Unternehmerisches Fehlverhalten steht immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit, so wie jüngst der VW-Abgasskandal. Für die betroffenen Unternehmen geht damit meist nicht nur ein großer Imageschaden einher, sondern auch beträchtliche finanzielle Konsequenzen. Um diese abzumildern und die Existenz des Unternehmens nicht zu gefährden, werden seitens der betroffenen Unternehmen regelmäßig auch gegen die handelnden Personen in den eigenen Entscheidungs- und Kontrollgremien persönliche zivilrechtliche Haftungsansprüche geltend gemacht (sog. Manager- oder Organhaftung). Aufgrund zunehmender gesetzlicher Haftungsverschärfungen (u. a. Restrukturierungsgesetz) sowie einer steigenden Zahl von Klagen gegen Vorstände, Aufsichtsräte oder Geschäftsführer gewinnt die „Directors-&-Officers-Versicherung (D&O)“ zunehmend an Bedeutung.
Versicherungsnehmer ist in der Regel das Unternehmen. Zu den versicherungsfähigen Personen zählen Vorstände und Aufsichtsräte einer AG, die Geschäftsführung einer GmbH sowie die Organe von Genossenschaften, Verbänden, Stiftungen und Vereinen. Auch leitende Angestellte gehören zum Kreis der potentiellen Versicherungsnehmer. Teilweise werden Organe wie Bei- und Aufsichtsräte auch auf freiwilliger Basis eingerichtet – auch für solche Fälle ist eine D&O-Versicherung ratsam.
Bei der D&O-Versicherung wird grundsätzlich zwischen Innen- und Außenhaftung unterschieden. Bei der Außenhaftung werden Haftungsansprüche durch Drittparteien geltend gemacht, beispielsweise durch geschädigte Vertragspartner. Der weitaus größere Teil der Versicherungsfälle betrifft jedoch die Innenhaftung. Hierbei werden die versicherten Organe gegen Ansprüche ihrer Gesellschaft, vertreten durch ein anderes Organ, geschützt. Beispielsweise besteht in der Regel eine Verpflichtung des Aufsichtsrats durchsetzbare Schadenersatzansprüche gegen seinen Vorstand geltend zu machen (BGH-Urteil v. 17.04.1997, Az.: II ZR 175/95).
Die D&O-Versicherung schützt jedoch nicht nur bei der Abwehr unberechtigter Forderungen, sondern grundsätzlich auch im Haftungsfall, das heißt, wenn eine fahrlässige Pflichtverletzung festgestellt wird. Die Pflichtverletzung kann sich aus der Verletzung gesetzlicher Einzelpflichten oder sonstiger Verhaltens- und Sorgfaltspflichten (bspw. business judgement rule) ergeben. Wird eine Entscheidung hingegen im Rahmen des unternehmerischen Gestaltungsspielraums getroffen oder wird ein Mitverschulden der Gesellschaft, zum Beispiel wegen fehlender Aufsicht, festgestellt, kann eine schuldhafte Pflichtverletzung ausgeschlossen sein. Unerfahrenheit bzw. mangelnde Fähigkeiten sind hingegen keine Ausschlussgründe. Grundsätzlich liegt die Beweislast beim Unternehmen, das pflichtwidrige Handeln und Verschulden des beklagten Organs wird jedoch regelmäßig vermutet. Ist dies streitig, liegt die Beweislast beim beklagten Organ (BGH-Urteil vom 4.11.2002, AZ II ZR 224/00).
Erwähnenswert ist darüber hinaus, dass die D&O-Versicherung auf dem sog. claims-made-Prinzip (Anspruchserhebungsprinzip) basiert. Das heißt: Der Versicherungsfall tritt ein, wenn ein Anspruch gegen die versicherte Person geltend gemacht wird. In diesem Zusammenhang gilt daher vor allem der Versicherungszeitraum zu beachten: Denn grundsätzlich kann sowohl eine Rückwärtsversicherung als auch eine Nachversicherung vertraglich eingeschlossen werden. Daneben sind in der Regel auch Tochterunternehmen sowie Mandate der versicherten Personen in anderen Aufsichts- und Beiräten mitversichert (ODL-Deckung). Ausgeschlossen sind hingegen Vorsatz und Wissentlichkeit, Strafen, Bußen und Entschädigungen mit Strafcharakter sowie Schäden in den USA und Ländern mit vergleichbarere Rechtsordnung.
Zum Autor:
Jörg Bringmann ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der Kasseler Wirtschaftskanzlei DWAZ. Er ist vor allem auf dem Gebiet der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung mittelständischer national und international agierender Unternehmen und öffentlicher Betriebe tätig. Rund neun Jahre arbeitete Bringmann bei einer der Big-Four-Prüfungsgesellschaften, davon die letzten Jahre in leitender Position.