Hanau – Rund 55 Milliarden Euro versuchen deutsche Inkassounternehmen laut ihrem Verband BDIU derzeit an offenen Forderungen für ihre Auftraggeber einzutreiben – Geld, das meist im Mittelstand fehlt. Gerade hier geraten Unternehmen durch offene Forderungen am häufigsten in wirtschaftliche Schieflage: Eine erhebliche Zahl von Betrieben schlittert aufgrund der schlechten Zahlungsmoral ihrer Kunden und Partner sogar Jahr für Jahr in die Insolvenz. Dennoch verzichten viele Unternehmer darauf, die Eintreibung ihrer offenen Rechnungen zu verfolgen – und verschenken damit bares Geld. „Das Problem ist, dass den Firmen häufig die Ressourcen fehlen, um ihre Forderungen durchzusetzen. Denn wenn es darum geht, sich vor einer Zahlung oder Vollstreckung zu drücken, werden nicht wenige Menschen erfinderisch“, weiß Marcus Lentz, Geschäftsführer der bundesweit tätigen Detektei Lentz. Der Profi-Ermittler erklärt, wie Gläubiger die Tricks zahlungsunwilliger Schuldner durchschauen und schneller an ihr Geld kommen.
Die Lieferungen und Leistungen erhalten, aber die Rechnung nicht begleichen – dies scheint die Devise von mehr und mehr Vertragspartnern zu sein: Jede dritte Firma rechnet damit, dass die Probleme mit säumigen Schuldnern sich in Zukunft noch weiter verschärfen werden. Das bringt aber die Gläubiger trotz guter Auftragslage immer öfter selbst in Existenznöte. Die sinkende Zahlungsbereitschaft hat dabei nicht nur mit der Wirtschaftslage zu tun: Schuldenmachen hat in der Bundesrepublik Hochkonjunktur. Laut Schufa ist die Zahl der Ratenkredite im vergangenen Jahrzehnt um 50 Prozent gestiegen. Überschuldung ist die Folge: Fast sieben Millionen Bürger können ihre Verpflichtungen inzwischen nicht mehr erfüllen. Im Internet kursieren Tipps, wie Schuldner ihre Gläubiger hinters Licht führen können. „Wer zahlt, ist der Dumme – diese Mentalität setzt sich hierzulande leider immer stärker durch“, warnt Marcus Lentz. Der Chefermittler weiß, wie raffiniert säumige Schuldner vorgehen, um sich berechtigten Forderungen zu entziehen. Seine Detektei erhält fast täglich Aufträge von Gläubigern, die auf offenen Rechnungen sitzen geblieben sind.
Bei Nacht und Nebel verschwunden
Gerade kleinere Unternehmen sind mit dem Problem oft überfordert: Wenn Mahnungen unbeantwortet bleiben oder der Schuldner plötzlich unauffindbar ist, schreiben viele ihre Forderungen einfach ab. Doch wer sich so einfach geschlagen gibt, macht es den Rechnungsprellern leicht: Eine beliebte Masche zahlungsunwilliger Schuldner ist es, einfach unterzutauchen. Oft verschwinden sie bei Nacht und Nebel, melden sich an ihrem neuen Wohnort nicht an oder fliehen sogar ins Ausland. Versuche von Gläubigern, die Flüchtigen selbst aufzuspüren, sind meist aussichtslos. Auch der Gerichtsvollzieher kann nichts ausrichten, wenn er den Schuldner nicht erreicht. Dann sind oft nur noch spezialisierte Detekteien in der Lage, dem Zahlungspreller auf die Schliche zu kommen. „Unsere Arbeit beginnt, wenn eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt nicht mehr weiterhilft“, erklärt der Chef der Detektei Lentz. Denn jeder Mensch hinterlässt Spuren. Durch detaillierte Ermittlungen, die Nutzung von Datenbanken, Nachfragen bei Telefon- oder Stromanbietern und Recherchen im privaten Umfeld der Person lassen sich meist schnell aussagekräftige Ergebnisse zu Tage fördern. Wenn die Detektive eine ladungsfähige Adresse herausgefunden haben, steigen die Chancen des Gläubigers, sein Geld doch noch zu sehen: Immerhin ist es dem Schuldner nun nicht mehr möglich, sich vor Mahnungen und Gerichtsbescheiden zu verstecken.
Pleitiers mit Luxuskarossen
Die Ermittlung einer gültigen Adresse ist aber häufig nur der erste Schritt. Denn viele säumige Schuldner verschleiern zusätzlich Vermögenswerte, um sich vor ihren Verpflichtungen zu drücken. „In unserem Alltag stellen wir immer wieder fest, dass die Angaben des Schuldners und sein Lebensstandard nicht zusammenpassen“, erklärt Marcus Lentz. „Oft geben die Zielpersonen an, insolvent zu sein und keinen Besitz außer dem Lebensnotwendigen mehr zu haben. Wenn unsere Detektive sich in ihrem Umfeld umschauen, entdecken sie, dass der angeblich Mittellose gleich mehrere Luxusautos in der Garage hat oder seine Gattin teure Designermode zur Schau trägt.“ Eine verbreitete Masche ist zum Beispiel, den Besitz und die Konten der Ehefrau oder den Kindern zu übertragen. In einigen Fällen täuschen die Schuldner auch Lohnüberweisungen an Dritte vor, um pfändbare Einkünfte vor ihren Gläubigern zu schützen. Manche benutzen fremde Konten, um ihre Spuren zu verwischen, andere spielen dreist auf Zeit. Viele der Schuldner gehen so kreativ vor, dass nur professionelle Ermittler eine Chance haben, die Manöver zu durchschauen. Meist aber reichen einige Tage Observation und geschickte Recherchen, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Gut zu wissen: In den meisten Fällen können die Gläubiger sich im Anschluss die Detektivkosten von betrügerischen Schuldnern erstatten lassen.