SoVD NRW kritisiert unklare Regelungen zur Barrierefreiheit
Gemäß der Definition von Barrierefreiheit in der Landesbauordnung sind Wohnungen dann barrierefrei, soweit sie für alle Menschen, insbesondere für Menschen mit Behinderungen, in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Vor diesem Hintergrund kritisiert der SoVD NRW die Änderung in § 49 Absatz 1 des Landesbauordnung in aller Schärfe. Mit der erneuten Änderung, die morgen wohl im Landtag verabschiedet wird, sei die verbindliche Definition von Barrierefreiheit in der Baupraxis, trotz des breiten und anhaltenden Protestes vieler Verbände und Organisationen inklusive der Architektenkammer NRW und der Landesbehindertenbeauftragten der Landesregierung, weiter ausgehöhlt. So müssen Wohnungen in Gebäuden der Gebäudeklasse 3 bis 5 zukünftig nur noch „im erforderlichen Umfang“ barrierefrei sein.
„Mit der Einführung des unbestimmten Rechtsbegriffs „erforderlicher Umfang“ wird die eigentliche Aufgabe der Landesbauordnung zur Schaffung von möglichst sachgerechten und bestimmten Regelungen für Barrierefreiheit ad absurdum geführt,“ erklärt Franz Schrewe, Landesvorsitzender des SoVD NRW. Das Zurückfahren des Standards „Barrierefreies Bauen“ im Wohnungsbau auf einen „erforderlichen Umfang“ ist ein weiterer Schritt zur Absenkung dieses (für ein selbstbestimmtes Leben von behinderten Menschen) so wichtigen Standards.
Die Begründung zur Gesetzesnovellierung macht auch keinen Hehl daraus, dass die Vorgaben für barrierefreien Wohnungsbau massiv ausgedünnt werden sollen. Demnach sollen nun nur noch „wesentliche Barrieren“ vermieden werden. Für alle, die eine barrierefreie Wohnung suchen und brauchen, aber auch für Bauherren bzw. Architekten vergrößerten sich so die Unsicherheiten, so Schrewe:
„Woher sollen Bauherren und Architekten denn wissen, was Barrierefreiheit im erforderlichen Umfang bedeutet? Und eine Abstufung zwischen wesentlichen und weniger wesentlichen Barrieren wird der Lebensrealität von behinderten Menschen nicht gerecht, im Gegenteil: Was für den einen keine oder eine kleine, leicht zu überwindende Barriere ist, stellt für den nächsten eine große Barriere dar.“
Wohnungssuchende stünden schon heute vor dem großen Problem, dass allzu oft eine Wohnung als barrierefrei angepriesen wird, obwohl sie diesen Standard nicht im Geringsten erfüllt: „Barrierefreier Wohnungsbau ist oft nur eine Worthülse. Die nun beschlossene Änderung wird die Probleme wohnungssuchender behinderter Menschen leider noch vergrößern.“
Der SoVD NRW sagt: Eine Politik und Gesetzgebung zur Verbesserung der Lebensbedingungen behinderter Menschen sieht anders aus. Notwendig wären stattdessen rechtliche Rahmenbedingungen, damit zukünftig Wohnungen im Neubau generell gemäß der Definition von Barrierefreiheit gebaut werden.
Quelle: SoVD Sozialverband Deutschland, Landesverband NRW