungsmotive ausschlaggebend: Die Hälfte der Menschen mit Einwanderungsgeschichte, die im Untersuchungszeitraum ein Unternehmen gegründet hat, oder gerade dabei war, eines zu gründen, tat dies, um eine Familientradition fortzusetzen. Dieses Motiv ist, wie auch im Jahr 2019, sowohl für die migrantischen (50,3 Prozent) als auch die nicht-migrantischen (64,5 Prozent) Gründenden das Haupt-Gründungsmotiv, auch wenn dieser Wert im Vergleich zum Jahr 2019 gesunken ist. Das am zweithäufigsten genannte Gründungsmotiv von Menschen mit Einwanderungsgeschichte ist „die Welt zu verändern“ (ca. 50 Prozent): und das tun sie zudem häufiger als Gründende ohne Einwanderungsgeschichte (38 Prozent).
Erst dann werden die ökonomischen Gründungsmotive genannt: Dem Motiv, „den Lebensunterhalt zu verdienen, weil Arbeitsplätze rar sind“ stimmen ca. 40 Prozent der Menschen mit Einwanderungsgeschichte zu. Lediglich jede vierte migrantische Person gründete, um größeren Wohlstand und ein höheres Einkommen zu erreichen. Dieses Ziel verfolgen dagegen nicht-migrantische Personen mit knapp 58 Prozent deutlich häufiger.
Wachstumsambitionen und Prozessinnovationen sind am stärksten ausgeprägt
Nach wie vor sind auch die Wachstumsambitionen, im GEM definiert als der erwartete prozentuale und absolute Zuwachs an Angestellten, bei Menschen mit Einwanderungsgeschichte im Schnitt stärker (33 Prozent) ausgeprägt als bei Menschen ohne Einwanderungsgeschichte (22 Prozent). Zudem werden von Gründenden mit Einwanderungsgeschichte häufiger Prozessweltneuheiten umgesetzt oder geplant. Im Gegensatz zum Jahr 2019 ist sogar eine deutliche Steigerung von Prozessweltneuheiten bei den Gründenden mit Einwanderungsgeschichte zu verzeichnen (2019: 1,4 Prozent, 2020: 9,1 Prozent). Diese Erkenntnis überrascht nicht: Menschen mit Einwanderungsgeschichte sind heutzutage einerseits wesentlich besser qualifiziert als noch vor einigen Jahren, andererseits verfügen sie häufig über Vorteile aufgrund ihrer internationalen Herkunft. Dazu gehören beispielweise Kenntnisse über globale Märkte, Gründungskulturen und Geschäftspraktiken.
Die Daten des GEM zeigen, dass Gründungen durch Menschen mit Einwanderungsgeschichte einen wichtigen Beitrag zum Gründungsgeschehen in Deutschland leisten. Deswegen ist es nach Angaben des RKW Kompetenzzentrums sehr wichtig, attraktive und unbürokratische Zugänge zum Arbeitsmarkt, speziell für Menschen mit Einwanderungsgeschichte, zu schaffen.
Quelle: RKW Kompetenzzentrum