I. Warum der Eingriff in Widerrufsrechte bei Immobiliendarlehen ein Fehler ist
II. Was Bankkunden beim Kreditwiderruf jetzt beachten sollten
Der Bundestag wird heute das Ende für den so genannten Widerrufsjoker bei Immobiliendarlehen von Verbrauchern einläuten. Zumindest steht diese Gesetzesänderung heute im Bundestag auf der Tagesordnung und zwar als Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Die Einwände von Rechtsexperten und Verbraucherschützern gegen eine Änderung des Widerrufsrechts wurden In der Gesetzesberatung bislang ignoriert. „Diese Gesetzesänderung stellt Verbraucherschutz auf den Kopf. Statt Kunden vor Banken zu schützen, wie es der Gesetzgeber tun sollte, werden die Banken vor längst bestehenden Rechten ihrer Kunden geschützt“, kritisiert Rechtsanwalt Mathias Corzelius von der Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte in Siegburg die Gesetzesänderung.
I. Warum die Gesetzesänderung beim Widerrufsrecht falsch ist
Die Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte hält die Änderung des Widerrufrechts bei Immobiliendarlehen (sofern der Bundestag diese heute beschließt) in mehrfacher Hinsicht für fragwürdig. Unsere Argumente im Einzelnen:
- Eingriff in bestehende Rechte: Der Gesetzgeber greift in längst bestehende Widerrufsrechte von Bankkunden ein. Das neue Gesetz beschränkt sich also nicht darauf, die Rechtslage nur für solche Immobiliendarlehen zu ändern, die erst nach Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen werden.
- Die angebliche Rechtsunsicherheit ist Schutzmäntelchen für Klientelismus zu Gunsten von Banken: Bundesregierung und Gesetzgeber rechtfertigen den Eingriff in bestehende Verbraucherrechte mit einer angeblichen Lücke in der Rechtssicherheit. Das ist falsch! Es gab beim Widerrufsrecht schon bisher keine Rechtsunsicherheit. Die bisherige Gesetzeslage ist eindeutig: Ohne korrekte Widerrufsbelehrung kein Fristablauf. Also können falsch belehrte Bankkunden ihre Verbraucherkredite auch Jahre später noch widerrufen.
- Banken profitieren, Bürger verlieren: Die einzigen Profiteure der Gesetzesänderung sind die Banken. Also genau jene Unternehmen also, die jahrelang fast schon regelmäßig gegen ihre Pflicht verstoßen haben, Kunden beim Abschluss von Immobiliendarlehen und anderen Verbraucherkrediten rechtswirksam über das Widerrufsrecht zu belehren. Allein diese Fehler der Banken sind es, was die Verbraucher bei Kreditverträgen auch Jahre nach Vertragsabschluss noch zu einem Widerruf berechtigt.
- Gesetzesänderung ist überflüssig: Der Eingriff in das Widerrufsrecht der Bankkunden ist überflüssig. Denn jede Bank könnte die eigenen Fehler bei Widerrufsbelehrung nachträglich korrigieren. Hierfür bräuchte sie ihren Kreditkunden lediglich eine neue und dann korrekte Widerrufsbelehrung zu schicken, schon würde die obligatorische Frist von 14 Tagen für den Vertragswiderruf zu laufen beginnen. Doch auf die Nachbelehrung hat die Branche in aller Regel verzichtet und stattdessen ihre Lobbyisten losgeschickt, um den Gesetzgeber zu manipulieren. Leider mit Erfolg!
- Gesetzesänderung verstößt vermutlich gegen europäisches Recht: Die Beschneidung der „ewigen“ Widerrufsrechte von Bankkunden steht rechtlich auf wackligen Füßen. Sie ist möglicherweise europarechtswidrig. Das legt die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum alten Widerspruchsrecht bei Lebensversicherungen nahe. Auch dort hatte der deutsche Gesetzgeber eine zeitliche Begrenzung des „ewigen“ Widerspruchsrecht nach Falschbelehrungen in seine Gesetze eingebaut. Doch genau das hat der EuGH 2013 als europarechtswidrig gebrandmarkt und der Bundesgerichtshof (BGH) hat dieses Urteil seitdem konsequent umgesetzt.
II. Was Bankkunden mit alten Kreditverträgen jetzt tun können:
Die Gesetzesänderung soll im März in Kraft treten. Drei Monate später wird das „ewige“ Widerrufsrecht von Verbrauchern mit alten Immobiliendarlehen erlöschen. Konkret heißt das: Vom 21. Juni 2016 an ist Schluss! Ab dann muss sich keine Bank mehr bei Immobiliendarlehen um ihre Belehrungsfehler der Vergangenheit kümmern.
Bis dahin können Bankkunden ihr „ewiges“ Widerrufsrecht allerdings noch nutzen. Das gilt sowohl für Kunden, die umschulden wollen, als auch für solche, die ihren alten Kredit schon gekündigt und der Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt haben. Letztere können sich mit einem nachträglichen Widerruf die Vorfälligkeitsentschädigung zurückholen.
Wer umschulden möchte, sollte sich seine Schritte genau überlegen. „Die optimale Strategie setzt zunächst auf den Verhandlungsweg. Erst wenn sich die Bank querstellt und sich der einvernehmlichen Lösung verweigert, sollte der Kunde sein Widerrufsrecht durchsetzen, nötigenfalls vor Gericht. Bevor er das macht, sollte er sich unbedingt um einen Anschlusskredit kümmern“, rät Mathias Corzelius.
Bankkunden müssen beim Kreditwiderruf mit dem Widerwillen der Banken rechnen
Eines sollte allen Bankkunden klar sein: Mit Banken ist nicht gut Kirschen essen. Das gilt auch beim Kreditwiderruf. Anders gesagt: „Das Kalkül vieler Banker ist einfach gestrickt: Ein Kunde, der sich rechtlich nicht auskennt, gilt als schwach. Also lässt die Bank ihn auflaufen. Wenn nötig, werden die Kunden belogen, um sie zu verunsichern. Die Banker behaupten einfach, dass das Widerrufsrecht im konkreten Fall gar nicht bestehen würde, obwohl sie wissen, dass ihre Behauptung nicht stimmt“, so Corzelius. Der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Siegburg hat in den vergangenen Jahren für Mandanten der Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte zahlreiche Kreditwiderrufe mit Banken verhandelt und durchgesetzt.
Die Erfolgsaussichten eines Kreditwiderrufs sind bei alten Krediten grundsätzlich gut. Am besten sind sie bei Darlehen, die zwischen dem 01.11.2002 und Mitte 2008 abgeschlossen wurden. 90 Prozent dieser Darlehen lassen sich widerrufen. Bei Verbraucherkrediten ab Mitte 2008 bis Juni 2010 sind es immerhin noch 75 Prozent. Aber auch bei einem späteren Vertragsabschluss lohnt sich die Prüfung durch einen Anwalt. Die Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte bietet Bankkunden kostenlos die Prüfung der Erfolgsaussichten beim Kreditwiderruf an. Informationen über Widerrufsrechte von Bankkunden finden Verbraucher im Internet u.a. auf der Website www.widerrufsbelehrungen.de
Quelle: Die Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte