Volle Kontrolle trotz Distanz: Grundregeln für sichere Fernwartung
Was Unternehmen bei der Auswahl von Remote-Support-Lösungen beachten sollten
Geretsried – Desktop Sharing, Fernwartung oder Remote Access: Der Zugriff auf andere Rechner per Internet ist in vielen Unternehmen längst nicht mehr wegzudenken. Was Administratoren, Support-Mitarbeitern und IT-Verantwortlichen einerseits die Arbeit bei Wartung und Updates enorm erleichtert, bringt andererseits teils erhebliche Risiken mit sich. Oft stehen vor allem Komfort und Usability im Vordergrund, während die Sicherheit vernachlässigt wird. Denn so manche weit verbreitete und auch bei Consumern beliebte Software eignet sich nur bedingt für die Nutzung mit vertraulichen Unternehmensdaten.
Hinzu kommt, dass im April 2016 die endgültige Fassung der neuen EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) verabschiedet wurde. Für Unternehmen bedeutet dies, die mit den eingesetzten IT-Lösungen verbundenen Risiken künftig noch genauer zu prüfen. Hierbei spielt auch die so genannte Pflicht zur Datenschutz-Folgeabschätzung eine Rolle.
Robert Korherr, Geschäftsführer des IT-Security-Spezialisten ProSoft, empfiehlt bei der Auswahl einer Fernwartungslösung unter anderem eine Differenzierung mit Blick auf die geplanten Einsatzszenarien.
„Ein Administrator, der auf sicherheitskritische Server-Einstellungen in einem Konzern zugreift oder Updates auf mehrere Hundert Clients ausrollt, sollte andere Anforderungen an die Sicherheit stellen, als etwa ein privater Nutzer, der per Fernwartung lediglich einen neuen Druckertreiber auf dem Rechner seiner Eltern installiert. So gesehen verwundert es, dass häufig dennoch beide Anwendergruppen identische Tools nutzen.“
Die Security-Experten von ProSoft (www.prosoft.de) haben fünf Grundregeln zusammengestellt, die Unternehmen bei der Auswahl einer professionellen Fernwartungslösung berücksichtigen sollten.
Grundregel 1) Verschlüsselung ist unverzichtbar
Wenn es bei der Fernwartung eine Regel gibt, die keine Kompromisse erlaubt, dann ist es die Frage der Verschlüsselung. Vollkommen unabhängig davon, für welche individuelle Vorgehensweise man sich entscheidet: Eine sichere und vollständige Verschlüsselung des Datenstroms ist unabdingbar. Hier sollte man darauf achten, dass die Remote-Support-Lösung bewährte Standardverfahren und -protokolle wie beispielsweise AES und TLS unterstützt. Für zusätzliche Sicherheit sorgt die Echtheitsprüfung der Schlüssel-Signaturen über ein geeignetes Zertifikats-Verfahren.
Grundregel 2) Sorgfältiger Umgang mit Berechtigungen und Zugangsdaten
Die Fernwartungslösung selbst und die entsprechenden Zugangsdaten stellen prinzipiell einen Generalschlüssel zu den Rechnern dar, auf die über die Software zugegriffen wird. Ein sorgfältiger, sicherheitsbewusster Umgang mit diesen kritischen Informationen sollte deshalb außerhalb, aber auch innerhalb des Unternehmens selbstverständlich sein. Es müssen klare Regelungen getroffen werden, welche Nutzer mit welchen Berechtigungen auf welche Rechner und Server zugreifen dürfen. Hilfreich können hier Möglichkeiten zur Zwei-Faktor-Authentifizierung, für die Einbindung von Smart Cards oder für eine Active Directory-Integration zur Verwaltung der Benutzerberechtigungen sein, sofern der entsprechende Anbieter diese vorsieht. Darüber hinaus gelten natürlich allgemeingültige Sicherheitsmaßnahmen. So muss die Fernwartung als kritische Anwendung ausreichend nach außen abgesichert werden. Passwörter und Logindaten sollten zudem nicht mehrfach für verschiedene Applikationen oder Webservices verwendet werden. Dadurch wird verhindert, dass die Kompromittierung eines einzigen Zugangs ausreicht, alle involvierten Systeme zu gefährden.
Grundregel 3) Spontan nutzbare „On-Demand-Lösungen“ mit Bedacht einsetzen
Typische „On-Demand-Fernwartungslösungen“ sind bewusst schnell, einfach und unkompliziert nutzbar. Der Anwender lädt in der Regel einen kleinen Client auf seinen Rechner, der teilweise nicht einmal installiert, sondern lediglich ausgeführt werden muss. Ein großer Vorteil solcher Lösungen ist die Möglichkeit, sie absolut spontan und ohne größere Vorbereitung einzusetzen.
Erkauft wird dies jedoch relativ teuer damit, dass der Verbindungsaufbau zwischen den beiden Rechnern über die Server des Anbieters erfolgt. Daten laufen also zwangsläufig fast immer über die Systeme eines externen Anbieters und können dort theoretisch auch ausgewertet werden.
Was beim Support oder einem rein privaten Einsatz noch tolerierbar sein mag, sollte bei einer dauerhaften geschäftlichen Nutzung kritisch hinterfragt werden. Wo stehen die Server des Unternehmens, über den die Daten laufen – dies etwa auch vor dem Hintergrund von internationalen Datenschutzabkommen wie Safe Harbor und Privacy Shield? Auf welche Weise garantiert der Hersteller den Schutz der übertragenen Daten und welche Informationen werden überhaupt gespeichert? Wichtig außerdem: Wie sieht es mit potenziellen Sicherheitslücken aus, die unbefugten Dritten den illegalen Zugriff auf die übertragenen Daten oder die ferngewarteten Rechner ermöglichen könnten?
Nutzer sollten dabei beachten, dass die Verschlüsselung bei einer „On-Demand-Fernwartung“ sowohl einen Sicherheitsaspekt als auch eine potenzielle Sicherheitslücke darstellen kann. Denn bei einer Schlüsselvergabe über den Server des Herstellers ist der Anwender letztlich gezwungen, diesem zu vertrauen – eine wirkliche Kontrolle darüber, was mit den Daten geschieht, besteht nicht. Auf diesen Aspekt verweisen unter anderem auch Datenschützer, die eine entsprechende Fernwartungssoftware kürzlich vor diesem Hintergrund als nicht sicher eingestuft haben, da eine solche Vorgehensweise bei Anwendungen mit hohem Schutzbedarf nicht hinnehmbar sei.
Grundregel 4) Bei kritischen Anwendungen: Auf Client-Server-basierte Lösungen setzen
Wer häufig unternehmenskritische Systeme und Anwendungen fernwarten möchte und deshalb hohe Anforderungen an die Sicherheit stellt, der kann auf Client-Server-basierte Fernwartungslösungen zurückgreifen. Der Vorzug dieser Lösungen: Anwender behalten zu jedem Zeitpunkt die vollständige Hoheit über ihre Daten und Einstellungen, da keine Informationen über das Servernetzwerk des Softwareanbieters laufen müssen. Dies bedeutet auch, dass Administratoren deutlich weiter reichende Möglichkeiten für individuelle Sicherheits-Konfigurationen haben, als bei On-Demand-Tools „von der Stange“.
Grundregel 5) Unbedingt auf Protokollierung der Sitzungen achten
Gerade wenn die Remote-Lösung genutzt wird, um einen Server oder gar Maschinen beziehungsweise Anlagen zu warten, ist es unerlässlich, dass alle Aktivitäten der jeweiligen Sitzung lückenlos protokolliert werden. Um das Kriterium der Nachweisbarkeit zu erfüllen, das beispielsweise eine Voraussetzung für Zertifizierungen ist, bieten sich Logfiles oder die Protokollierung durch eine Video-Funktion an. Dabei wird die Session aufgezeichnet und kann revisionssicher abgespeichert werden. Die Logfile-Analyse kann ergänzend als doppelte Protokollierung dienen und dabei helfen, unerlaubte Zugriffe in Echtzeit zu erkennen.
„Der Komfort von spontan nutzbaren Fernwartungslösungen ist gerade für kurzfristige Supportfälle unstrittig“, sagt Robert Korherr. „Wir erleben derzeit aber auch eine gewisse Renaissance im Bereich der Client-Server-basierten Systeme. Diese erfordern bei der einmaligen Einrichtung zwar etwas mehr Aufwand, können konzeptbedingt allerdings dann auch deutlich höhere Sicherheitsanforderungen erfüllen.“
Quelle: ProSoft GmbH