85 Prozent der Unternehmen rechnen mit Auskunftsansprüchen
Köln – Entgelttransparenzgesetz – ein Wort, das derzeit wie eine Drohung über einigen Unternehmen schwebt. Das muss aber nicht sein, wie die Personal- und Managementberatung Kienbaum in ihrer aktuellen Umfrage zur Umsetzung des Gesetzes unter 104 Teilnehmern feststellt: Zwar rechnet die deutliche Mehrheit der Befragten mit Fragen zu Auskunftsansprüchen, doch treffen diese die meisten Unternehmen nicht unvorbereitet. Der Kienbaum-Studie zufolge bereiten sich 70 Prozent der befragten Unternehmen konkret auf das Entgelttransparenzgesetz vor.
Kleinere Unternehmen sind häufig nicht vorbereitet
Seit dem 6. Januar dieses Jahres haben Angestellte die Möglichkeit, einen individuellen Auskunftsanspruch geltend zu machen – und bisher sind es laut Studie eher die großen Unternehmen mit durchschnittlich 5.400 Mitarbeitern, die sich konkret auf den Umgang mit dem Entgelttransparenzgesetz vorbereiten. Organisationen, die sich noch nicht konkret auf das Gesetz vorbereitet haben, sind mit 1.330 Mitarbeitern deutlich kleiner.
„Unsere Studie zeigt, dass viele Unternehmen einen hohen Aufwand betreiben, um sich auf das Gesetz vorzubereiten. Firmen, die sich mit dem Gesetz auseinandergesetzt haben, haben im Schnitt rund 15 Personentage im Zusammenhang mit der Vorbereitung auf das Gesetz und die Umsetzung von Maßnahmen investiert“, sagt Sebastian Pacher, Vergütungsexperte bei Kienbaum. „Kleineren Unternehmen, die oft noch keine strukturierten Vergütungssysteme etabliert haben, fehlen häufig die Grundlagen und die Ressourcen, um sich ausreichend mit dem Gesetz auseinanderzusetzen. Diese Problematik zeigt sich nun auch in den Ergebnissen unserer Studie“, so Pacher weiter.
Erfahrung und Erwartung driften auseinander
In den meisten Unternehmen (67 Prozent) gibt es bisher noch keine konkreten Anzeichen dafür, dass Mitarbeiter den individuellen Auskunftsanspruch geltend machen wollen. Dennoch erwartet der Großteil der Studienteilnehmer, dass Fragen zum individuellen Auskunftsanspruch eingehen werden, unabhängig davon, wer (Betriebsrat oder Arbeitgeber) für das Verfahren zum individuellen Auskunftsanspruch verantwortlich ist. Die meisten Arbeitgeber haben jedoch das Verfahren an sich gezogen (49 Prozent) beziehungsweise haben dies zukünftig vor (37 Prozent). „Die Unternehmen, die das Verfahren beim Betriebsrat belassen, haben mit durchschnittlich nur sieben Personentagen deutlich weniger Zeit für die Vorbereitung und Umsetzung von Maßnahmen des Entgelttransparenzgesetzes aufgewendet“, sagt Neele Siemer, Vergütungsexpertin bei Kienbaum.
Konkrete Maßnahmen sind noch oberflächlich
Die befragten Unternehmen bereiten sich vor allem mit Hilfe von besuchten Schulungen, Vorträgen und Seminaren vor und tauschen sich mit anderen Unternehmen zum Umgang mit dem Gesetz aus. „Nur sehr wenige Unternehmen nehmen jetzt schon konkrete Maßnahmen oder gar Änderungen des Systems vor, um den Anforderungen des Gesetzes gerecht zu werden“, sagt Neele Siemer. „Viele Organisationen warten zunächst ab und stellen erst einmal nur die notwendigen Informationen und Daten zusammen, um auf die Beantwortung möglicher Auskunftsverlangen vorbereitet zu sein“, so Siemer weiter. Nur fünf Prozent der Organisationen haben bisher überprüft, inwieweit insbesondere leistungs-, arbeitsmarkt- und arbeitsbezogene Einflusskriterien unterschiedliche Entgelte bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit rechtfertigen können. Dies ist laut Neele Siemer überraschend, denn letztlich wird die Rechtfertigung von Entgeltunterschieden ein wesentlicher Punkt bei der Beantwortung des Auskunftsverlangens sein.
Quelle: Kienbaum Consultants International