Gummersbach: Freies WLAN per Freifunk, oder durch AT Aggertechnik?
Gummersbach – Eine politische Initiative der Jungen Liberalen (Julis), die vom Gummersbacher FDP-Ratsmitglied Johannes Diehl koordiniert wird, findet auch Seitens der Innenstadtgemeinschaft Unterstützer. Gemeinsam mit den Gewerbetreibenden in der Gummersbacher Innenstadt wird seit längerem an der Realisierung eines kostenfreien Internetzugangs via WLAN gearbeitet. Auf einer gestrigen Informationsveranstaltung präsentierten sich zwei Lösungsansätze im Gummersbacher Brauhaus.
Gratis WLAN – offen für Jedermann
Vor noch ein paar Jahren hätte es niemand geglaubt. Nein, höchstens für Großstädte möglich gehalten. Aber für Gummersbach bestimmt nicht. Nun wird der Wunsch vieler Nutzer von sozialen Netzwerken und „Selfie-Stars“ vielleicht bald Realität. In Gummersbach werden die Köpfe zusammengetan, um eine machbare Lösung zu finden. Eine Lösung, mit der sich die Kreisstadt als moderne Stadt präsentieren kann – wo auch Ausländische Gäste ohne teures Datenroaming mit der Heimat in Kontakt bleiben können, wo sich junge Menschen gerne aufhalten, weil für diese Generation das Internet einfach dazugehört.
Heinz Kreiensiek (Vorsitzender der Innenstadtgemeinschaft) begrüßte gestern Abend ungefähr 35 Interessierte im Brauhaus Gummersbach. Unter ihnen die örtlichen Ansprechpartner von „Freifunk“ (Mirco Drehsen, Ulf Kratzberg) und eine Delegation der AT Aggertechnik GmbH (Kai Spiekermann, Thorsten Wilkes) sowie deren Kooperationspartner und Portalprogrammierer Matthias Veith. Ebenso konnte die Gesprächsrunde einen Vorreiter in Sachen freies WLAN aus der Stadt Kevelaer (Niederrhein) begrüßen. Dort ist seit längerem Rudolf Beerden in dem Projekt seiner Heimatstadt involviert und galt für die Informationsrunde am gestrigen Abend als „Best Practice“ Beispiel.
Rudolf Beerden präsentierte den Weg seiner Stadt zum freien WLAN und die Motivationen seiner örtlichen Akteure. In Kevelaer hat man beim gratis WLAN ein eigenes Stadtportal noch „huckepack“ installiert. Jeder der das kostenkose Funknetzwerk nutzt, landet automatisch auf dem Stadtportal „Unverwechselbar Kaevelaer“. Dort präsentiert sich die Stadt und der Einzelhandel mit seinen besonderen Highlights. Das Stadtportal wurde mit den üblichen sozialen Netzwerken verknüpft und erreicht so mittlerweile bis zu 4.000 Benutzer.
Selbstverständlich ist „Rudi Beerden“ (wie ihn alle in seiner Heimatstadt liebevoll nennen) Feuer und Flamme für das Projekt. Steht er auch als Geschäftsführer der Portalbetreiberfirma „Oneline“ für die Aktualität des Portals gerade. Sprich er hat ein geschäftliches Interesse, dass dieses Infoportal interessant und auch frequentiert ist, damit seine Mitstreiter am Niederrhein weiterhin das Projekt finanziell mittragen. Genau so einen verantwortlichen Ansprechpartner braucht so ein Portal auch, damit es funktioniert, dass Beerden der Richtige für die Aufgabe ist, dass bewies er gestern eindrucksvoll im Brauhaus.
Für Gummersbach will die AT Aggertechnik GmbH ähnliches anbieten. Professionelle Funktechnik (eine Kernkompetenz des Unternehmens mit zahlreichen zufriedenen und namhaften Kunden im Richtfunk) und ebenfalls eine mobiles Stadtportal, dass von ihrem Kooperationspartner Matthias Veith aus Reichshof realisiert und betreut werden soll. Die „Mitmacher“ der Innenstadtgemeinschaft hätten bei diesem Modell zwar monatliche Kosten, aber auch einen professionellen Ansprechpartner, der sich für ein hochverfügbares System technisch verbürgt und ständig das WLAN in der Innenstadt optimiert. Allerdings machte das Thema Stadtportal einigen Anwesenden sichtbar sorgen. Es kamen in der Gesprächsrunde mahnende Worte, dass so ein Stadtportal stets aktuell und interessante Inhalte bereitstellen muss, um von den Nutzern und im zweiten Stepp auch langfristig von allen Einzelhändlern akzeptiert werden zu können. Einen Fehlstart kann sich so ein Projekt nicht leisten – es muss von Anfang an punkten. Im Raum wurde schnell von zwei Vollzeitkräften für die Betreuung gesprochen. Sprich monatliche Kosten von 4.000 EUR, die dann von der Innenstadtgemeinschaft geschultert werden müsste. Hinzu kommen noch die laufenden Gebühren der AT Aggertechnik GmbH. Das mit Sicherheit beste Gesamtkonzept für Gummersbach, aber leider nicht die günstigste Variante, wenn man seinen Kunden ein gratis WLAN Angebot anbieten möchte.
Ein ganz anderes Konzept stellte Mirco Drehsen vor. Er gehört dem Verein „Freifunk“ an. Dieser Verein ist bundesweit aktiv mit regionalen Untergliederungen. Auch in Gummersbach gibt es bereits „Freifunker“. Das sind Internetbesitzer, die über einen speziell präparierten Netzwerk-Funkrouter, ihren Internetzugang mit anderen Menschen teilen. Sie geben eine gewisse Bandbreite auf diesem Router für die Allgemeinheit frei. Rechtliche Probleme hat der Routerbesitzer nicht zu erwarten, da über einen sogenannten VPN-Tunnel der eigentliche Internetzugang über die Serverinfrastruktur von „Freifunk Rheinland e.V.“ realisiert wird. Dieser Verein tritt dann nach außen als Provider auf und hat die Nutzung und auch alle gesetzlichen Vorschriften (u.a. Vorratsdatenspeicherung) zu realisieren. Der Clou an dem Freifunk-Netzwerk ist, dass auch per „Mashing“ das Funknetz von einem anderen Knoten „weitergereicht“ werden kann. Sprich: Mit dieser speziellen Technik kann man auch Geschäfte überbrücken, die keinen eigenen DSL Anschluss besitzen. Dort wird dann der „Funkschatten“ vor dem Ladengeschäft „ausgeleuchtet“ und das Funknetz an den nächsten „Hotspot“ (Zugangspunkt) weitergereicht. Für die Gummersbacher Innenstadtgemeinschaft würde dies bedeuten, dass vorhandene Internetzugänge weiter genutzt werden können und jeder Teilnehmer nur ein neues Modem (Anschaffungskosten zwischen 20 bis zirka 80 EUR) einmalig anschaffen muss.
In einer abschließenden Gesprächsrunde, die von Johannes Diehl moderiert wurde, hatten beide Lösungsansätze eine Gelegenheit auf individuelle Fragen, Sorgen und Befürchtungen einzugehen. Beide Lösungen haben ihre Berechtigung. Das konnte man am Veranstaltungsende schnell erkennen. Johannes Diehl verteilte an jedem Besucher zwei Klebepunkte. Jeder durfte diese Aufkleber für seinen persönlichen Favoriten als Stimme nutzen. Ziel der Veranstaltung war es, zu sehen, welche Lösung von den Teilnehmern favorisiert wird. Am Ende stand es 15:14 (15 für das Aggertechnik Modell – 14 für das Freifunkmodell, wenn man alle Stimmen zusammenzählte). Die reinen Stimmen der Innenstadtgemeinschaft (ohne das Voting von anwesenden externen Besuchern) verteilten sich 13:9 (13 für die Aggertechnik – 9 für Freifunk). Für eine eindeutige Meinung reichte die Gesprächsrunde dann leider gestern Abend nicht. Die IG Gummersbach will nochmals gesondert intern in Klausur gehen. Danach wird sich hoffentlich ein geeignetes Modell für die Kreisstadt finden. Oder: Vielleicht realisieren zwischenzeitlich schon einige Einzelhändler ein Freifunknetzwerk und sammeln bereits Erfahrungen, die den Anderen eine bessere Entscheidungshilfe liefert. Freifunk ist unabhängig von langen Verträgen und zusätzlichen Providerkosten, wenn schon ein DSL Anschluss vorhanden ist. Das könnte das abschließende Entscheidungskriterium sein, um schnell und unbürokratisch ein gratis WLAN für Gummersbach zu realisieren. Die Zukunft wird es zeigen …
Interessierte Bürger und Mitwirkende können sich bei Twitter und Facebook unter dem Hashtag: #HotspotGummerbach vernetzen und austauschen.