Unerwartete Schicksalsschläge wie Arbeitslosigkeit, Trennung oder eine schwere chronische Krankheit können jeden treffen und zur Zahlungsunfähigkeit führen. Betroffene, die nicht aus eigener Kraft aus dieser Situation herauskommen, können eine Privatinsolvenz anmelden und sich über ein geregeltes Verfahren von nahezu allen bestehenden Schulden befreien. Unterstützt werden sie während des mehrjährigen Verfahrens von einem Insolvenzverwalter, der die Insolvenzmasse, also das pfändbare Vermögen verwaltet und die Forderungen der Gläubiger abwickelt.
Der Staat kann Verfahrenskosten übernehmen
Die Privatinsolvenz steht allen Personen offen, die nicht beruflich selbstständig sind oder waren. Auch ehemals Selbstständige können in bestimmten Fällen eine Privatinsolvenz durchführen lassen: Voraussetzung ist, dass keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen wie rückständige Gehälter, Sozialversicherungsbeträge oder Lohnsteuern bestehen und weniger als 20 Gläubiger vorhanden sind. Ziel des Insolvenzverfahrens ist üblicherweise die Restschuldbefreiung. Bestimmte Steuerstraftaten, Unterhaltsansprüche und Ansprüche aufgrund strafbarer Handlungen sind hiervon ausgenommen. Sind Betroffene nicht in der Lage, das Insolvenzverfahren selbst zu bezahlen, kann ein Antrag auf staatliche Kostenübernahme gestellt werden.
Insolvenzverwalter schützt Schuldner in der Privatinsolvenz
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Verstöße sind unwirksam und rückgängig zu machen. Der Insolvenzverwalter prüft, ob in den vier Jahren vor dem Insolvenzantrag anfechtungsrelevante Sachverhalte wie Schenkungen durchgeführt wurden. Auch diese sind von den Beschenkten zurückzugeben. Sobald das Insolvenzverfahren eröffnet ist, können Gläubiger ihre Forderungen nicht mehr direkt an den Schuldner stellen, sondern müssen sich beim Insolvenzverwalter anmelden. Zwangsvollstreckungen für einzelne Gläubiger sind ausgeschlossen, sofern es sich nicht um Unterhaltsansprüche oder Ansprüche aus vorsätzlich unerlaubten Taten handelt.
Erst Versuch der außergerichtlichen Einigung
Das Privatinsolvenzverfahren besteht aus drei Schritten: Bevor Schuldner einen Antrag auf Eröffnung des Verfahrens stellen können, müssen sie eine außergerichtliche Einigung mit ihren Gläubigern anstreben. Dieser Versuch und ein etwaiges Scheitern sind von einer befugten Person wie einem Rechtsanwalt zu bescheinigen. Erst dann ist eine Antragstellung über ein amtliches Formular möglich. Der zweite und dritte Schritt sind das eröffnete Insolvenzverfahren sowie die Wohlverhaltensphase. Diese beiden letzten Schritte umfassen im Regelfall etwa drei Jahre. Sollte das Verfahren in Ausnahmefällen länger dauern, kann rechtzeitig vor Ende der Dreijahresfrist ein Antrag auf vorzeitige Restschuldbefreiung gestellt werden.
Schuldner haben Mitwirkungspflicht bei Privatinsolvenz
Während der Wohlverhaltensphase sind Schuldner verpflichtet, einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Wer ohne Beschäftigung ist, muss sich um einen geeigneten Arbeitsplatz bemühen und darf keine zumutbaren Tätigkeiten ablehnen. Ein Wechsel des Arbeitsplatzes oder des Wohnsitzes muss unverzüglich gemeldet werden. Ferner wird bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens der pfändbare Anteil des Arbeitseinkommens in die Insolvenzmasse überführt und die kontoführende Bank informiert. Ebenso können zum Beispiel Kontobeträge oberhalb der Pfändungsfreigrenze, vorhandene Wertgegenstände, Lotteriegewinne sowie – zur Hälfte – ein etwaiges Erbe oder eine Schenkung in die Insolvenzmasse aufgenommen werden.
Quelle: AzetPR