HAWK-Studierendenteam konzipiert mobile Anwendung – gecoacht von Designagentur frog /Sparkasse Hildesheim und Osnabrücker Unternehmerin unterstützen Realisierung
Start Up! heißt die App-Idee, die Flüchtlingen Hilfestellung und Orientierung in ihrer neuen Umgebung bieten soll. Die fertig konzeptionierte Idee wurde von HAWK-Studierenden entwickelt: Lydia Lütgering (3. Sem. Master Gestaltung), Sarah Langlotz (4. Sem. Master Gestaltung) und Camila Campos Contreras (4. Sem. Master Gestaltung) erfanden die Flüchtlings-App und verfeinerten die Idee mit Nutzer/innen-Tests ein ganzes Semester lang. Sie könnte derzeit eine wichtige Lücke in Beratung und Betreuung von Flüchtlingen liefern, angesichts der großen Nachfrage und steigender Flüchtlings- und Asylbewerber/innen/zahlen.
Und die App ist schon jetzt erfolgreich: Gerade wurde das studentische Team als eines von drei Preisträgern vom regionalen Gründerwettbewerb „drei|v“ in Braunschweig ausgezeichnet. Die App habe die Jury überzeugen können, hieß es in der Begründung, es sei beeindruckend, wie schnell und konsequent die Gewinner/innen auf aktuelle Themen reagiert und kluge Lösungen erarbeitet hätten.
Kernstück der Mobil-Anwendung ist eine interaktive Karte, auf der Flüchtlinge die wichtigsten Landmarken und Adressen ihrer Umgebung sehen. Außerdem bietet sie, wie ein Leitfaden, Hilfe bei dem komplizierten Asylantragsverfahren, Unterstützung bei alltäglichen Dingen wie Mülltrennung, beim Spracherwerb oder auch bei der Jobsuche – und das in der jeweiligen Sprache des Flüchtlings.
Sie hätten am Anfang sehr viel recherchiert und Informationen über die Situation der Flüchtlinge gesammelt, erzählt Lütgering. Dabei hätten sie festgestellt, dass Informationen bereits zahlreich gedruckt in Broschüren vorliegen, aber oftmals nur auf Deutsch und damit nur schwer zugänglich für Flüchtlinge.
„Die App kann besonders gut Informationen zur richtigen Zeit vermitteln“, sagt Lütgering. Wenn ein Flüchtling zum Beispiel den Bus benutzen will, bestehe oft gleich als erste Schwierigkeit, dass viele nicht wissen wie der Ablauf funktioniere: Wo das Ticket gekauft wird oder was mit dem Ticket dann gemacht wird. „In diesen Fällen hilft die App“, so die Studentin, die mit dem Ergebnis sehr zufrieden ist: „Wir haben festgestellt, dass wir genau zum richtigen Zeitpunkt die richtige Idee hatten und hoffen jetzt natürlich, dass wir diese Idee auch umsetzen können.“
Entstanden ist der Prototyp im Rahmen einer HAWK-Lehrveranstaltung im Fachgebiet Interaction Design an der Fakultät Gestaltung bei Prof. Stefan Wölwer. Mehrere Studierendengruppen entwickelten im Laufe eines Semesters interaktive Produkte und Services – in Begleitung der renommierten Design- und Strategieberatung frog, die weltweit nahmhafte Unternehmen und NGOs unterstützt. Von ihr erhielten die Studierenden nicht nur am Anfang wertvolle Beratung und einen Einblick in die Arbeit der Profis, sondern auch ständig Feedback zu ihren Fortschritten mit ihren Projekten. „Die Zusammenarbeit verlief ausgesprochen gut“, berichtet Professor Stefan Wölwer, der auch die Idee hatte, das Unternehmen einzubeziehen. Den Anknüpfungspunkt bildeten die von der Beratung prognostizierten Tech Trends 2015 – Wölwer habe dann Kontakt mit dem Chief Technical Officer aufgenommen und mit ihm die Kooperation im Rahmen einer Lehrveranstaltung vereinbart: „Das war zwar etwas größenwahnsinnig zu sagen ‚let‘s make predictions real‘, frog verstand aber die Pointe“, so Wölwer.
Mitarbeiter des Münchner Teams sind zum Briefing nach Hildesheim gekommen und haben den Studierenden einen guten Einblick gegeben: Neben den Trends erläuterten sie auch, wie frog an Projekte herangehe, Prozesse gestalte und zu einem guten Ergebnis komme.
Bei frog fand die Kooperation großen Anklang. Nelan Schwartz, Executive Technology Director bei frog: „Ideen Realität werden zu lassen ist unsere große Leidenschaft und Prototypen von Konzepten zu entwickeln, die auf unseren jährlichen Tech Trends beruhen – das ist genau das, was uns antreibt! Es war also klar, dass wir die Studierenden-Teams bei HAWK unterstützen würden.“ Damit sei man auch einer Kernverantwortung aller Designer nachgekommen: Künftige Problem-Löser auszubilden.
Und so erklärte er den Studierenden, dass Designer/innen Technologie benutzen, um ihre Ideen umfassend auszudrücken: „Technologie ist das Medium mit dem Designer/innen arbeiten. Man kann auch fragen: warum braucht Technologie Designer/innen? Die Antwort darauf ist ziemlich klar: Technologie um der Technologie willen löst nicht automatisch Probleme oder erzeugt sinnvolle Objekte.“ Man brauche Designer/innen immer, um Dinge in einen Zusammenhang zu setzen, ihnen so Bedeutung für diejenigen zu verleihen, die sie dann benutzen.
„frog hat im Verlauf der Projektzeit gecoacht, uns mit Feedback zur Seite gestanden und in die richtige Richtung geleitet“, fasst Sarah Langlotz die Kooperation mit der Agentur zusammen.
Der Kurs ist zwar vorbei, aber die Studierenden wollen mit ihrer App-Idee weitermachen: „Unser nächster Meilenstein ist, dass wir tatsächlich jemanden finden, der das ganze weiterhin mitfinanziert – vor allem die teure Programmierung“, sagt Lütgering, „wir würden dann gerne für eine Stadt – zum Beispiel Hildesheim – eine erste real laufende App umsetzen, um sie dann auch auf andere Städte anwenden zu können.“ Die ersten Unterstützer sind bereits gefunden: Neben der HAWK selbst, finanzieren die Sparkasse Hildesheim sowie die Osnabrücker Unternehmerin Christiane Kirchhoff-Billmann der Betten Kirchhoff GmbH & Co. KG die grundlegenden Schritte.
Preisträger für innovative Gründerideen in Braunschweig: (von vorne .l.n.r.) Lydia Lütgering, Camila Campos Contreras und Sarah Langlotz sowie weitere Preisträger. Werner Agsten vom Niedersächsischen Wirtschaftsministerium (hinten links), Braunschweigs Wirtschaftsdezernent Gerold Leppa und Matthias Wunderling-Weilbier, Landesbeauftragter für regionale Landesentwicklung, waren die ersten Gratulanten.
Zunächst einmal freuen sie sich aber über den gewonnenen Gründerpreis: Im „Starthilfe-Paket“ ist ein Mentoren-Programm enthalten, bei dem ihnen ein Gründungsexperte und ein Branchenprofi zur Seite stehen. Zudem profitieren sie von begleitenden Seminaren und einem – für Marketingleistungen zweckgebundenes – Preisgeld von 1.111 Euro.
Bestätigung für die Qualität der Idee fanden die drei Studentinnen auch bei der Media Night in Aachen, bei der sie eine lobende Erwähnung fanden. Darüber hinaus präsentierten sie auf Einladung der Future Conventions in Frankfurt innerhalb der „100 Ideen für die Zukunft“. In Osnabrück waren sie für den Innovate! Award 2015 nominiert.
Quelle: HAWK – Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst