Deutschland ist in Shoppinglaune. Ob Waschmaschine, die neueste Modekollektion oder das nächste Teamretreat – der Onlinehandel bricht weiterhin neue Rekorde. Komfort, Flexibilität, ein gutes Preis-Leistungsangebot sind Motive, die Kunden und Interessenten immer wieder in die Onlineshops locken. 98 Prozent der Internetnutzer kaufen mittlerweile online ein; drei von vier sogar mehrmals im Monat. Ist das virtuelle Einkaufen schon seit Jahren fest im privaten Alltag integriert, bleibt das Potenzial im gewerblichen Bereich noch weitestgehend ungenutzt. Obwohl die Unterschiede zwischen B2B und B2C Onlinehandel mitunter gravierend sind, können beide Shopkonzepte voneinander lernen, um ihre Usability und damit das Lead-Potential weiter zu stärken.
Einfach und pragmatisch versus emotionales Storytelling
B2B-Commerce gewinnt zunehmend an Relevanz. Viele Strategien zielen dabei auf eine Marktplatzstrategie ab, bei dem Partner und Lieferanten direkt ins Boot geholt werden, um Kunden eine möglichst zentrale Anlaufstelle für alle Bedürfnisse zu ermöglichen. Einige Betreiber wie Metro, Würth oder Thomas Krenn haben sich schon gut positioniert, dennoch ist für viele Zulieferer noch deutlich Luft nach oben und damit auch Handlungsbedarf gegeben. Denn diejenigen, die noch gar keine digitalen Präsenzen haben, werden bereits mittelfristig durch das Raster fallen. Das gilt vor allem für die jungen Zielgruppen, die mit Onlineshopping aufgewachsen sind. Sie wollen schlanke, effiziente und schnelle Geschäftsprozesse und fordern das auch von ihren Zulieferern. Dennoch werden hier die weitaus komplexeren Anforderungen zur Herausforderung.
Onlineshops für Endverbraucher werden täglich im hohen Maße frequentiert. In ihrer Ansprache einer breiten Zielgruppe sind die Produkte in der Regel kaum erklärungsbedürftig. Mit Storytelling und Emotional Commerce wollen Betreiber ein spezifisches Konsumerlebnis aufgreifen, ein individuelles Lebensgefühl kreieren, das den Kunden in die einzigartige Markenwelt eintauchen lässt und bestimmte Bedürfnisse weckt. Weniger Fotos, dafür mehr Text – in ihrer Natur setzen B2B-Shops bisher weniger auf Emotionen. Service und Support spielen hier die entscheidende Rolle, denn oft sind die Produkte oder Dienstleistungen wesentlich erklärungsbedürftiger und komplexer oder gesamte Prozessabläufe hängen davon ab, wann ein Produkt geliefert wird beziehungsweise Lieferzeit und Lieferort genau zu definieren. Auch ist der Transport mitunter mit anderem Volumen verknüpft und erfordert daher spezielle Infrastruktur. Auch die Produktpalette ist in der Regel wesentlich kleiner und kann mitunter sogar in den Nischenbereich fallen. Eine gezielte Überzeugung dieser sehr kleinen Zielgruppe ist meistens nicht mehr nötig. Die Nachfrage entspringt hier auf der Suche nach Inspiration, sondern ist ein konkreter Bedarf.
Chance für Kundenbindung im B2B und B2C
Ein überzeugendes Preis-Leistungsangebot ist heute nicht mehr ausreichend, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Der Schlüssel liegt neben dem Spaßfaktor in der userfreundlichen Konfiguration, die den Auswahl- und Kaufprozess so einfach und möglichst intuitiv leitet. Ein Beispiel für einen besonders emotionalisierenden B2C-Shop ist der Fanshop von Borussia Dortmund. Das Potential digitalisierter Prozesse zwischen Händlern und Herstellern ist ebenso vielversprechend wie im B2C-Onlinehandel und bietet vielfältige Möglichkeiten, eine besondere Kundenbindung aufzubauen und eine nachhaltige Steigerung des Umsatzes zu erreichen. Der B2B E-Commerce setzt hier häufig auf eine Kombination aus Produktionsverkauf und Lösungsanbieter. Neben der Optimierung des Shops, zum Beispiel über responsives Design und dezidierte Benutzerführung, können Sonderfeatures wie Staffelpreise, automatische Wiederbestellung nach Lagerverfügbarkeit oder Anwendungsberatung über Erfolg und Misserfolg aller Werbemaßnahmen entscheiden.
1. Kunden im Fokus
Der entscheidende Vorteil im B2C-Segment ist der starke Fokus auf die relevanten Zielgruppen mit Hilfe innovativer Cross-Channel-Commerce-Ansätze. Wohingegen sich B2B-Lösungen noch sehr stark an den eigenen Organisations- und Prozessstrukturen orientieren.
2. Content mit Mehrwert
Über klassische Produktbeschreibungen hinausreichender Content kombiniert mit einer nahtlosen Integration von Content und Commerce zeichnet den Erfolg im B2C-Umfeld aus. Diesen Ansatz sollten auch B2B-Shops für sich nutzen und zielgruppengerechte Inhalte in einen passenden Rahmen einbetten.
3. Omnichannel-Denken
Erfolgreiche B2C-Shops bieten zunehmend nahtloses Einkaufen über verschiedene Touchpoints (on- und offline) hinweg. Auch B2B-Kunden lassen sich durch die Kanäle treiben und erwarten ein übergreifendes Gesamtangebot. Zum Beispiel wird für gewerbliche Einkäufer das Smartphone oder Tablet nicht nur zur Sammlung von Informationen interessant, sondern gewinnt gerade auch im Kaufprozess an Bedeutung – äquivalent dem Endverbraucher-Segment.
4. Analyse relevanter Daten
Nach welchen Produkten oder Services wird gezielt gesucht? Wo wird die Customer Journey abgebrochen? Welcher Kanal wird für die Abwicklung des Kaufprozesses am meisten genutzt? Eine systematische Erfassung und Auswertung aller Kunden-Aktivitäten ist die Entwicklung von Persona wettbewerbsentscheidend. Nur so können Marketing- und Sales-Strategien an die tatsächlichen Bedürfnisse der Kunden angelegt werden.
5. Kundenservice und Community-Management
Der Aufbau eines positiven Markenimages, ansprechende Produkt- und Erklärvideos und ein umfänglicher Kundensupport, der sich an die Gewohnheiten der Kunden anpasst. Was sich im B2C-Bereich bereits flächendeckend etabliert hat und zum Standard gehört, spielt zunehmend im B2B-Commerce eine ebenso gewichtige Rolle.
Quelle: Gerrit Kuntz