Hamburg – Klassische Seminare zu einem festen Zeitpunkt an einem festen Ort dürften bald der Vergangenheit angehören, wenn es nach dem Hamburger Fachverlag und Seminaranbieter Dashöfer geht. Denn: Die Digitalisierung hat Einzug in die Seminarlandschaft gehalten. Sie erlaubt flexiblere Lösungen für Lernumgebungen, etwa Lernen in einer virtual Reality und Überprüfung der Lerninhalte durch eine Künstliche Intelligenz. Laut Fabian Friedrichs werden zunächst Soft Skill-Seminare digitalisiert, also Kommunikations- und Persönlichkeitstrainings, fachspezifische Kenntnisse sind bis auf weiteres durch eine KI noch nicht optimal überprüfbar. Besonders Agenturen, Unternehmensberatungen, Versicherungen, Banken und Unternehmen, die intern viel präsentieren, sind auf starke Präsentationsfähigkeiten angewiesen.
Ein Beispiel für eine moderne Weiterbildungs-Anwendung, die erstmals VR und KI kombiniert, ist EasySpeech für die Virtual-Reality-Brille Oculus Go. Nutzer laden ihre eigene Präsentation in die App oder halten eine Stegreifrede in einem realitätsnahen Seminarraum vor lebensechten Zuhörern. Eine Künstliche Intelligenz bewertet den Vortrag. Laut Fabian Friedrichs könnten „Soft-Skill-Trainer bis 2025 komplett durch virtuelle Lernumgebungen ersetzt werden“. Dafür nennt er sieben Gründe.
Virtuelle Seminare sind flexibel und kostengünstig
Präsenzseminare finden zu festen Zeiten statt und sind kosten- und zeitintensiv. Ein Seminar kostet im Schnitt 800 Euro pro Mitarbeiter, hinzu kommen Reise- und eventuell Hotelkosten. Inhouse Seminare schlagen mit rund 3.000 Euro zu Buche. Fortbildungen in virtuellen Realitäten sind orts- und zeitflexibel nutzbar. Die Investitionen beschränken sich auf längerfristig gültige Lizenzen für mehrere Mitarbeiter.
Realitätsnähe im geschützten Raum
Nicht jeder Mitarbeiter geht in einem Präsenzseminar vor unbekannten Teilnehmern aus sich heraus. Eine VR-Anwendung bietet einen geschützten, anonymen Raum, in dem Teilnehmer eine realitätsnahe Situation ohne Versagensängste erleben. In EasySpeech wurden eigens Störungen wie Zwischenrufe oder Handyklingeln programmiert, um souveräne Reaktionen zu trainieren. Eine virtuelle Lernumgebung in Kombination mit Künstlicher Intelligenz kann so Redeangst wirksam reduzieren.
VR-Technologien sind kombinierbar
Eine Virtual-Reality-Anwendung ist mit anderen Technologien kombinierbar. Dashöfer hat sie zum Beispiel mit einer Künstlichen Intelligenz verknüpft, die jedes einzelne Wort der Präsentation auswertet. In der VR-Brille erhält der oder die Vortragende eine erste Bewertung nach Kriterien wie Redegeschwindigkeit, Blickkontakte, Aussprache oder Füllwörter. Details finden sich im Web unter www.training-vr.de in Form von Grafiken. Außerdem kann der Redner seine Präsentation im Web nochmals komplett anhören.
Die Vergessenskurve wird ausgetrickst
Lerninhalte eines Seminars werden in der Regel rasch wieder vergessen – vor allem Soft-Skill-Themen, die nicht zeitnah im Alltag eingesetzt und gefestigt werden können. Dieses Phänomen beschreibt die Ebbinghaus’sche Vergessenskurve, benannt nach dem deutschen Psychologen Hermann Ebbinghaus. Danach hat der Mensch nach rund 20 Minuten frisch Gelerntes zu 40 Prozent wieder verlernt, nach einem Tag sind es 65 Prozent, nach sechs Tagen 77 Prozent. Ein wirksamer Tipp gegen das Vergessen sind Wiederholungen und Trainings, wie sie eine virtuelle Realität unkompliziert möglich macht.
Immersion und Gamification mit VR fördern die Konzentration
Bei Soft-Skill-Trainings sollen Teilnehmer über längere Zeiträume ihre innere Einstellung ändern und eine positive Veränderung herbeiführen. Das erfordert eine hohe Konzentration, die in einer fesselnden virtuellen Umgebung gut zu erreichen ist, Stichwort Immersion. Dabei tauchen Nutzer in eine Parallelwelt ein, ähnlich wie im Gaming.
Modularer Aufbau und erweiterbare Inhalte
Digitale Lernmodule können in verschiedenen Schwierigkeitsstufen angeboten und flexibel erweitert werden. EasySpeech bietet zum Beispiel verschiedene Schwierigkeitsgrade für die Vortragstrainings sowie aufeinander aufbauende Web-Video-Module mit Rhetorikwissen.
Virtual Reality und Künstliche Intelligenz entwickeln sich rasant
In Deutschland wurden mit Virtual Reality (VR) 2018 rund 116 Millionen Euro erlöst – ein Plus von 38 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, so eine aktuelle Studie des Beratungshauses PwC. Die noch junge Technologie VR soll laut PwC bis 2023 ein jährliches Wachstum von durchschnittlich 19 Prozent erzielen. Die Treiber: Die VR-Hardware wird günstiger und der Mobilfunkstandard 5G sorgt dafür, dass immer mehr Menschen VR-Geräte auch außerhalb des Heimnetzes nutzen. Auch die Künstliche Intelligenz entwickelt sich weiter. In absehbarer Zeit werden neben rhetorischen Kriterien auch die Inhalte von Vorträgen durch KI bewertet werden können.
Quelle: Agentur Frau Wenk +++ GmbH