Krise durch Corona? Diese Learnings sollten deutsche Mittelständler ins Jahr 2021 nehmen
Die andauernde Corona-Krise belastet Unternehmen in allen Branchen – auch jene, die nicht in der Gastronomie oder Veranstaltungsbranche arbeiten. Die Welt befindet sich in einem Zustand, den sie zuvor nie gesehen hat, auf den es kaum eine Vorbereitungsmöglichkeit gab und an den es sich nur schwer anpassen lässt. Zu der Angst vor der Krankheit selbst kommen Existenzängste bei Arbeitnehmern, aber auch bei Arbeitgebern, die immerhin die Verantwortung für die ihnen unterstellten Mitarbeiter übernehmen müssen.
Aus der Corona-Krise entsteht sehr schnell eine Krise durch Corona. Miete, Gehälter und Löhne wollen auch im Lockdown weiterhin bezahlt werden. Und selbst nach dem Lockdown brechen die Aufträge ein, weil die Kunden vorsichtiger werden, selbst weniger Aufträge erhalten oder dem Lockdown zum Opfer gefallen sind. Auf milliardenschwere Hilfen können vor allem milliardenschwere Unternehmen wie Lufthansa oder TUI hoffen. Die DEHOGA berichtet außerdem, dass die Betriebe die anfallenden Kosten zunächst vorstrecken müssen, bevor sie einen Teil durch staatliche Hilfen ersetzt bekommen. Aus dieser finanziellen Notlage hilft auch kein Aussetzen der Insolvenzantragspflicht.
Wie kann also eine Krise durch Corona abgewendet werden? Wie können wir uns im Jahr 2021 besser aufstellen, welche Lehren ziehen wir aus dem Jahr 2020? Unser Ansprechpartner zu diesem Thema ist Fuat Akar, Unternehmensberater und Coach der Prozessreich GmbH. Er und seine Frau Marta gründeten 2019 des Mentorig-Programm „Finanzielle Fitness“ für Selbständige und Unternehmer:
Wo haben sich Ihrer Meinung nach die größten Probleme beim deutschen Mittelstand im Jahr 2020 aufgetan?
Da gibt es mehrere Ansatzpunkte. Viele Unternehmen sind zum Beispiel mehr mit dem „wie desinfiziere ich richtig und halte ich die Abstände ein“ als mit „Welche Strategie wird mir auch in der Krise Umsatz sichern“ beschäftigt gewesen. Aber auch die Nachlässigkeit in der Digitalisierung (Homeoffice & Fernzugriffe) hat nun ihre Folgen gezeigt. Und selbst jetzt waren viele Unternehmen aus Angst und übertriebenem und bürokratischen Sicherheitsbedürfnis viel zu langsam bei der Umsetzung schlanker Konzepte. Sogar manche Schulen haben das Homeschooling noch nicht erfolgreich ausgerollt.
Welche Lehren sollten Mittelständler daraus ziehen?
Sie müssen schneller werden und Mut zur Lücke zeigen! So haben wir gegen Wettbewerber wie Amerika und China keine Chance zu überleben. Das Denken und Handeln und die Prioritäten müssen sich ändern, um Konzepte mit Zukunft zu schaffen.
Wie sollten sich Mittelständler für das neue Jahr strategisch aufstellen?
Sie sollten ihren Fokus auf den Kunden legen! Kundenfeedback wird viel zu sehr vernachlässigt. Daraus können sich neue Produkte, Dienstleistungen und sogar neue Märkte erschließen. So kann die Nachfrage das Angebot bestimmen – umgekehrt funktioniert es schlecht.
Sie beraten selbst Kunden aus dem Mittelstand: was vermitteln Sie Ihren Kunden?
Seid nicht päpstlicher als der Papst und lasst auch mal die Kirche im Dorf!
Viele mittelständische Unternehmen verfallen in eine Schockstarre. Aus Unwissenheit oder Angst. Sie müssen sich ihre Flexibilität bewahren, dürfen aber auch nicht überreagieren. Viele Verordnungen haben Grauzonen, in denen man sich immer noch bewegen kann. Immerhin geht es um die Existenz! Lasst uns überlegen, was alles möglich ist, um jetzt noch durchzustarten?
Ein Kunde, den wir aktuell begleiten ist Goldschmied und hat ein Juweliergeschäft. Seiner Meinung nach musste er im jetzigen Lockdown schließen. Wir haben ihn animiert Vollgas zu geben und sofort seine Ausstellung an Schmuckstücken trotz fehlendem Onlineshop auf seiner bestehenden Instagram- und Facebook-Seite zu präsentieren. Er postet täglich Bilder und Live-Videos um so nah wie möglich am Kunden zu sein. Er präsentiert Schmuckstücke inkl. Preisschild, um Rückfragen zu vermeiden und bietet nun auch einen Lieferservice an, um exklusive Weihnachtsgeschenke zu realisieren. Wir finden immer Lösungen, wo andere sich begrenzen. Unser Motto ist: geht nicht, gibt’s nicht!
Das Jahr 2020 hat wahrscheinlich alle Menschen nah und fern, direkt und indirekt schwer mitgenommen. Doch auch wenn sich für 2021 weitere Hürden ankündigen, gibt es dennoch Perspektiven. Wie im Interview mit Fuat Akar klar und deutlich zu sehen ist, muss der deutsche Mittelstand umdenken und neue Strategien entwickeln. Aus einer Krise durch Corona kann dann jedoch eine Evolution durch Corona werden, mit der auch die Herausforderungen der Zukunft bewältigt werden.