Berlin – Auf der Mobility Electronics Suppliers Expo 2019 (MES) wurden vom 05.11. bis zum 07.11. viele neue Technologien vorgestellt. Experten aus aller Welt brachten sich ein und stellten die Möglichkeiten der Zukunft vor, zum Beispiel zur Digitalisierung im Straßenverkehr.
Digitalisierung im Straßenverkehr
Deutschland verfügt über alle technologischen Möglichkeiten, um den Verkehr smart zu machen. Dafür müsste man aber auch den Datenschatz heben.
An das Fahrrad würde man vielleicht als letztes denken, wenn es um die Digitalisierung des Verkehrs geht. In Wahrheit werden Bits and Bytes auch für Radfahrer immer wichtiger. Dabei gehe es nicht nur um Apps zur Routenplanung oder um Diebstahlschutz-Chips, die schon heute häufig verbaut werden, sagte Anke Schäffner, Leiterin Politik & Interessenvertretung beim Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) auf dem Dialog Forum. Wenn Fahrräder in naher Zukunft mit anderen Verkehrsteilnehmern kommunizieren könnten, ließen sich Unfälle vermeiden, zum Beispiel weil vorm Öffnen der Autotür ein Signal erfolgt, wenn ein Radfahrer sich nähert.
„Connected Mobility und Klimaschutz – Warum die Digitalisierung den Verkehr besser macht“, so hieß die Abschlussveranstaltung des Dialog Forums am dritten Messetag. „Aber was heißt besser?“, fragte Dr. Heike von Hoorn, Geschäftsführerin des Deutschen Verkehrsforums, das die Podiumsdiskussion organisierte. Mehr Kundennutzen, mehr Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit seien die Ziele – ohne einen Rebound-Effekt zu produzieren: nicht dass der Verkehr durch die Digitalisierung so attraktiv werde, dass er noch stärker wachse als bisher.
Logistik-Management bis zum letzten Meter
Klar ist: Der Straßenverkehr wird immer effizienter, wie etwa Martin Anke von RIO Logistics Flow berichtete, einer Tochter der Traton Group, die eine Logistikplattform für Transportunternehmen bereitstellt. Die Logistikbranche könne dank der Digitalisierung Sparmaßnahmen vornehmen wie Ladungsverdichtung, Straffung von Prozessen oder auch das Management des letzten Transportmeters und nicht mehr nur der letzten Transportmeile. Auch die Analyse des Fahrerverhaltens und entsprechende Schulungen hätten dazu beigetragen, dass ein 40-Tonnen-Zug inzwischen nur noch rund 20 Liter Kraftstoff verbrauche und nicht mehr 30 oder 40 Liter.
Intelligente Systeme wie smarte Kamera-Sensorik in den Fahrzeugen könnten zudem die Straßenverkehrssicherheit beträchtlich erhöhen, erläuterte Moritz Hegmann, Business Development Manager bei Mobileye Germany. Das betreffe die Abstandsmessung zwischen den Fahrzeugen. Denkbar sei aber auch, dass die Kameras die Qualität von Straßenbelägen oder Fahrbahnmarkierungen erfassen – wichtige Informationen für Stadtplaner. In Zukunft könnten smarte Lösungen auch miteinander kommunizieren und dem Fahrer melden, wenn es zwei oder drei Kilometer vor ihm einen Stau gebe oder einen Unfall. Dazu müsse sich die Gesellschaft allerdings auch darauf einlassen, dass mehr Daten erfasst würden.
Der technologische Standard in den Unternehmen in Deutschland sei großartig, sagte Michael Leyendecker von der VITRONIC Dr-Ing Stein Bildverarbeitungssysteme GmbH, unter anderem Anbieter von Mautsystemen. „Wir haben eine Riesenbasis in der Technologie, wir tun uns nur schwer, das zu nutzen.“ Langfristig könne das für deutsche Firmen aber auch zum Vorteil werden, meinte Sven Lerche, Business Development Manager New Mobility von Würth Elektronik eiSos. Wenn andere Länder, die derzeit noch äußerst freizügig mit Daten umgingen, sensibler würden, „dann haben wir schon die Technologien dazu entwickelt“.
Ladestation für die Handtasche und KI-basierte Software für Autonomes Fahren: Startups auf der MES Expo 2019
Wie lässt sich Elektromobilität alltagstauglich machen, wie autonomes Fahren in komplexen Verkehrssituationen umsetzen? Startups finden für solche Probleme oft die cleversten Lösungen. Drei Beispiele von der MES Expo.
EV Expert aus Tschechien – die tragbare E-Ladestation und die smarte Ladebox für den Betrieb
Seit drei Jahren verkauft das tschechische Startup EV Expert sein Produkt „Eveline Max“ – die kleinste tragbare Ladestation für E-Autos, die es am Markt gibt. Die AC-Station ist wasserfest, extrem robust und hat eine Ladeleistung von 22 Kilowatt. Verpackt in einer kleinen Tragetasche lässt sich die Station überall mit hinnehmen und dank verschiedenen Adaptern sogar an einer normalen Steckdose laden.
Die Technologie aus den Ladekabeln übertrug EV Expert auf Ladeboxen für Privathäuser und Gewerbeunternehmen. Mit dem extrem kompakten „Evecube“ können mehrere Fahrzeuge gleichzeitig geladen werden. Über ein smartes Modul lassen sich die Lademöglichkeiten steuern – und sogar verkaufen, z.B. an Fahrer, die spontan eine Lademöglichkeit suchen und sich per Smartphone einloggen und bezahlen können. In Tschechien, Österreich, Ungarn und der Slowakei ist das Gerät bereits am Markt. Für Deutschland sucht EV Expert noch Partnerunternehmen, die die Installation, die Wartung und den Kundenservice übernehmen können, wie Geschäftsführer Daniel Václavek sagt.
Ekkono Solutions aus Schweden – eine Software bringt dem Internet der Dinge das Lernen bei
Hält die Batterie im E-Bus noch durch oder muss das Fahrzeug dringend zur Ladestation? Arbeitet der Wärmetauscher noch effizient oder hat er seine Lebensdauer erreicht? Das schwedische Startup Ekkono Solutions hat eine Software entwickelt, die smarten Geräten das Lernen beibringt. Sie wird auf den Chips installiert, um Normzustände und Abweichungen zu ermitteln, die Umgebungsbedingungen auszuwerten und Szenarien zu simulieren. In Schweden ist das Unternehmen seit zwei Jahren am Markt, in Deutschland seit diesem Herbst.
Automotive Artificial Intelligence aus Berlin – schnellere Testdurchgänge fürs autonome Fahren
Das Berliner Startup Automotive Artificial Intelligence (AAI) GmbH hat eine auf KI basierende Simulationsumgebung entwickelt, in der sich Software für autonomes Fahren testen lässt. Ziel ist es, unter realistischen Bedingungen sämtliche mögliche Verkehrssituationen zu simulieren, die Software entsprechend darauf abzustimmen und gleichzeitig Entwicklungszeiten zu verkürzen. Heute könne ein virtuelles Fahrzeug in wenigen Stunden genauso viele Testmeilen absolvieren wie ein echtes Fahrzeug in einem Monat. Dieses Tempo wolle AAI weiter verbessern.
5G als Basis für die Digitalisierung des Mobilitätssektors
Ob autonomes Fahren, IoT-Anwendungen in der Logistikbranche oder smarte Verkehrssteuerung in der Stadt – dabei werden riesige Datenmengen in Echtzeit ausgetauscht. Dafür braucht es die nötige Infrastruktur: 5G sei das erste Netz, das sich am Bedarf der Unternehmen, und nicht – wie die frühere digitale Infrastruktur – am Bedarf der Konsumenten orientiere, so Jochen Apel von Nokia Global Enterprise auf der MES Expo. Automatisierung und Digitalisierung brauche ein zuverlässiges, sicheres und leistungsstarkes Netz. Was das für die Mobilitätsbranche bedeutet, erläutert Jochen Apel im Videointerview.
Innovation des Tages: automatisches Laden mit dem microSNAP
Der microSNAP vom Schweizer Unternehmen Rinspeed ist ein autonom fahrendes Fahrzeug in der Größe eines Kleinwagens, das beispielsweise im Lieferdienst eingesetzt werden kann. An der Entwicklung des microSNAP waren zahlreiche Partner und Zulieferer beteiligt, darunter die HARTING Technologiegruppe. Auf der MES Expo präsentiert das Unternehmen, wie automatisches Laden mit dem Ladeassistent der KUKA Deutschland GmbH funktioniert.
Quelle: Messe Berlin GmbH