Die Entwicklung der Rechenzentrums-Landschaft in Deutschland 2023 wird, laut Prior1, Spezialist für den Bau und den Betrieb von Rechenzentren, von fünf wesentlichen Trends geprägt sein: Nachhaltigkeit, Symbiose-Konzepte, Hybrid-Modelle, De-Zentralisierung und weiteres Wachstum der Hyperscaler.
Rechenzentren sind in der digitalisierten Wirtschaft und Gesellschaft unverzichtbar. Die Zahl der Rechenzentren nimmt rapide zu. Laut Schätzungen des Branchenverbands Bitkom wird der Umsatz mit Datacenter-Dienstleistungen in Deutschland bis 2025 auf insgesamt 12,9 Mrd. Euro steigen. Dies entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 9,6 %. Das Wachstum wird geprägt von diesen fünf Trends:
1. Nachhaltigkeitsgedanke setzt sich durch
Die Nachhaltigkeit von Rechenzentren wird in den kommenden Jahren einen immer höheren Stellenwert einnehmen. Dieser Trend wirkt sich sowohl auf die Technologie als auch auf das Facility-Management aus. Neben Energieeffizienzmaßnahmen stehen zunehmend der Bereich der Kältemittel und die Abwärmenutzung im Fokus. Vorangetrieben wird das Thema unter anderen durch die Allgemeine Verwaltungsanordnung der Bundesregierung, die für alle Bundesbehörden gilt, und die vorsieht, dass künftig nur noch Klimaanlagen eingesetzt werden sollen, die mit natürlichen Kältemitteln arbeiten. Für Unternehmen ist das Thema nicht nur aus Umweltschutz- sondern auch aus Investitionsschutzgründen von hoher Relevanz. Denn durch die F-Gase-Verordnung der EU werden künstliche Kältemittel zunehmend schwerer erhältlich und zudem immer teurer. Das Thema der Abwärmenutzung stellt eine immense Herausforderung dar. Die Abwärme aus luftgekühlten Rechenzentren ist mit durchschnittlich 35 °C für die meisten Wärmeanwendungen zu niedrig und würde beispielsweise für die Einspeisung in herkömmliche Wärmenetze nicht ausreichen. Ein großer Vorteil der Abwärme aus Rechenzentren ist aber ihre kontinuierliche Verfügbarkeit, verbunden mit geringen saisonalen Schwankungen der Auslastung. Das macht die Abwärme von Rechenzentren interessant für andere Nutzungen.
2. Symbiose-Konzepte
Rechenzentren werden immer häufiger bei der Planung von Quartieren, die etwa aus Wohn-, Freizeit- und Gewerbeflächen bestehen, mitgedacht und mitgeplant. Ihre Leistungen werden sowohl für die privaten als auch die gewerblichen Nutzer dieser Quartiere/Campus-Anlagen gebraucht. Zudem kann die Abwärme aus dem Rechenzentrum von vornherein in das Quartiers-Energiekonzept integriert bzw. in ein lokales oder regionales Service-Konzept eingebaut werden. Lokale Dienstleistungen, regionales Datenhosting, Telekommunikation, Lieferdienste bis hin zur Kinderbetreuung sowie die Abwärmenutzung aus dem Rechenzentrum können somit als Dienstleistungen angeboten werden. Die Abwärme kann z. B. für die Produktion von Gemüse, Obst oder Fisch (Stichwort Urban Farming) gleich neben dem Rechenzentrum oder für die Erwärmung von Brauchwasser genutzt werden.
3. Unternehmen betreiben Hybrid-Modelle
Durch die Digitalisierung steigt die Nachfrage nach Cloud-Computing-Diensten und damit einhergehend nimmt die Verlagerung von Unternehmensdaten in die Cloud massiv zu. Laut Gartner werden bereits 2025 mehr als 75 Prozent aller IT-Infrastrukturen in der Cloud betrieben werden. Da aber auch die Datensicherheit ein gleichbleibend wichtiges Thema ist, setzen immer mehr Unternehmen gleichzeitig auf kleinere eigene Rechenzentren für ihre kritischen Daten.
5. Dezentralisierung
Durch den zunehmenden Einsatz von Edge Computing wird die Dezentralisierung der Rechenzentren auch 2023 weiter voranschreiten. Edge Computing ermöglicht eine schnellere Datenverarbeitung und reduziert Latenzzeiten. Die Daten werden somit näher an die Endanwender gebracht, was durch die Etablierung immer neuer datenintensiver Dienste, z. B. Streaming, notwendig ist. Diese Rechenzentren sind in der Regel kleiner als bisherige Rechenzentren, ihre Leistungsdichte aber ist deutlich höher. Die steigende Nutzung datenintensiver Dienste wirkt den Energieeffizienzgewinnen, die in Rechenzentren in den letzten Jahren erreicht wurden, massiv entgegen. Der Strombedarf von Rechenzentren steigt, auch wenn der Strom maximal effizient genutzt wird.
„Im Zuge der Dezentralisierung zeichnet sich eine weitere Entwicklung immer deutlicher ab: Unternehmen entscheiden sich häufiger für Container-Rechenzentren, die außerhalb der Unternehmensgebäude stehen und den Rechenzentrumsbedarf vor Ort vollständig abdecken. Gleichzeitig setzen immer mehr Unternehmen auf Betreibermodelle für diese Rechenzentren. Dies gilt nicht nur für Unternehmen. Auch in der Allgemeinen Verwaltungsanordnung der Bundesregierung steht klar, dass Bundesbehörden dem Benutzen den Vorzug vor dem Besitzen geben sollen“, erläutert Oliver Fronk, Teamkoordinator Sales bei Prior1.
6. Die Großen werden noch größer
Aber nicht nur die Zahl der kleineren Rechenzentren wird zunehmen, auch die Hyperscaler werden weiterwachsen. Die Nachfrage nach Cloud-Diensten und die Skalierbarkeit der IT-Infrastrukturen werden die Wachstumsraten der Hyperscaler-Rechenzentren vorantreiben. Die Zahl der Hyperscaler wird sich in Deutschland 2023 voraussichtlich auf 50 belaufen. Die Zahl der Mittelstands-Rechenzentren wird auf 500 ansteigen. Umso wichtiger wird es, dass die Rechenzentren künftig mit erneuerbarer Energie versorgt werden. Eine Verkürzung der Genehmigungsverfahren für Windparks und Photovoltaikanlagen etwa könnte dafür sorgen, dass z. B. Hyperscaler-Rechenzentren zügiger eigene Windparks und/oder Photovoltaikanlagen errichten, um ihren hohen Energiebedarf zu decken.
Quelle: Prior1 GmbH / ProComm Progressive Communications