„Jetzt gilt es überall dort zu privatisieren, wo der Staat noch Anteile an Telekommunikationsunternehmen hat.“
Brüssel – Diese Woche hat sich der Ministerrat der Europäischen Union getroffen, um u. a. EU-Telekommunikationsvorschriften und den digitalen Binnenmarkt zu diskutieren.
Hans-Olaf Henkel, Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie, ehemaliger IBM Europachef und BDI Präsident hat den langsamen Liberalisierungsprozess des Telekommunikationssektors stark kritisiert: „Der langsame Liberalisierungsprozess der letzten 20 Jahre ist einer der Hauptgründe dafür, dass wir heute im ICT Bereich in Europa hinterherhinken. Jetzt gilt es überall dort zu privatisieren, wo der Staat noch Anteile an Telekommunikationsunternehmen hat.“ Als Beispiel nannte der Europaabgeordnete für die Partei ALFA – Allianz für Fortschritt und Aufbruch Frankreich und Deutschland. Die Bundesrepublik Deutschland halte 14,5 Prozent und über die KfW weitere 17,4 Prozent der Telekom- Aktien. Der französische Staat besitze 13,45 Prozent der Orange-Aktien. „Somit befinden sich Staaten in einer Doppelrolle und einem Interessenkonflikt: auf der einen Seite wollen sie als Aktionäre dieser Telekomgesellschaften natürlich Erträge und sind auf der anderen Seite immer den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr verpflichtet als den Kunden. Das behindert nötige Reformen. Ein zweiter Konflikt tut sich dadurch auf, dass der Staat als Hauptaktionär das Interesse des Unternehmens im Blick haben muss, auf der anderen Seite aber auch als Regulator den Wettbewerb organisieren muss. Allzu oft entscheidet er sich nicht im Sinne des Wettbewerbs sondern trifft faule Kompromisse“ fügte er hinzu.
Im Übrigen könne man nicht, so wie das die deutsche Regierung tue, anderen Ländern der Eurozone dauernd die Privatisierung von Staatsvermögen predigen und dann selbst immer noch an Telekommunikationsgiganten beteiligt sein.
Hans-Olaf Henkel ist Schattenberichterstatter für den Initiativebericht des Europäischen Parlaments zur Digitalen Binnenmarktstrategie für die drittgrößte Fraktion Europäische Konservativen und Reformer.
Quelle: Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer