Frankfurt – Gibt es einen Fachkräftemangel – oder gibt es ihn nicht?
Für mehr als 500 Besucher aus Unternehmen, Kommunen, Verbänden und Institutionen ist die Phase der Sensibilisierung hinsichtlich des demografischen Wandels passé. Sie alle kamen zum Kongress „Zukunfts(T)raum für FrankfurtRheinMain“, um über erfolgreiche Maßnahmen zur Sicherung der künftigen Lebens- und Arbeitswelt zu sprechen. Unter ihnen auch Wolf Matthias Mang, Vorstandsvorsitzender der HESSENMETALL und Vizepräsident der VhU, der von der Politik eine strategischere Herangehensweise forderte: „Die hessische Wirtschaft packt den Stier inzwischen bei den Hörnern: Immer mehr Unternehmen installieren z. B. ein Gesundheitsmanagement, kümmern sich verstärkt um die Fachkräftesicherung und stellen sich flexibel auf die Bedürfnisse verschiedener Lebensphasen ein. Die Politik hingegen legt mit ihrem Rentenpaket gerade eine fulminante Rolle rückwärts hin: Weg von Zukunftsbewältigung, hin zu mehr Umverteilung. Das gerade beschlossene Rentenpaket kostet z. B. 230 Mrd. EUR. Dafür könnte man 230.000 Lehrerstellen oder 1,2 Mio. Kitaplätze schaffen oder Schulden abbauen. Das wären generationengerechte Zukunftsinvestitionen. Erfolgreich werden wir nur gemeinsam sein.“
Welche Lösungen braucht die Metropolregion FrankfurtRheinMain?
Professor Jutta Rump, Leiterin des Instituts für Beschäftigung und Employability hatte Empfehlungen im Gepäck: „Wir entwickeln uns zu einer Wissens- und Innovationsgesellschaft. Frühkindliche Bildung ist daher ein wichtiger Schlüssel. Mit einer verbindlichen Sprachstandsfeststellung für Kinder ab 3 Jahre erkennen wir Defizite nicht erst, wenn es bereits zu spät ist“, empfahl die Co-Autorin der Studie „Die Zukunft der Arbeitswelt“.
IHK-Präsident Prof. Mathias Müller verdeutlichte den Ernst der Sachlage: „Der IHK-Fachkräftemonitor weist aktuell mehr als 70.000 fehlende Fachkräfte in unserem Bezirk aus. Dies gilt besonders für Personen mit einem qualifizierten Berufsabschluss. Vor diesem Hintergrund sind die politischen Pläne, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen, absolut kontraproduktiv. Viele Jugendliche könnten sich für einen einfachen Mindestlohn-Job und gegen eine perspektivisch lohnendere Lehre entscheiden. Stattdessen sollten wir Jugendliche und Eltern viel stärker als bisher für die vielfältigen Chancen einer Berufsausbildung sensibilisieren und ihnen die Perspektiven des Arbeitsmarktes aufzeigen.“ Auch Mang hält die Zukunft der Berufsbildung für ein zentrales Handlungsfeld: „Wir sind bereits gespannt, wie die Landesregierung beispielsweise die Reformierung der Übergangssysteme angehen wird.“
Die Talkrunden des Kongresses erörterten zwei essentielle Aspekte des demografischen Wandels: Zum einen die radikale Veränderung des Arbeitsmarkts, zum anderen die changierenden Anforderungen der Region – insbesondere beim Thema Wohnen. „Wohnraumversorgung ist derzeit die zentrale Herausforderung“, betont Olaf Cunitz, Bürgermeister und Planungsdezernent der Stadt Frankfurt. „Diese können wir nur bewältigen, wenn wir mit anderen Kommunen und Entscheidern zusammenarbeiten.“ In 6 weiteren Foren wurden die Erkenntnisse aus den Talkrunden vertieft.
Ein weiterer Fokus lag auf der Internationalität der Region: „Um den Fachkräftebedarf in der Region decken zu können und im globalen Wettbewerb zu bestehen, sind wir zunehmend auf Verstärkung aus dem Ausland angewiesen“, betonte Ludger Stüve, Direktor des Regionalverbands FrankfurtRheinMain. „Hier brauchen wir Methoden, die nicht nur punktuell ansetzen, sprich eine regionale Zuwanderungsstrategie. Wir müssen sicherstellen, dass Menschen hier gut ankommen – und auch bleiben“, erklärte der Verbandsdirektor.
Quelle: ots