Die Beschäftigten in Deutschland müssen sich nicht vor der Digitalisierung der Arbeitswelt fürchten. Die Möglichkeit negativer Beschäftigungseffekte wird zwar immer wieder politisch thematisiert und diskutiert, wissenschaftlich lassen sich aber bisher keine Belege für diese Vermutung finden.
Berlin – Die Arbeitswelt in Deutschland ist gut auf die Digitalisierung vorbereitet. Das gilt sowohl für die Beschäftigung insgesamt, als auch für Arbeitnehmerrechte und soziale Sicherung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) durchgeführt hat.
Die Digitalisierung findet bereits seit vielen Jahren statt, in einigen Branchen sogar in erheblichem Umfang. Aus den bisherigen Entwicklungen ergeben sich weder Hinweise darauf, dass die Schutzbedürftigkeit bestimmter Arbeitnehmergruppen zugenommen hat, noch dass neue schutzbedürftige Beschäftigungsformen entstehen. Es gibt auch keine empirischen Anhaltspunkte, dass es zu einer Ausbreitung neuen Formen der Soloselbständigkeit kommt. Das Phänomen der Crowdworker wird zwar oft und prominent diskutiert, ist aber sonst kaum relevant. Selbst in einer Vorreiterbranche der Digitalisierung, der Informationswirtschaft, sind Crowdworker im Grunde nicht bekannt und erscheint den allermeisten Unternehmen auch nicht als attraktive Beschäftigungsform.
Vor dem Hintergrund des vom Bundesarbeitsministerium angekündigten Weißbuchs „Arbeiten 4.0″ warnt der Autor der Studie und Experte für neue Arbeitsformen, Dr. Oliver Stettes, vor voreiligen Regulierungsmaßnahmen. Stettes: „Für politischen Aktionismus besteht keine Notwendigkeit. Unsere Analyse zeigt, dass sich durch die zunehmende Verbreitung und Vernetzung von modernen Informations- und Kommunikations-technologien derzeit keine gravierenden Veränderungen in der Arbeitswelt abzeichnen. Nur wenn das der Fall wäre, wäre die Politik aufgefordert die bewährten und funktionierenden Strukturen und Regulierungen anzupassen.“
Aus Sicht der INSM belegt die Studie, dass die Digitalisierung keine Bedrohung, sondern eine Chance ist, die nicht durch vorschnelle Regulierungen aufs Spiel gesetzt werden darf. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch vor wenigen Tagen eine Allensbach-Umfrage der INSM. Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer der INSM, zieht daraus ein klares Fazit: „Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben sich bisher gut an die Digitalisierung angepasst und sie werden auch in Zukunft selber wissen, wie sie sich auf den weiteren digitalen Wandel einstellen müssen. Der Gesetzgeber wird vorerst nicht gebraucht. Die Politik wäre gut beraten, wenn sie ihre Rolle als Zuschauer akzeptiert und erst dann versucht einzugreifen, wenn sie auch wirklich gebraucht wird.“
Ganz ähnlich sieht das auch Thomas Jarzombek MdB (CDU), Mitglied im Ausschuss „Verkehr und digitale Infrastruktur“. Bei der Vorstellung der Studie heute morgen in Berlin stellte er fest: „Trotz der zunehmenden Digitalisierung entstehen jedes Jahr in Deutschland rund 300.000 zusätzliche Arbeitsplätze. Eine Art Bremsspur schon digitalisierter Branchen ist dabei nicht zu erkennen. Wichtiger, als über neue Regulierung nachzudenken ist es, sich an die Spitze der Bewegung in Sachen Digitalisierung zu setzen.“