Stahlindustrie Schlüsselbranche für Wirtschaftsentwicklung
Am Freitag, den 22. April 2016, hat die Fachkommission für Wirtschaftspolitik des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) in Brüssel den auf saarländische Initiative hin erarbeiteten Entwurf der Stellungnahme „Die Stahlindustrie: Erhaltung von dauerhaften Arbeitsplätzen und nachhaltigem Wachstum in Europa“ einstimmig verabschiedet.
Isolde Ries, 1. Vizepräsidentin des saarländischen Landtages und AdR-Berichterstatterin, begrüßte das Zustandekommen des industriepolitisch wichtigen Dokuments. Zeitgleich hatte der deutsche Bundesrat in Berlin auf Antrag der Länder Saarland, Niedersachsen, Sachsen und Brandenburg eine Entschließung verabschiedet, in der Bundesregierung und EU-Kommission aufgefordert werden, faire Rahmenbedingungen für die Stahlindustrie zu schaffen.
„Der Stahlsektor spielt in der Wirtschaft der EU eine zentrale Rolle. Er zählt aktuell rund 330.000 Beschäftigte und 500 Produktionsstätten. Im Jahr 2014 konnte der Wirtschaftszweig einen Gesamtumsatz von 166 Mrd. Euro erzielen. Die Stahlindustrie ist mit vor- und nachgelagerten Branchen eng verflochten. Das Schicksal der Stahlindustrie wird deshalb auch spürbare Auswirkungen auf die regionale und lokale Entwicklung in den Mitgliedstaaten haben. Angesichts der Herausforderungen des Sektors, wie z.B. weltweite Überkapazitäten, Dumpingpraktiken, Niedrigpreisphasen und die Reform des Emissionshandels, ist es von besonderer Bedeutung, dass sich die Regionen der 28 EU-Mitgliedstaaten gemeinsam für eine Stärkung der europäischen Stahlindustrie im internationalen Wettbewerb aussprechen“, so Isolde Ries.
Im Vorfeld der Abstimmung zum Stellungnahmeentwurf hatte Gwenole Cozigou, Direktor der Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU der EU-Kommission, die Mitte März 2016 veröffentlichte Kommissionsmitteilung zur Lage der Stahlindustrie erläutert und das Engagement des AdR in diesem Themenbereich begrüßt.
Der AdR-Stellungnahmeentwurf weist darauf hin, dass Dumpingpraktiken bei Stahlimporten in die EU der heimischen Industrie schwer zu schaffen machten. Wenn China Ende dieses Jahres der Marktwirtschaftsstatus zuerkannt werden sollte, so würde dies künftige Antidumpingmaßnahmen der EU deutlich erschweren. Die Entscheidung über den Marktwirtschaftsstatus müsse deshalb in enger Abstimmung mit anderen wichtigen WTO-Mitgliedern getroffen werden.
Weiter fordert Ries in ihrem Text, dass die handelspolitischen Schutzinstrumente der EU effektiver und schneller werden müssten. So solle die sogenannte „lesser-duty rule“ aufgehoben werden, damit die EU-Kommission künftig Antidumpingzölle und Antisubventionszölle festsetzen könne, die nicht mehr niedriger ausfielen, als dies von anderen WTO-Mitgliedstaaten praktiziert werde. Die Verfahren der Kommission müssten zudem beschleunigt werden, auch durch Änderungen bei den Fristen. Ein Frühwarnsystem für Stahlimporte, wie es die Kommission vorschlage, könne dem Schutz der Stahlindustrie helfen. Zu einem Frühwarnsystem gehörten aber zwingend auch bessere und schnellere Handelsschutzinstrumente.
Im Fokus der AdR-Stellungnahme steht auch der Emissionshandel. Würde der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission zur Reform des Emissionshandels unverändert verabschiedet, wäre dadurch gerade die Stahlindustrie in ihrer Substanz und Existenz bedroht. Die effizientesten Anlagen dürften nicht weiter belastet werden. Produktbenchmarks müssten technisch bzw. wirtschaftlich erreichbar sein und dürften nicht pauschal gekürzt werden. Für die außenhandelsabhängige und energieintensive Stahlindustrie sei es wichtig, dass der Richtlinienvorschlag der Kommission im weiteren Verfahren noch an entscheidenden Punkten nachgebessert wird.
Der AdR wird die Stellungnahme zur Situation der Stahlindustrie in seiner Plenarsitzung am 15. und 16. Juni 2016 abschließend beraten und diese dann der Europäischen Kommission, dem Rat der EU und dem Europäischen Parlament übermitteln.
Quelle: Der Europäische Ausschuss der Regionen