Für Werkswohnungen gelten besondere Regeln
Viele Betriebe wie auch öffentliche Arbeitgeber stellen Mitarbeitern Wohnraum zur Verfügung – oft zu besonders günstigen Konditionen. Bei Mitarbeiterwohnungen muss zwischen Werkmietwohnungen und Dienstwohnungen (auch: Werkdienstwohnungen) unterschieden werden. Bei einer Werkmietwohnung gibt es einerseits den Arbeitsvertrag und andererseits einen Mietvertrag. Wenn also das Arbeitsverhältnis gekündigt wird, muss der Arbeitgeber zusätzlich noch das Mietverhältnis kündigen. Die Kündigung des Mietvertrages richtet sich nach dem Mietrecht. Dieses kennt einige Sonderregeln für Werkmietwohnungen. Bei Dienstwohnungen existiert kein Mietvertrag. Sie werden im Rahmen des Dienstverhältnisses überlassen. Eine Beendigung dieser Überlassung richtet sich nach dem Arbeitsrecht und gegebenenfalls nach dem Dienstrecht für Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes. Die D.A.S. Rechtsschutzversicherung stellt drei Gerichtsurteile zum Thema „Werkswohnungen“ vor.
Fall 1: Kündigung einer Dienstwohnung bei fortgesetztem Arbeitsvertrag
Der Fahrer und Hausmeister einer Geschäftsstelle der Bundesagentur für Arbeit hatte seit vielen Jahren eine Dienstwohnung bewohnt, welche ihm sein Arbeitgeber überlassen hatte. Im Jahr 2003 forderte die Bundesagentur für Arbeit die ihr untergeordneten Behörden auf, die Zuweisung von Dienstwohnungen zu widerrufen. Der Bundesrechnungshof halte Dienstwohnungen für Mitarbeiter der Arbeitsagenturen für nicht mehr erforderlich. Die örtliche Behörde widerrief daher die Zuweisung der Hausmeisterwohnung und wandelte sie in eine Mietwohnung um. Der Hausmeister hatte bisher einen monatlichen Betrag für die Nutzung der Wohnung bezahlt, jetzt verlangte die Behörde die (höhere) ortsübliche Vergleichsmiete. Der Hausmeister ging nun gerichtlich gegen seinen Arbeitgeber vor. Das Arbeitsgericht Bielefeld erklärte den Widerruf der Zuweisung der Wohnung für unwirksam. Bei einer Werkdienstwohnung finde die Überlassung der Wohnung im Rahmen des Dienstverhältnisses und ohne gesonderten Mietvertrag statt. Die Überlassung sei Teil der Vergütung für die Arbeitsleistung. Zwar seien während der Nutzung der Wohnung mietrechtliche Vorschriften anwendbar; die Beendigung der Nutzung richte sich jedoch nach Arbeits- beziehungsweise Dienstvertragsrecht. Die Dienstwohnung könne nicht gekündigt werden, wenn das Arbeitsverhältnis fortbestehe, denn dies sei eine unzulässige Teilkündigung des Arbeitsvertrages. Eine entsprechende Regelung in den internen Vorschriften der Behörde sei nicht anwendbar.
Arbeitsgericht Bielefeld, Urteil vom 15. November 2004, Az. 3 Ca 1448/04
Fall 2: Bademeister mit wechselndem Einsatzort
Eine Gemeinde hatte einem Bademeister eine Dienstwohnung auf dem Gelände des gemeindeeigenen Schwimmbades zugewiesen. Im Dienstvertrag hieß es, dass die Zuweisung der Wohnung zurückgenommen werden könne, wenn er nicht mehr Inhaber seines Dienstpostens sei. Nach einigen Jahren übernahm ein privater Träger das Schwimmbad. Dieser beschäftigte den Bademeister weiter, kündigte aber einige Zeit später das Werkmietverhältnis. Begründung des Arbeitgebers war, dass der Bademeister jetzt hauptsächlich in einem anderen Schwimmbad eingesetzt werde, er habe daher seinen „Dienstposten“ nicht mehr inne. Der Arbeitgeber bot ihm die bisherige Wohnung zum ortsüblichen Preis zur Miete an. Er akzeptierte nicht. Nach einigen Monaten erfolgte eine weitere Kündigung der Wohnung, diesmal mit Verweis auf einen geplanten Umbau des Bades, bei dem die Wohnungen in zusätzliche Umkleideräume verwandelt werden würden. Nach dem Landesarbeitsgericht Köln waren beide Kündigungen unwirksam. Es handle sich hier um eine Werkdienstwohnung ohne gesonderten Mietvertrag. Maßgeblich sei das Arbeitsrecht und nicht das Mietrecht. Zwar habe sich der ursprüngliche Arbeitgeber wirksam den Widerruf der Wohnungsüberlassung vorbehalten. Hier seien aber die Voraussetzungen für einen solchen Widerruf nicht erfüllt. Der Bademeister sei jedes Jahr in verschiedenen Schwimmbädern eingesetzt worden und immer auch in dem Schwimmbad, bei dem sich seine Wohnung befand. Niemand könne mit Sicherheit sagen, dass er in Zukunft nicht mehr vor Ort eingesetzt werde. Auch mit dem geplanten Umbau könne der Arbeitgeber nicht argumentieren. Finanzierung und Umsetzung dieses Projekts seien noch völlig offen.
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 4. März 2008, Az. 11 Sa 582/07
Fall 3: Werkmietwohnung bei gekündigtem Arbeitsverhältnis
Der Eigentümer eines Mietshauses hatte dem Hauswart dieser Immobilie eine Wohnung zur Verfügung gestellt. Nachdem er dessen Arbeitsvertrag gekündigt hatte, bewohnte der Hauswart die Wohnung zunächst weiter. Es bestand ein separater Mietvertrag. Der Eigentümer des Mietshauses kündigte ihn etwa ein Jahr nach Ende des Arbeitsverhältnisses. Hier kamen nun die besonderen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über Werkmietwohnungen in den §§ 576 ff. BGB zur Anwendung. Der Vermieter hatte laut Gericht ein berechtigtes Interesse an der Kündigung, weil er die Dreizimmerwohnung für den neuen Hauswart mit Familie benötigte. Es sei legitim, dass ein Hauswart mit Familie bevorzugt werde, weil dieser grundsätzlich stärker am Wohnort verwurzelt sei. Der Vermieter sei auch nicht gehalten, eine andere Wohnung als Hausmeisterwohnung zu verwenden. Kündige er eine Werkmietwohnung, müsse er dem Mieter aber bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine vergleichbare, im selben Haus oder in derselben Wohnanlage verfügbare Wohnung, die vermietet werden solle, anbieten. Hier kämen nur zwei vergleichbare Wohnungen in Betracht. Als diese frei gewesen wären, habe sich der Vermieter mit dem Hausmeister jedoch noch mitten in einem Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht befunden. Daher sei ungewiss gewesen, ob das Arbeitsverhältnis wirklich beendet werden würde. Die Kündigung sei rechtmäßig, eine Ersatzwohnung habe nicht zur Verfügung gestanden.