Im Schatten großer Konzerne wie Amazon und Zara untergehen: Vor diesem Schicksal wollen Michael Schwienbacher und eine Gruppe von Unternehmern mittlere regionale Mittelständler bewahren.
Konzerne wie Amazon und Zara werden immer mächtiger. Was bedeutet das für regionale kleine und mittlere Unternehmen?
Es ist bekannt, dass kleine und mittlere Unternehmen oftmals dem Wettbewerb zu den Großunternehmen nicht gewachsen sind. Denn die überregional agierenden Konzerne haben Zugang zum Kapitalmarkt, der günstigsten Art der Finanzierung. Sie kaufen sich die besten Fach- und Führungskräfte und Berater. Sie bündeln ihr Einkaufsvolumen, um höhere Preisdurchsetzungsmacht zu erlangen. Und sie suchen sich günstige Steuervorteile im internationalen Raum und schaffen sich dadurch Kostenvorteile gegenüber in der Region steuerpflichtigen Unternehmen. Mit ihren Gewinnen bauen sie ihre Marktmacht aus und vernichten dadurch kleine und mittlere Unternehmen. Eine wirtschaftliche Entwicklung, die ganze Regionen in ihrer Wirtschaftsleistung und sozialen Gerechtigkeit schwächt. Denn kleine und mittlere Unternehmen beschäftigen in Deutschland über 60 % der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer und sorgen damit für unseren regionalen Wohlstand. Es gilt also dringend die Macht der Großkonzerne abzuschwächen, indem wir die Zukunftsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen stärken.
Wie sieht eine Form des Wirtschaftens aus, die regionalfreundlicher ist und trotzdem dem Digitalisierungs-Zeitgeist entspricht?
Branchen wie zum Beispiel der Schreibwaren-Einzelhandel werden auf Dauer in den wenigsten Fällen zu retten sein. Schon heute nutzen immer mehr Kunden Freihauslieferung des Onlinehändlers, anstatt in die Stadt zu fahren. Da müsste schon die Politik Gesetze erlassen und zum Beispiel die Onlineriesen mit wesentlich höheren Steuern versehen, damit Preise im Internet wesentlich höher sind als die beim Buchhändler um die Ecke. Regionale Einzelhändler können den Vormarsch der Großkonzerne überleben, sofern sie Agilität beweisen und sich auf den Nutzen konzentrieren, den sie ihren Kunden stiften. Spitz schlägt breit. Sie müssen unternehmerische Kreativität aufbringen, digitale Technologien nutzen, ihre Vorteile der Kundennähe ausspielen und das gleiche oder ein besseres Servicelevel erreichen als Konzerne. Für andere Branchen erweist sich ein Paradigmenwechsel als Triebfeder für zukünftige Geschäftsfähigkeit: Symbiose statt Wettbewerb. Am Bonner Bogen ist uns beispielsweise gleich das Digital Hub ins Auge gestochen.
Was meinen Sie mit Wachstumswahnsinn?
1972 prognostizierte die Studie „Die Grenze des Wachstums“ im Auftrag des internationalen Expertenzusammenschlusses Club of Rome, dass die Wachstumsgrenzen auf der Erde im Jahr 2052 erreicht sein werden, wenn die Zunahmen von Industrialisierung, Umweltverschmutzung und Ausbeutung natürlicher Rohstoffe unverändert anhalten. Schon heute spüren wir die Folgen von Erderwärmung, Verschmutzung der Meere und Migration. Wir befinden uns mitten in einer Phase der Umbrüche und stehen kurz vor dem Kollaps. Es ist höchste Zeit, die Bremse zu ziehen. Wir beschäftigen uns seit 2013 intensiv mit dem Thema „Zukunftsfähige Geschäftsmodelle im Zeitalter der digitalen Revolution.“ Wir analysieren die Aufstellung erfolgreicher visionärer Unternehmen – darunter Kundenverhalten, Preisstrukturen, Ressourcen wie Personal und Infrastruktur. Wir identifizieren die Triebfedern für zukunftsfähiges Wirtschaften und lassen das Netzwerk der Hypozentren von diesem Know-how profitieren. Ziel für Unternehmen muss es sein, sich auf dem Markt sehr wichtig zu machen, indem sie für den Kunden und alle am Unternehmen beteiligten Parteien einen substantiellen Nutzen stiften. Unternehmen sollten die Frage „Was würden Ihre Kunden machen, wenn Ihr Unternehmen morgen vom Markt verschwindet“, nicht folgendermaßen beantworten müssen: „Wenn über Nacht mein Geschäft verschwindet, gehen meine Kunden am nächsten Tag zum Wettbewerb.“ Die Antwort muss lauten: „Wenn wir über Nacht verschwinden würden, hätten alle unsere Kunden ein riesiges Problem.“
Quelle: Patrick Schroeder