Impfpflicht für Arbeitnehmer? – Viele Arbeitnehmer werden sich impfen lassen müssen!
Die Politik betont immer wieder, dass es keine Impflicht gebe und keine Impflicht geben werde. So weit, so gut. Aber stimmt das wirklich? ETL– Rechtsanwaltsexperte Dr. Uwe Schlegel erklärt die arbeitsrechtlichen Hintergründe:
Wenn in diesen Tagen das Impfmobil in die Alten- und Pflegeheime kommt, um deren Bewohner zu impfen, gerät schnell etwas aus dem Blick. Um die betagten und häufig zugleich an Vorerkrankungen leidenden Menschen effektiv vor dem Coronavirus zu schützen, wird es wahrscheinlich nicht ausreichen, nur die Bewohner der Alten- und Pflegheime zu impfen. Ganz entscheidend für einen umfassenden Schutz der älteren Menschen dürfte sein, dass auch das in den Einrichtungen tätige Personal geimpft wird. Da schrecken Meldungen auf, wonach es in einigen Einrichtungen unter der Belegschaft nur eine Impfbereitschaft von 50% oder etwas mehr geben soll. Das dürfte nicht ausreichend sein, um die in den Heimen lebenden Menschen ausreichend vor einer Ansteckung mit dem Virus zu schützen. Die nicht geimpften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Alten- und Pflegeheimen stellen eine ganz besonders große Gefahr für die betagten Menschen dar. Was heißt das dann für die Arbeitnehmer, die sich nicht impfen lassen wollen, weil sie die mit der Impfung etwaig verbundenen Nebenwirkungen fürchten?
Wie in so vielen Bereichen im Zusammenhang mit dem Coronavirus betreten wir auch bei der Frage nach den arbeitsrechtlichen Konsequenzen einer fehlenden Impfbereitschaft unter Arbeitnehmern – jedenfalls in Teilen – juristisches Neuland. Und wie häufig bei rechtlichen Fragestellungen wird es auf den Einzelfall ankommen. Ziemlich sicher ist, dass sich eine Kassiererin bei REWE, ein Automechaniker in der Kfz-Werkstatt oder etwa die Justizangestellte bei Gericht keine Sorgen machen müssen. Diesen und mit ihnen vergleichbaren Personen dürfte es frei stehen, sich impfen zu lassen. Möglicherweise wird für derartige Personen bzw. solche Berufe noch länger eine Maskenpflicht bestehen. Mehr haben die betroffenen Arbeitnehmer nicht zu befürchten.
Wie aber steht es um die Arbeitnehmer, die einem Beruf nachgehen, der in besonderem Maße geeignet ist, andere Menschen durch Übertragung des Virus zu gefährden? Wie steht es um den erwähnten Alten- und Krankenpfleger, die Krankenschwester, den Rettungssanitäter, die Erzieherin in der Kita oder den Schulbusfahrer? Natürlich müssen sich auch diese Personen streng genommen nicht impfen lassen. Denn es besteht ja keine Impflicht. Andererseits darf man daran zweifeln, ob diese Arbeitnehmer zukünftig – arbeitsrechtlich betrachtet – die von ihnen geschuldete Arbeitsleistung ordnungsgemäß erbringen können, wenn sie ungeimpft bleiben wollen und damit ein potentielles und außergewöhnlich hohes Krankheitsrisiko für andere Menschen darstellen. Das liefe auf einen mittelbaren Impfzwang hinaus. Denn wenn der Arbeitnehmer im ungeimpften Zustand seine Arbeitsleistung nicht rechtlich einwandfrei anbietet, verliert der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Arbeitsentgelt. Rechtlich – zumindest in Teilen – vergleichbar einem unentschuldigten Fehlen am Arbeitsplatz. Das wird der eine oder andere Arbeitnehmer zu Recht als Zwang zur Impfung verstehen.
Am Ende dürfte natürlich die Medizin ein gehöriges Wörtchen bei der hier diskutierten Frage nach einem (mittelbaren) Impfzwang mitreden. Wenn sich nämlich herausstellen sollte, dass die Impfung lediglich vor der Erkrankung schützt, nicht aber verhindert, dass der Geimpfte das Virus überträgt, hätte sich das Thema Impfzwang selbstredend erledigt. Gleiches wäre vermutlich dann der Fall, wenn es aufgrund der Bereitschaft vieler anderer Menschen, sich impfen zu lassen, eine sog. Herdenimmunität geben sollte.
Hintergrund
Alle wichtigen Fragen und Antworten zur Impfung gegen das Coronavius/Covid19 sind hier abrufbar: https://www.etl-rechtsanwaelte.de/aktuelles/rechtliche-fragen-und-antworten-zur-impfung-gegen-das-coronavirus-covid-19
Quelle: ETL AG