Mit einer Vielzahl von Programmen, Initiativen und Maßnahmen wird seit vielen Jahren die soziale, schulische und berufliche Integration junger Menschen, deren Bildungschancen aufgrund individueller und sozialer Benachteiligungen beeinträchtigt sind, gefördert. Dennoch erreichen diese komplexen und häufig wenig aufeinander abgestimmten Strukturen einen Teil der Jugendlichen am schwierigen Übergang von der Schule in das Erwerbsleben nicht oder nur unzureichend.
Essen – Die Bundesagentur für Arbeit hat gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Jahr 2010 das Projekt „Arbeitsbündnisse Jugend und Beruf“ auf den Weg gebracht. Ziel der Arbeitsbündnisse / Jugendberufsagenturen ist eine verbesserte Integration besonders förderungsbedürftiger bzw. benachteiligter Jugendlicher durch intensive Kooperation der zuständigen Träger (Agenturen für Arbeit, Jobcenter, Träger der Jugendhilfe). Bis Ende März 2014 wurden bundesweit 147 Jugendberufsagenturen (Arbeitsbündnisse) an insgesamt 100 Standorten von Agenturen für Arbeit gegründet. Einbezogen sind 161 Jobcenter, darunter 136 gemeinsame Einrichtungen von Agentur und Kommune sowie 25 Jobcenter in alleiniger kommunaler Trägerschaft.
Leitidee der Jugendberufsagenturen ist, in dezentraler Verantwortung zu arbeiten und zu gestalten, mit Handlungsschwerpunkten entlang regionaler, lokaler Handlungsbedarfe und Rahmenbedingungen. Die Ansatzpunkte sind vier Handlungsfelder, in denen vor Ort Kooperationsmöglichkeiten entwickelt werden:
Transparenz: Wie können Maßnahmeangebote der unterschiedlichen Rechtskreise übersichtlich dargestellt werden? Sind die Angebote transparent?
Informationsaustausch: Wie kann ein zielgerichteter und datenschutzkonformer Daten- und Informationstransfer aussehen?
Harmonisierte Abläufe und Maßnahmen: Wie können Abläufe und Maßnahmen besser vernetzt und ausgestaltet werden? Sind die Angebote anschlussfähig?
One-Stop-Government: Wie kann die Zusammenarbeit unter einem Dach oder – in Flächenbezirken – räumlich koordiniert ausgestaltet werden?
Umgesetzt werden beispielsweise gemeinsame arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, Verbesserungen der trägerübergreifenden Kommunikation und Information sowie One-stop-Government-Ansätze. Ein weiteres Kernelement besteht darin, dass zentrale Fördermittel nicht zur Verfügung gestellt, sondern die über die Träger verteilten Ressourcen durch intensive Kooperation sinnvoll miteinander verknüpft wurden. Damit verkörpern die Jugendberufsagenturen den Gedanken des Produktionsnetzwerkes.
Aus Sicht der BA stellen die Jugendberufsagenturen ein Erfolgsmodell dar, wenn den Akteuren ausreichender lokaler Gestaltungsspielraum verbleibt. Ihre Grundidee wurde nun auch im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD aufgegriffen (S. 66):
„Flächendeckend einzurichtende Jugendberufsagenturen sollen die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern II, III und VIII für unter 25-Jährige bündeln. Datenschutzrechtliche Klarstellungen sollen den notwendigen Informationsaustausch erleichtern. Junge Menschen, deren Eltern seit Jahren von Grundsicherung leben, sollen gezielt Unterstützung bekommen.“
Ausblick
Der bereits begonnene, bundesweite Aufbau von Jugendberufsagenturen wird dann erfolgreich weitergehen, wenn er von einer freiwilligen Kooperation und einer Begleitung der lokalen Veränderungsprozesse, u. a. zur Identifizierung weiterer Best-Practice-Ansätze, geprägt wird. Auch zukünftig sollte das Engagement konsequent an lokalen Handlungsbedarfen ausgerichtet werden, denn die heterogenen Ausbildungs-/Arbeitsmärkte und Hilfestrukturen erfordern gerade bei diesem Thema individuelle und passgenaue Lösungen.
Vor diesem Hintergrund ist es sehr ermutigend, dass der Koalitionsvertrag die Idee der Arbeitsbündnisse aufgegriffen hat und weiterer Rückenwind für dieses gesellschaftspolitisch wichtige Thema zu erwarten ist. Gerade ländliche Regionen sehen aktuell mit etwas Sorge, dass die guten Ansätze, die in städtischen Ballungszentren Erfolg versprechen, auf ihre Bedürfnisse übertragen werden sollen, obwohl die Rahmenbedingungen dort ganz andere sind. In der weiteren Debatte um die Ausgestaltung der Jugendbündnisse sollten daher aufmerksam auch jene Ansätze verfolgt werden, die im Windschatten der städtischen Jugendberufsagenturen entstehen. Es ist also wichtig, dass regionale und lokale Spielräume zur Ausgestaltung vorhanden bleiben, um auch den unterschiedlichen regionalen und lokalen Bedingungen Rechnung zu tragen.
Profitieren sollen von den Jugendberufsagenturen in erster Linie die Jugendlichen, insbesondere, wenn für sie die Hürden auf dem Weg in Ausbildung und Arbeit hoch liegen. Für diese jungen Menschen lohnt sich das Engagement der lokalen Akteure wie Jugendamt, Agentur für Arbeit und Jobcenter. Aber auch die Unterstützung von Schulen und freien Trägern der Jugendhilfe ist – je nach Ausgestaltung der Absprachen – für den Erfolg erforderlich und ausschlaggebend.
Wenn alle Jugendlichen eine ihren Begabungen und Fähigkeiten entsprechende Bildungs- und Ausbildungsperspektive erhalten, wird damit auch das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zukunftspotenzial der Städte, Gemeinden und Regionen gefördert, denn: „Jede/jeder wird gebraucht“ – Gemeinsam mehr erreichen!