- Neuer Commerzbank-Sektorbericht Automobilzulieferer 2018
- Prognose: Rekordumsatz der Branche in Deutschland 2018 bei 84 Mrd. Euro (Vorjahr: 79,8 Mrd. Euro), Steigerung um 5,4 %
- Trend zur Konsolidierung durch Digitalisierung: Zahl kleiner und mittelgroßer Unternehmen sinkt bis 2025 um bis zu 30 %
- Neue Formen der Mobilitätsdienstleister entstehen, Batterieproduktion erfordert dringend Investitionen
Zwischen innovativer Mobilitätswelt und neuem Ökosystem
Trotz des Strukturwandels innerhalb der Branche verläuft die Entwicklung des deutschen Automobilzulieferer-Sektors bisher unverändert positiv. „Wir erwarten für den Automotive-Sektor in diesem Jahr einen erneuten Umsatzrekord, und zwar dieses Mal in Höhe von 84 Mrd. Euro. Im Vorjahresvergleich ist das ein Plus von 5,4 %. Aufgrund negativer Effekte aus Wechselkursen, gestiegener Rohstoffkosten, hoher Investitionskosten und insbesondere aufgrund steigender Forschungs- und Entwicklungskosten gehen wir ab 2018 von einer Verschlechterung der Ertragslage aus. Dies wurde in den Anpassungen der Prognosen für das laufende Geschäftsjahr von mehreren börsennotierten Zulieferern bereits reflektiert“, erläuterte Cedric Perlewitz, Sektor-Head Automotive & Transport der Commerzbank.
Mit zunehmend strengeren gesetzlichen Vorgaben für den erlaubten Ausstoß von Schadstoffen sind Autohersteller weiterhin gefordert, ihren Strategiewandel zur Elektromobilität zu beschleunigen. „Die Digitalisierung schlägt ein neues Kapitel der Mobilität auf. Neue sektorübergreifende Wettbewerber, wie etwa Internet-, Tech-, und Consumer-Electronics-Unternehmen oder neue auf reine Elektromobilität spezialisierte Hersteller, konkurrieren bei zukünftigen Geschäftsmodellen mit den bereits etablierten Playern. Alle wollen sich einen Teil des neuen Mobilitätskuchens sichern“, so Perlewitz weiter.
Um dem digitalen Umbruch der Automobilindustrie standzuhalten, sind enorme Investitionskosten erforderlich. Dies wird dem Bericht zufolge zu Konsequenzen führen: „Wir erwarten hier weiter branchenüberschreitende Transaktionen, bei denen die Digitalisierung der Auslöser ist. Die zunehmende Softwarekompetenz spielt dabei eine entscheidende Rolle, um das Auto mit der ,Außenwelt‘ zu vernetzen“, führte Perlewitz aus. Dabei werden sowohl verstärkte strategische Kooperationen als auch Minderheitsbeteiligungen entstehen, insbesondere aber werden weiter Cross-Border-M&A-Aktivitäten vorallem von China nach Deutschland erwartet.
Trend: Konsolidierung durch Digitalisierung
Eine Herausforderung für Autokonzerne könnte der anstehende Konsolidierungsprozess darstellen. Bereits 2016 sagen Struktur-Management-Partner (SMP) und das Institut für Automobilwirtschaft (IfA) in einer Studie voraus, dass die Zahl kleiner und mittelgroßer Unternehmen bis 2025 um bis zu 30 % sinken wird. Mittelfristig wird die Verpflichtung zur Wertschöpfung auf den jeweiligen Absatzmärkten zu einem Anstieg der lokalen Beschaffungsquote von derzeit 40 bis 50 % auf Werte von 80 bis 90 % führen. Tiefenlokalisierung, das heißt die Nutzung von Bezugsquellen in der jeweiligen Region, gewinnt somit an Bedeutung.
Die Digitalisierung verändert zudem die bisherigen Wertschöpfungsstrukturen. Sie führt weg von der klassischen Lieferkette hin zu flexiblen Produktionsnetzwerken und zum Einzug von Software. Erfolgreiche Zulieferer nutzen die Digitalisierung aktiv. Sie transformieren nicht nur ihre Produktionsabläufe in Abstimmung mit den Kundenerfordernissen, sondern erkunden auch systematisch, welche innovativen Möglichkeiten Digitalisierung für ihre Produktpalette bis hin zu den Geschäftsmodellen eröffnet.
Elektromobilität beschleunigt Strategiewandel
Elektromobilität wird im Automotive-Sektor an Bedeutung gewinnen. Wichtiger Treiber der technischen Entwicklung und des Wandels ist die Regulierung. Es herrscht eine große Ungewissheit in einer Zeit der disruptiven Entwicklung: „Neben der Verfügbarkeit effizienter Technologien – in diesem Fall für Batterien beispielsweise die Energiedichte und Reichweite – muss die Lösung wirtschaftlich sinnvoll für den Kunden sein“, betonte Perlewitz. Hierbei ist die Gesamtkostenperspektive für die besonders wichtige Kundengruppe der Flottenbetreiber entscheidend.
„Wir beobachten, dass die Unternehmen ihre Strategie in dem Sektor neu aufstellen – auch durch Aufspaltungen, um effizienter und agiler auf diese Entwicklungen reagieren zu können“, so Perlewitz.
Batterieproduktion erfordert heute Investitionen
Die Batterietechnik als wichtigster Treiber der Automobilindustrie stellt den zentralen Forschungsschwerpunkt der Branche dar. Zu hohe Preise, eine zu geringe Reichweite und lange Ladezeiten stehen dem Masseneinsatz von Elektroautos noch im Wege. Die Verfügbarkeit des Schlüsselrohstoffes Lithium, der für den Akkubau benötigt wird, ist dem Commerzbank-Sektorbericht zufolge gesichert. Forschungsziel bleibt, langfristig den Anteil am teuren Kobalt zu substituieren ohne die thermische Stabilität oder die Anzahl möglicher Ladezyklen negativ zu beeinflussen. Die Absicherung der Wertschöpfungskette ist ein weiterer wichtiger Strategiezug der Automobilhersteller und -zulieferer. Besonders durch ausländische Marktteilnehmer finden bereits heute hohe Investitionen auch in Europa und Deutschland statt.
„Die Unternehmen stehen vor der Entscheidung zwischen dem richtigen Zeitpunkt von Investitionen und dem notwendigen Technologiesprung. Die Positionierung auch deutscher Automobilhersteller und -zulieferer für die nächste Batteriegeneration, die sogenannten Feststoffzellen, hat bereits begonnen, um sich mittelfristig von asiatischen Anbietern unabhängiger machen zu können“, fasste Perlewitz zusammen.
Quelle: Commerzbank