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Stichwort des Monats Mai: Zu viel gezahlter Arbeitslohn

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Muss der Arbeitnehmer zu viel gezahlten Lohn zurückzahlen?

Es erscheint unwahrscheinlich, dass ein Arbeitgeber unabsichtlich mehr Lohn bezahlt als vereinbart. Aber: Menschen machen Fehler – und da sind die Mitarbeiter von Personalabteilung und Lohnbuchhaltung nicht ausgenommen. So kommt es immer wieder vor, dass Arbeitnehmer auf ihrem Konto einen anderen Betrag vorfinden als vereinbart – und in nicht wenigen Fällen verrechnet sich die Arbeitgeberseite zu Gunsten des Arbeitnehmers. Rückforderungen sehen die unerwartet Beschenkten dann oft jedoch nicht so gerne – daher führt dieses Problem immer wieder zu Gerichtsverfahren. Die D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice) hat drei Gerichtsurteile zum Thema „Zu viel gezahlter Arbeitslohn” zusammengestellt.

Fall 1: Ausschlussfrist für gegenseitige Ansprüche im Arbeitsvertrag

Im ersten Fall ging es um einen Vertriebsingenieur. In dessen Arbeitsvertrag war eine feste monatliche Vergütung vereinbart. Dazu kam eine sogenannte Team-Erfolgsbeteiligung. Zusätzlich sollte er (nur) in den ersten sechs Monaten monatlich 1.917,34 Euro brutto als Abschläge auf zukünftige Provisionen bekommen. Diese sollten innerhalb von drei Jahren mit tatsächlich erzielten Provisionen verrechnet werden. Der Arbeitnehmer verpflichtete sich, zu viel gezahlte Beträge unverzüglich dem Arbeitgeber mitzuteilen und zurückzuzahlen. Generell sollten alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn der jeweilige Anspruchsteller sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit geltend mache. Leider geriet das Entlohnungssystem durcheinander: Die Team-Erfolgsbeteiligung wurde nicht ausbezahlt, dafür erhielt der Arbeitnehmer aber auch nach Ablauf der sechs Monate allmonatlich die zusätzlichen 1.917,34 Euro weiter. Knapp drei Jahre später fiel der Fehler auf. Nach betriebsbedingter Kündigung des Arbeitsverhältnisses forderte der Arbeitgeber per Klage alle gezahlten Provisionsabschläge zurück – insgesamt über 65.000 Euro. Denn der Ingenieur habe keinerlei Provisionen verdient. Die nicht bezahlte Team-Erfolgsbeteiligung sei nicht anzurechnen, da das Team keine Verkaufserfolge erzielt habe. Das Landesarbeitsgericht betonte zunächst, dass Vorauszahlungen auf künftige Leistungen, die dann später nicht erfolgten, grundsätzlich zurückzuzahlen seien. Es unterschied jedoch zwischen den Provisionsabschlägen in den ersten sechs Monaten und denen im restlichen Zeitraum. Das Gericht gestand dem Arbeitgeber nur einen Anspruch auf Rückzahlung der Provisionsabschläge für die ersten sechs Monate zu. Der gesamte Anspruch für die sechs Monate sei erst mit Ablauf der im Arbeitsvertrag genannten Drei-Jahres-Frist fällig geworden. Erst mit dieser Fälligkeit habe die zweimonatige Ausschlussfrist für den Rückzahlungsanspruch zu laufen begonnen. Diese sei hier noch nicht abgelaufen gewesen, so dass der Betrag von rund 11.500 Euro zurückzuzahlen sei. Auf die restlichen Provisionsabschläge müsse der Arbeitgeber verzichten. Denn für diese gelte die dreijährige Frist nicht. Die Forderung auf ihre Rückzahlung hätte er jeweils innerhalb von zwei Monaten nach der Überweisung geltend machen müssen – was nicht geschehen war. Damit seien die Ansprüche mittlerweile verfallen.

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 26. Februar 2007, Az. 9 Sa 1560/06

Fall 2: Ausschlussfrist im Tarifvertrag

Das Landesarbeitsgericht Köln musste sich ebenfalls mit einer Ausschlussfrist befassen. Nur war diese in einem Tarifvertrag für die Paketbranche festgelegt. Danach sollten die beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht würden. Diese Regelung war ausdrücklich in den Arbeitsvertrag einbezogen worden – genauer gesagt in die innerhalb von zwei Jahren mit der betroffenen Mitarbeiterin abgeschlossenen sechs befristeten Verträge und sechs „Änderungsverträge” zur Vereinbarung einer höheren Arbeitszeit. Der Arbeitgeber forderte nun 4.300 Euro zurück, da ein Jahr lang eine falsche Wochenarbeitszeit bezahlt worden sei. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Rückzahlungsanspruch nicht bestand. Einerseits sei die Forderung nicht rechtzeitig geltend gemacht worden. Der Arbeitgeber habe zwar vorgetragen, dass sich die Mitarbeiterin nicht auf die Ausschlussfrist berufen dürfe, weil sie laut Tarifvertrag verpflichtet gewesen sei, ihn auf die Überzahlung aufmerksam zu machen. Dies ließ das Gericht jedoch nicht gelten: Von einer ausländischen Arbeitnehmerin, die der deutschen Sprache kaum mächtig sei, könne nicht erwartet werden, „ein Konvolut von Tarifverträgen” zu studieren, um daraus abzuleiten, dass sie verpflichtet sei, ihren Arbeitgeber über dessen Abrechnungsfehler zu informieren. Zumal sie wohl selbst kaum gewusst habe, wie viele Stunden im Monat sie überhaupt gearbeitet habe – denn in ihrer Lohnabrechnung sei diese Angabe offen geblieben. Ganz abgesehen von der völlig unübersichtlichen Vertragsgestaltung. Das Gericht kritisierte weiter, dass die Rückforderung nicht den Anforderungen an eine ordentliche schriftliche Geltendmachung solcher Ansprüche genüge. Nicht einmal ansatzweise ginge daraus hervor, wie sich der Betrag zusammensetze, in welchen Zeiträumen zu viel gezahlt worden sei und wie denn die korrekte Wochenarbeitszeit aussehe. Obendrein seien die durch Zusatzverträge vereinbarten Befristungen für höhere Arbeitszeiten in Teil-Monaten gar nicht wirksam gewesen.

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 11. Februar 2011, Az. 4 Sa 1178/10

Fall 3: Wenn die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut

Auch der öffentliche Dienst ist vor Abrechnungsfehlern nicht sicher. Das Bundesarbeitsgericht beschäftigte sich mit dem Fall einer Arbeitnehmerin, die mit ihrem Arbeitgeber nach Ablauf einer befristeten Teilzeitregelung ihren Übergang in die Altersteilzeit vereinbart hatte. Nur hatte leider niemand die zuständige Zahlstelle informiert, welche nur das Ende der ersten befristeten Teilzeitregelung berücksichtigte – und nun das Gehalt für Vollzeit auszahlte. Etwa fünf Jahre später erkannte der Arbeitgeber den Irrtum – und verklagte die Frau auf Rückzahlung von rund 41.000 Euro plus Zinsen. Im Verfahren ging es in erster Linie um die auch für privatwirtschaftliche Betriebe geltende Vorschrift des § 814 BGB. Denn diese besagt, dass eine Rückforderung ausscheidet, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Zahlung gar nicht verpflichtet war. Die Behörde, bei der die Frau beschäftigt war, wusste dies zwar, die Zahlstelle jedoch nicht. Wessen Wissensstand war hier also entscheidend? Dem Gericht zufolge war der Leistende die Zahlstelle und nicht die Behörde. Die Rückzahlungspflicht entfalle nicht, weil ein Vertreter des Arbeitgebers den anderen nicht korrekt informiert habe. Das Verfahren wurde zur Klärung von offenen Fragen zur rechtzeitigen Geltendmachung des Rückzahlungsanspruches an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Oktober 2010, Az. 5 AZR 648/09

Quelle: D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH

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