Der MiNa-Kolumnist Falk S. Al-Omary ist Medien-Manager und Politikberater. Er begleitet und repräsentiert Unternehmen und Marken bei der Wahrung ihrer Interessen auf dem medialen, politischen und kommunikativen Parkett. Zudem entwickelt er Marken und engagiert sich publizistisch. Auf mittelstand-nachrichten.de kommentiert er sowohl gesellschaftliche Themen als auch wirtschaftliche Aspekte von Marketing, Führung und Strategie. Seine Schwerpunkte bewegen sich an der Schnittstelle von Politik, Unternehmertum und Medien.
Was beschäftigt Sie derzeit am meisten? Was treibt Sie in Ihrem beruflichen Alltag um?
Der Verlust der deutschen Tugenden: Fleiß, Arbeitsmoral, Sorgfalt, Pflichtbewusstsein, Qualität bis zur Exzellenz. Das Gerede über eine Vier-Tage-Woche, obwohl es keinerlei Produktivitätszuwachs gibt. Die unverschämten Forderungen von Gewerkschaften nach immer mehr Lohn und weniger Arbeit, obwohl jeder Mensch sehen kann, dass wir eigentlich die Ärmel aufkrempeln müssten. Dieses Land ist satt, bräsig und schlampig. Jeder fordert, aber kaum einer will etwas dafür leisten. Und die Schlimmsten werden staatlich alimentiert. Unser Staat und unsere Sozialsysteme fördern genau das: große und laute Forderungen bei gleichzeitiger Low Performance. Unsere Gesellschaft hasst die Leistungsträger. Und ja, es gibt auch sehr viele, die wollen, die „Bock haben“, die investieren und innovieren und hart arbeiten, aber die bekommen jeden Tag ihre Grenzen aufgezeigt. Wer Erfolg hat, wird durch Steuern und Abgaben bestraft oder von der Masse runtergezogen. Das gilt insbesondere für mittelständische Unternehmer und Selbständige, aber auch für diejenigen Mitarbeiter, die sich über Gebühr engagieren – so lange, bis das Mittelmaß sie auch eingehegt hat. Deutschland ist Mittelmaßland. Das ist leider der Zeitgeist.
Wo liegen aktuell die größten Hindernisse des deutschen Mittelstandes?
Ich sehe drei große Herausforderungen: den Verlust an Qualität, die Mentalität und die politischen Rahmenbedingungen.
Deutschland war mal Qualitätsweltmeister. Made in Germany war gefragt in der Welt. Darauf haben sich einige Unternehmen ausgeruht und geglaubt, China und andere Volkswirtschaften, die stabil wachsen, würden immer deutsche Maschinen, Autos und Produkte kaufen, weil sie nie in der Lage sein würden, uns mal einzuholen. Das rächt sich nun. Die deutschen Unternehmen haben großzügig ihr Know-how preisgegeben, im Glauben, keiner könne das je so gut, wie sie selbst. Das wäre vielleicht auch gelungen, wenn diese Unternehmen weiter an ihrer Exzellenz gearbeitet hätten. Das haben aber viele nicht. Es wurde zu wenig investiert und entwickelt. Andere sind aber nicht dumm. Im Gegenteil: In den meisten aufstrebenden Märkten dieser Welt gibt es viele junge Menschen, die etwas erreichen wollen und müssen, und die hoch motiviert sind. Und es gibt ein positives Marktumfeld, weniger Sozialstaat und mehr Anreiz, an seine eigenen Grenzen zu gehen. Wir fallen zwangsläufig zurück. Aus Made in Germany ist die Made in Deutschland geworden – der Wurm ist drin. Andere belächeln oder bemitleiden uns – zurecht.
Den Wettlauf um digitale Geschäftsmodelle können wir kaum mehr gewinnen. Das haben wir zu lange verschlafen. Gewinnen können wir nur, wenn wir uns auf das besinnen, was uns einmal groß gemacht hat. Das sind die oben genannten deutschen Tugenden. In Deutschland muss wieder nach Exzellenz gestrebt werden. Es braucht den Willen, der Beste sein zu wollen – in jedem einzelnen Unternehmen. Und wer da nicht mitzieht, der darf nicht alimentiert werden. Uns kann nur radikale Leistung retten. Und ein radikales Streben nach Perfektion.
Hier ist die Politik gefragt. Ich sehe aber keine Partei, die die Kraft hat, das umzusetzen. Viel zu lange hat man Versprechen gemacht und den Menschen erzählt, in Deutschland fließe immer Milch und Honig. Das Bürgergeld ist da nur die Spitze des Eisbergs. Der ganze Sozialstaat gehört massiv zurückgestutzt.
Wo liegen aktuell die größten Chancen des deutschen Mittelstandes?
Ich treffe fast jeden Tag herausragende Unternehmer, die sich zwar über die hiesigen Rahmenbedingungen beschweren, die aber trotzdem Lösungen finden. Es gibt noch immer wahnsinnig erfolgreiche, gut geführte und innovative Unternehmen. Diese sind zumeist inhabergeführt. Sie alle haben einen Unternehmer an der Spitze, der die Entwicklung anleitet und ermöglicht. Diese Unternehmer, diese Typen, die es auch in Startups gibt, die machen neue Chancen möglich. Diese Persönlichkeiten finden Lösungen trotz schlechter Politik und allgegenwärtiger Bräsigkeit. Sie schaffen Nachhaltigkeit in jeder Beziehung. Wir müssen diese Unternehmerpersönlichkeiten machen lassen, sie sind die, die dieses Land retten können. Ihnen dürfen keine Steine in den Weg gelegt werden. Es sind einzelne, die etwas bewegen, es ist nicht das vor allem von links beschworene Kollektiv. Wir müssen mehr Unternehmertum wagen, mehr Freiheit, mehr Pioniergeist, mehr Mut. Diese Unternehmer sollten ihre Stimme erheben, in den Medien präsent sein und die Politik beeinflussen. Sie müssen den Mut haben, sich dem Zeitgeist zu widersetzen und die Meinungsführerschaft für sich beanspruchen. Deren Kraft ist es, die das Ruder rumreißen kann.
Was muss sich dringend ändern in Deutschland, in Europa, in der Welt?
In Deutschland muss sich die Erkenntnis durchsetzen, wo das Land wirklich im internationalen Vergleich steht, und dass es jetzt nichts mehr zu verteilen gibt. Leistung zählt, nichts anderes.
In Europa sollte sich die Erkenntnis durchsetzen, dass nicht alle auf der Welt nach unseren Regeln spielen wollen. Ein Green Deal, ein Lieferkettengesetz oder ein AI-Act – das sind nur Beispiele – sind zwar gut gemeint, aber all das schadet nur uns selbst. Erst die eigenen wirtschaftlichen Interessen wahren, dann die Welt retten sollte die Devise sein.
Und in der Welt wird sich demnächst zeigen, welche Systeme und Modelle sich durchsetzen. Dass das Hohe Lied der freien westlichen Welt sich durchsetzt, halte ich nicht für ausgemacht. Jede Region und Nation sollte deswegen mehr in die eigene Identitäts- und Sinnsuche investieren – ohne andere herabzusetzen oder zu verurteilen. Es braucht mehr Debatten über Werte sowie nationale Eigenheiten und Interessen. Dabei muss man sich gegenseitigen „Leben lassen“, im wahrsten Sinne des Wortes. Jede Nation hat das Recht auf ihre eigene Entwicklung nach den eigenen Regeln.
Manches darf auch gerne bleiben, wie es ist. Das zumindest lehrt die Erfahrung. Was sollte sich aus Ihrer Sicht keinesfalls ändern?
Es sollte immer etwas geben, was den Premiumansprüchen einer gewissen Zielgruppe entspricht. Luxus, Hochwertiges, Exklusives, etwas, was seinen Preis hat und seinen Wert behält und eben nicht jedermann zugänglich ist – das sollte es immer geben. Nur, wenn es das gibt, gibt es auch einen Markt und ein Streben nach Höherem.
Was bereitet Ihnen persönlich aktuell die größten Sorgenfalten?
Ehrlich gesagt, vor allem eine gewisse Bosheit, die sich in allen Teilen der Gesellschaft breit gemacht hat. Jeder denkt nur an sich. Rechnungen werden immer schleppender bezahlt, was dazu führt, dass auch andere ihre Rechnungen nur später zahlen können. Eine „Ist doch egal“-Haltung, die ganze Systeme lahmlegt. Es mangelt an Verantwortung für das große Ganze, jeder sieht nur seins: seine Finanzen, seine aktuelle Aufgabe, sein kleines Umfeld. Das macht am Ende alle ärmer und zerstört Vertrauen. Und Vertrauen ist ein wesentliches Kapital. Erfolg und Wachstum sind das Ergebnis von Vertrauen. Und ich sehe viele Unternehmen und Dienstleister, die massiv an Reputation einbüßen durch das genannte Verhalten und die damit Vertrauen verspielen. Das ist schade. Das bereitet mir Sorgenfalten. Ein Wort muss wieder gelten. Aufgaben und Pflichten müssen erfüllt werden – bis zuletzt, koste es was es wolle. Diese allgegenwärtige Nonchalance muss aufhören. Sonst werden zu viele, auch starke Unternehmen, mitgerissen im Strudel der Mittelmäßigkeit.
Was hat Sie bewogen, Unternehmer zu werden beziehungsweise sich selbständig zu machen? Und was von Ihren damaligen Motiven treibt Sie noch heute an?
Mein erstes Unternehmen habe ich mit 18 Jahren gegründet. Mich hat es immer gereizt, keinen Chef zu haben und zu arbeiten, wann ich möchte. Ich stehe morgens nicht gerne früh auf und arbeite lieber abends länger oder am Wochenende. Das macht einen etwas inkompatibel für ein Angestelltenverhältnis. Heute sage ich, man kann nur frei sein, wenn man sein eigener Herr ist.
Was würden Sie heute anders machen als damals? Und: Wie würden Sie die Entscheidung heute treffen, wenn man Sie nochmals fragen würde, ob Sie sich selbständig machen wollen würden?
Ich hätte niemals versucht zu wachsen oder zu skalieren. Was ich mache, ist nicht skalierbar und ich bin auch kein Typ, der gerne im Team arbeitet. Ich habe mehrmals versucht zu wachsen, das hat mich fast ruiniert. Ich arbeite allein – das hätte ich von Anfang an machen sollen. Keine Mitarbeiter, keine GmbHs mit Partnern, kein Fremdkapital – all das würde ich heute nicht mehr machen. Ich hätte mich von Anfang an allein auf mich und meine Kompetenzen verlassen sollen. Aber das ist halt Lehrgeld. Die Selbständigkeit würde ich immer einem Angestelltendasein vorziehen.
Was treibt Sie an, sich jeden Tag Ihren Aufgaben und Herausforderungen zu stellen?
Die Gewissheit, dass das, was ich mache, einen Sinn hat, und dass es so „gut“ ist, dass es sich sehen lassen kann, beziehungsweise jedem Vergleich in Bezug auf Qualität standhält. Ich arbeite auf Qualität, nicht auf Quantität. Ich habe ein Perfektionismus-Profil. Dem folge ich jeden Tag.
Was tragen Sie und Ihr Unternehmen zur Gesellschaft bei? Welche Rolle spielen Nachhaltigkeit und Gemeinwohl in Ihrer Tätigkeit?
Mir ist wichtig, dass meine Arbeit langfristig die Reputation von Unternehmen steigert und sie so zu einem höherem Unternehmenswert führt. Es geht mir nicht um kurzfristige Reichweite oder schnelle Klicks, sondern um eine nachhaltige Kommunikation, die wirklich die Werte eines Unternehmens, einer Person oder eines Produktes unterstreicht. Das ist eine Frage der Qualität – eben kein „schnell, schnell“ und „je lauter, desto besser“. Weniger ist mehr. Reduktion. Konzentration auf das, was wirklich zählt und nachhallt. Das ist meine Art der Nachhaltigkeit. Ansonsten achte ich darauf, nur Produkte zu kaufen, die langlebig und hochwertig sind. Die Wegwerfmentalität ist mir zuwider.
Autorenprofil:
Falk S. Al-Omary vertritt wahlweise als Interim Manager, als externe Stabstelle oder als Spindoctor die Interessen anspruchsvoller Auftraggeber und Premium-Anbieter verschiedener Branchen gegenüber Medien, Verlagen und Journalisten sowie Politik, Meinungsbildnern und Verwaltungen. Er agiert vielschichtig, facettenreich und detailorientiert in der Unternehmenskommunikation, durchsetzungsstark bei der Platzierung unternehmensrelevanter Ziele, Meinungen und Themen, nachhaltig im Markenaufbau und in der Markenführung, strategisch im Reputationsmanagement und maximal wirtschaftlich und effektiv beim Einkauf externer Agentur-, Media- und Marketingleistungen. Zu seinem Portfolio gehören klassische PR, Krisen-PR, Public Affairs, Kampagne-Management, Issue Management, Agenda Setting, CEO-Kommunikation sowie die strategische Markenentwicklung, operative Markenführung und ergebnisorientierte Markenrepräsentanz. Als Profi rund um die Themen Politik, PR, Medien, Marken und Marketing übernimmt Falk S. Al-Omary in Unternehmen wahlweise die Funktion des Pressesprechers, des Head of Communications, des Head of Political Relations, des Leiters einer Unternehmensrepräsentanz, des CCO oder des CMO.