Das Verarbeitende Gewerbe profitiert zudem vom schwachen Euro und der anziehenden Nachfrage nach Produkten „Made in Germany“
Frankfurt/Main – Die deutsche Industrie hat sich von ihrem Wachstumspfad auch zum Ende des 3. Quartals nicht abbringen lassen. Allerdings ist die Steigerungsrate im September etwas geringer ausgefallen. Das signalisiert der finale saisonbereinigte Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI), der gegenüber August um 1,0 Punkte auf 52,3 gesunken ist. Ungeachtet dessen fällt der Durchschnittswert für das 3.Quartal mit 52,5 so gut aus wie seit über einem Jahr nicht mehr. Darüber hinaus notiert das wichtige Industriebarometer mittlerweile bereits den zehnten Monat in Folge über der neutralen Marke von 50, ab der Wachstum angezeigt wird. Der EMI spiegelt das Umfrage-Ergebnis unter mehr als 500 Unternehmen zur Entwicklung des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland in einem Wert wider.
„Die anhaltend positive Entwicklung des Verarbeitenden Gewerbes in Deutschland lässt uns auch für den Rest des Jahres optimistisch bleiben“, betonte Dr. Christoph Feldmann, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), am Freitag in Frankfurt. Erfreulich sei zudem, dass die Einkaufspreise dank sinkender Energie- und -rohstoffpreise sowie auch aufgrund der verbesserten Verfügbarkeit einzelner Commodities erneut kräftig sanken.
„Trotz heftiger Börsenturbulenzen hat sich der EMI im September recht ordentlich gehalten und signalisiert weiter Wachstum. Auch Dieselgate scheint zumindest bislang für die deutsche Industrie noch kein gravierender Belastungsfaktor zu sein“, sagte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, dem BME. Es sei zwar davon auszugehen, dass es zu Segmentverschiebungen innerhalb der unterschiedlichen Kraftstoffgruppen kommen werde, wovon vermutlich auch unterschiedliche Zulieferer betroffen seien. „Insgesamt erachten wir den Schaden für die deutsche Volkswirtschaft jedoch als begrenzt“, zeigte sich Traud optimistisch. Das deutsche Wachstum dürfte ihrer Ansicht nach sowohl in diesem als auch im nächsten Jahr über Potenzial liegen, so dass weiterhin Arbeitsplätze geschaffen werden. Allerdings sollten 2016 sowohl die Arbeitslosenquote als auch die Zahl der Jobsuchenden aufgrund der hohen Flüchtlingszahlen, die dann auch auf den Arbeitsmarkt drängen werden, zunehmen. „Bei derzeit rund 600.000 offenen Stellen in Deutschland liegt die Angebots-/Nachfragediskrepanz vermutlich sehr hoch“, so Traud abschließend.
Auch für Dr. Ulrich Kater wird „der Dieselgate-Skandal keine gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen haben“, sagte der DekaBank-Chefvolkswirt dem BME. Dazu reichten zum einen die zu erwartenden Absatzeinbußen auf einzelnen Automärkten einfach nicht aus. Zum anderen stehe einer schwächeren Nachfrage nach Industriegütern aus den Schwellenländern eine kräftige Konjunktur in den USA und in Euroland gegenüber, wie auch die jüngsten Ergebnisse der EMI-Umfrage zeigten. Die deutsche Industrie müsse weiterhin Anstrengungen unternehmen, um den sich immer schneller ändernden Anforderungen der Weltmärkte gerecht zu werden. Made in Germany habe aber nicht ausgedient. Auch zeige die Diskussion um die Automobilproduktion, wie stark Deutschland an der Industrie hängt. „Mit dem gegenwärtigen binnenwirtschaftlichen Aufschwung werden aber auch gerade die Dienstleistungssektoren in Deutschland gestärkt“, so Kater weiter.
„Im laufenden Jahr ist die Wirtschaft gut unterwegs. Das Exportgeschäft hat zuletzt spürbar vom schwächeren Euro profitiert, aber auch von den Kaufkraftgewinnen vieler wichtiger Handelspartner infolge des Ölpreiseinbruchs. Damit läuft es für das Jahr 2015 weiterhin auf 1,8 Prozent Wachstum hinaus“, kommentierte DIHK-Konjunkturexperte Dr. Dirk Schlotböller die aktuellen EMI-Daten. Fraglich sei, ob die Wirtschaft den Schwung halten könne. Die nächsten Wochen würden zeigen, ob der kleine Dämpfer bei den Auftragseingängen nur eine Momentaufnahme sei.
Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:
Industrieproduktion: Das 29. Produktionswachstum in Folge fiel im September zwar schwächer aus als im August, die Steigerungsrate blieb jedoch über dem bisherigen Jahresdurchschnitt. Über ein Viertel der Befragten, die mehr herstellten als im Vormonat, begründeten dies entweder mit dem Abarbeiten der Auftragsbestände oder mit der guten Auftragslage.
Auftragseingang: Beim Neugeschäft verbuchten sowohl Global Player als auch KMU zum zehnten Mal in Folge ein Plus. Die Steigerungsrate war trotz leichter Verringerung gegenüber August die zweithöchste seit 17 Monaten. Am besten schnitt in dieser Kategorie der Konsumgüterbereich ab.
Der schwache Außenwert des Euro sowie die anziehende Nachfrage aus den USA hielten das Exportneugeschäft auf Wachstumskurs.
Beschäftigung: Der Beschäftigungsaufbau setzte sich im Berichtsmonat zum zwölften Mal hintereinander fort. Knapp 14 Prozent der Umfrageteilenehmer berichteten von Zuwächsen, und nur bei neun Prozent kam es zu Entlassungen. Im Konsumgüterbereich wurden am meisten neue Stellen geschaffen.
Einkaufs-/Verkaufspreise: Vor allem wegen der Verbilligung von Energie und mineralölbasierten Produkten, aber auch aufgrund der verbesserten Verfügbarkeit von Rohstoffen, sanken die Einkaufspreise zum zweiten Mal hintereinander und zwar so stark wie zuletzt vor sieben Monaten.
Die Verkaufspreise wurden im September erstmals seit sieben Monaten wieder geringfügig reduziert. So gaben einige Unternehmen die rückläufigen Einkaufspreise an ihre Kunden weiter, andere senkten ihre Verkaufspreise infolge des hohen Wettbewerbsdrucks.
Der Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt. Er wird von der britischen Forschungsgruppe Markit Economics, Henley-on-Thames, erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (Markit U.S.-PMI).
Quelle: Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)