Politik

Pille danach: Endloser Streit um Rezeptpflicht

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Viele Menschen kennen es: Das Kondom ist gerissen und die Einnahme der Pille wurde vergessen. Doch was tun, wenn Nachwuchs nicht geplant ist? In diesem Fall hilft die Pille danach, die in den meisten Ländern in Europa seit vielen Jahren bereits rezeptfrei erhältlich ist, beispielsweise in Spanien, Frankreich, Österreich, Belgien, der Schweiz etc. Die Betroffenen in diesen Ländern gehen in diesem Fall in die nächste Apotheke und lassen sich die Pille danach geben und sie können ihre Angst, ungewollt schwanger zu werden, ablegen.

 Image Point Fr ⎜ shutterstock.com
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In Deutschland jedoch ist dies nicht möglich, denn hier ist dieser Weg mühsamer, länger und für zahlreiche Frauen auch entwürdigend. Die betroffenen Frauen benötigen in Deutschland ein Rezept und müssen im Vorfeld unangenehme Fragen beantworten. In manchen Orten ist sogar eine vaginale Ultraschalluntersuchung die Voraussetzung für den Erhalt des Rezepts.

Warum gilt die Rezeptpflicht für die Pille danach?

Der Grund, dass die Pille danach nicht, wie in anderen Ländern, einfach in der Apotheke erhältlich ist, liegt nicht daran, dass die Frauen geschützt werden sollen, sondern dass die Pille danach als ein Verhütungsmittel für den Notfall gilt, beispielsweise wenn das Kondom gerissen ist, aber ebenso, wenn eine Frau vielleicht vergewaltigt wurde, so die Sachverständige Cornelia Edhard von HealthExpress.

Da das Medikament in Deutschland bisher verschreibungspflichtig ist, wird daran insbesondere kritisiert, dass vor allem an Feiertagen, Wochenenden und nachts der Zugang der Frauen zum Mittel verhindert wird. Dabei handelt es sich um Zeiten, in denen sich kritische Situationen hinsichtlich Verhütung besonders häufen.

Seit vielen Jahren gibt es rege Diskussionen, dass die Pille danach aus der Rezeptpflicht entlassen wird. Bisher allerdings hat dies zu keiner Veränderung geführt und das, trotz der positiven und begründeten Praxis in 28 Ländern, da die Pille als wirksam, sicher und nebenwirkungsarm gilt.

Im Jahr 2010 kam auch die Weltgesundheitsorganisation zu dem Schluss, dass die Pille danach eingenommen werden kann, ohne dass hierfür eine ärztliche Beratung erforderlich ist. Dies gelte ebenso für Heranwachsende.

Beispiel aus der Praxis:

Der Fall einer jungen Kölner Frau sorgte für Aufregung: Sie hatte nach einer Vergewaltigung in zwei katholischen Kliniken darum gebeten, die Pille danach zu bekommen. Diese Bitte blieb erfolglos, da sich die Ärzte auf die religiösen Grundsätze des Krankenhauses beriefen. Zwar ist die Kirche von dieser harten Linie etwas abgewichen, allerdings plädiert sie weiterhin dafür, dass das Präparat lediglich im Falle einer Vergewaltigung ausgehändigt wird.

 Andrzej Wilusz ⎜ shutterstock.com
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Dieses Streitthema wird rege diskutiert. Es heißt, dass den Frauen natürlich nicht die Eigenverantwortung abgesprochen werden soll, man dennoch überdenken sollte, ob die Pille danach medizinrechtlich auf die gleiche Ebene wie Schmerztabletten gestellt werden sollte.

Die Politik hinsichtlich des Hormonpräparats in Deutschland

Der Eingriff in den Hormonhaushalt der Frau sowie die Nebenwirkungen, die damit verbunden sind, beispielsweise Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, sind keine Bagatellen. Auch möglich sind ein veränderter Zyklus, Menstruationsstörungen und Thrombosen. Patientinnen müssen sich dessen bewusst sein.

Die Frage, die gestellt wird, ist, ob ein Apotheker die erforderliche Beratung bieten könne. FDP und Union sind der Meinung, dass dafür ein Arzt notwendig ist. Die Opposition hingegen sieht dies anders und wirft der Regierung lediglich berufsständische Argumente vor. Die Pille danach ist häufig sogar nicht einmal nötig. Wenn die fruchtbaren Tage vorbei sind, kann die Frau nicht schwanger werden.

Beim ärztlichen Beratungsgespräch könne das errechnet werden, heißt es. Verfechter der Rezeptpflicht befürchten den Anstieg des Konsums bei einer freien Abgabe des Präparats. Nachdem das Land Österreich im Jahr 2009 die Rezeptpflicht aussetzte, folgte tatsächlich ein Anstieg der verkauften Medikamente.

Allerdings ist unklar, ob wirklich mehr Frauen zum Hormonpräparat griffen oder der Anstieg lediglich die Folge eines „Pillen-Tourismus“ war, der aus Deutschland kommt. Viele Menschen sind zudem der Meinung, dass der vermehrte Gebrauch auch wünschenswert sein könnte, da er dazu beitragen kann, die Rate der Abtreibung zu senken. Der Gang zum Arzt ist vor allem für Teenager oder junge Frauen oftmals ziemlich peinlich. Die rezeptfreie Abgabe der Pille danach könnte vieles leichter machen und somit so manchen Schwangerschaftsabbruch verhindern.

Es stellt sich nach wie vor die Frage, ob es nicht besser wäre, dass das Hindernis der Rezeptpflicht abgeschafft wird, damit ein schneller Zugang ermöglicht und die Beratung des Apothekers gewährleistet wird? Die Fragen bleiben, ob die Rezeptfreiheit zum inflationären Gebrauch führt oder die Frauen dazu bereit wären, verantwortungsvoll mit dieser Notlösung umzugehen.

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