„Rente mit 63“ – Arbeitnehmer nehmen Leistung nicht in Anspruch
Mainz – Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nehmen die abschlagsfreie „Rente mit 63“ nicht in Anspruch, obwohl sie formell alle Voraussetzungen erfüllen. Das geht aus einer Umfrage des „Bundesverbandes der Rentenberater“ hervor, die dem SWR vorliegt. Die „Rente mit 63“ ermöglicht es Versicherten, nach 45 Jahren Beitragszahlung ohne Abschläge in Rente zu gehen. Ab dem Jahrgang 1953 steigt die Altersgrenze schrittweise an.
Der Verband hatte im Dezember vergangenen Jahres bundesweit 75 Rentenberater befragt. Laut Auswertung des Verbandes haben bei insgesamt 2.300 Beratungsfällen, bei denen die Voraussetzung vorlag (45 Versicherungsjahre), knapp zehn Prozent der Mandanten auf die „Rente mit 63“ verzichtet. In dieser Gruppe wurden in 63 Prozent der Fälle als Gründe angegeben: „Rente zu gering, Differenz zwischen aktuellem Nettoeinkommen und der Netto-Rente zu groß, Rente sollte durch Weiterarbeit erhöht werden.“ In elf Prozent dieser Fälle sagten Mandanten, man wolle „aus Freude an der Arbeit“ weiter im Job bleiben.
Anke Voss, Präsidentin des „Bundesverbandes der deutschen Rentenberater“, sagte zu den Ergebnissen gegenüber dem SWR: „Die Umfrage bestätigt, dass es sich bei diesem Rentenmodell letztlich wohl um ein Geschenk an gut verdienende Facharbeiter handelt. Damit erreicht auch diese Regelung mal wieder nicht diejenigen, die es am dringendsten bräuchten – nämlich die Geringverdiener oder Menschen mit gebrochenen Erwerbsbiografien. Das halten wir für sehr bedenklich.“
Bereits bei der Einführung der „Rente mit 63“ zum 1. Juli 2014 hatte es Kritik von Experten gegeben, dass hundertausende gut verdienende Facharbeiter zu Lasten von Klein-Rentnern vorzeitig in den Ruhestand gehen könnten. Die Deutsche Rentenversicherung bestätigte heute einen Bericht der „Bild“-Zeitung, wonach die Zahl der Anträge auf „Rente mit 63“ im vergangenen Jahr um fünf Prozent gegenüber 2016 auf nunmehr 253.521 gestiegen sei.
Quelle: SWR.de/kommunikation