Ärger bei den umstrittenen Autobahn-Raststätten Waldnaabtal
Regensburg – Die an der A93 zwischen Regensburg und Hof gerade im Bau befindlichen Autobahn-Raststätten Waldnaabtal kommen nicht zur Ruhe. Der öffentlich gemachte Vorwurf, dass diese Projekte auf Jahre hinaus unwirtschaftlich bleiben und eine reine Verschwendung von Steuergeldern darstellen, konnte von Seiten des Bundes und der Länder nicht entkräftet werden. Jetzt stellt sich die Frage, wer die Anlagen als Pächter betreiben soll. Eine Nachfrage von Pächterseite ist kaum vorhanden. Der Verpächter, die Firma Tank&Rast, verbleibt nur der schon oft praktizierte Trick, mit der, nennen wir es einmal „Zwangsvermietung“. Pächter von bereits vorhandenen Anlagen, die noch einigermaßen wirtschaftlich betrieben werden können, sollen „überredet“ werden, auch die zwei Anlagen in Waldnaabtal zu übernehmen. Da diese Pächter in ihren bestehenden Anlagen nur über kurzfristige Pachtverträge verfügen, hat man von Seiten der Tank&Rast bei nicht wunschgemäßem Verhalten ein probates Druckmittel zur Hand.
In den Zeiten vor der Privatisierung der Autobahn-Rastanlagen, in der der Bund selbst noch Verpächter war, standen die Bewerber im Bonner Verkehrsministerium noch Schlange. Dutzende von Bewerbungen lagen vor. Die sog. Gesellschaft für Nebenbetriebe (GfN), die damals für den Bund das Raststätten-Geschäft führte, konnte sich ihre Betreiber aussuchen.
Heute ist genau das Gegenteil der Fall. Heute wächst nur noch die Liste der Betreiber von Autobahn-Raststätten, die ihre Miete und Abgaben nicht mehr bezahlen können. Dies liegt daran, dass die Mieten im Vergleich zu früher extrem gestiegen sind, obwohl die Umsätze rückläufig sind. Die Autobahn-Kunden suchen sich aufgrund der Hochpreispolitik der Autobahn-Raststätten Alternativen neben der Autobahn. 2013 berichtete der ADAC von „Preisexplosionen“ auf der Autobahn, beim Sprit bis zu 11 Cent pro Liter teurer als neben der Autobahn. ADAC Präsident Meyer sprach sogar über die Autobahn-Raststätten von den „Raubritterburgen der Moderne“. Die Ursache dafür ist eine verfehlte Privatisierungspolitik des Bundes, die keinen Wettbewerb zuließ und alle Raststätten-Lizenzen an ein einziges Lizenznehmer-Konsortium vergab. Damit wurde gegen alle Regeln der freien Marktwirtschaft ein Monopol geschaffen. Den nicht vorhandenen Wettbewerb nutzen die Lizenzinhaber zu den außerordentlichen Preiserhöhungen, um kurzfristige dicke, aber nicht nachhaltige Gewinne zu erzielen.
Beispiele der Zwangsverpflichtung: Dr. Willy Habermeyer und Altenburger Land
Habermeyer ist genau das passiert, was den zukünftigen Pächtern der Autobahn-Raststätte Waldnaabtal auch „blühen“ kann. Die Familie Habermeyer war in zweiter Generation seit über 30 Jahren Pächter der Autobahn-Raststätten Holledau und Fürholzen an der A9 bei München. Habermeyers Kompetenz und sein außerordentlich guter Ruf waren über die Grenzen Bayerns hinaus bekannt und unbestritten. Das Gasthaus in der Holledau war ein „Autobahn-Kleinod“ mit einer ganz besonderen Historie und festem Stammkundenkreis.
Habermeyer wurde dann aber gezwungen, zusätzlich weitere Betriebe von der Tank&Rast in Vaterstetten zu abwegigen Konditionen und Pachten zu übernehmen. Nach einigen Jahren musste Habermeyer schließlich Insolvenz anmelden. Inzwischen klagt Habermeyers Anwalt mit guten Erfolgsaussichten gegen die Tank&Rast, von der er sich „reingelegt“ fühlt.
Ein weiteres Beispiel sind die beiden Autobahn-Raststätten Altenburger Land an der A4. Dies sind zwei neuere Betriebe, die nicht zum Laufen kommen und für die Beteiligten hoch defizitär sind. Um die Fehlinvestitionen zu „kaschieren“, wurde dort als Pächter der bestehende Pächter, der beiden nicht allzu weit wegliegenden Autobahn-Raststätten Vogtland, verpflichtet. Mit den Überschüssen aus Vogtland wird Altenburger Land quersubventioniert und so „über Wasser gehalten“. Dies wird aber immer schwieriger, da in Vogtland aufgrund ständigen Wechsels der Mineralölgesellschaften laufend Umsatzverluste eingefahren werden. Der Tank&Rast ist es möglich, Tankstellenrechte auf der Autobahn zu versteigern. Da damit aber nur kurze Laufzeiten verbunden sind, führt dies für den Verbraucher wieder zu steigenden Preisen. Die Mineralölgesellschaften denken nicht mehr nachhaltig und müssen die kurze Amortisationszeit durch hohe Aufschläge nutzen.
Neuer Pächter für Waldnaabtal aus dem Autobahn-Umfeld
Die Baustellen auf den beiden Seiten in Waldnaabtal sind weit fortgeschritten. Die Gebäude sind im Rohbau fertig, die Stützen der Tankstellendächer bereits gut sichtbar. Die Eröffnung könnte in wenigen Monaten stattfinden.
Normalerweise finden zu diesem Zeitpunkt bereits intensive Abstimmungen zwischen dem Pächter und den Einrichtungsfirmen, Lieferanten und der Tankstellengesellschaft statt. Soweit bekannt, ist dies in Waldnaabtal bislang praktisch nicht der Fall. Das Ausbleiben deutet darauf hin, dass die Anlagen, die in der Regel lange vor Baubeginn verpachtet sein sollten, zum jetzigen Zeitpunkt noch ohne Betriebsführung dastehen.
Es bestehen nunmehr erste konkrete Hinweise dafür, dass auch hier der Tank&Rast-Pächter, der bereits am gleichen Streckenzug oder in der Nähe liegende Autobahn-Raststätten führt, die Betriebe übernehmen soll. Der Pächter der Autobahn-Raststätte Pentling, ebenfalls an der A 93, hatte sich aber im Vorfeld schon mehrmals geäußert, dass für ihn eine Anpachtung der Autobahn-Raststätten Waldnaabtal aus verschiedenen Gründen nicht in Frage kommt. Wer nun tatsächlich in Waldnaabtal zum „Anpachten“ überredet wird, wird wohl in Kürze feststehen, da aufgrund des Bautenstands Eile geboten ist.
Die A 93 besitzt seit mehreren Jahren keinen Verkehrszuwachs. Auch die offiziellen Prognosen der Verkehrsinstitute versprechen für die Zukunft keine nennenswerte Besserung. Der Streckenzug ist bereits mit vier großen Autohöfen versorgt. Man kann sogar von einer „Überversorgung“ sprechen. Alle 25 km befinden sich an dem Autobahnabschnitt Anlagen mit Shell, Aral und Freier Tankstelle, Restaurants, McDonald’s, Subway und Pizzastationen, riesigen Parkplätzen und großzügigen Sanitäranlagen mit Duschen für die Lkw-Fahrer. Das alles wird zudem zu einem hervorragenden Preis-/Leistungsverhältnis angeboten, insbesondere mit günstigen regionalen Tankstellenpreisen.
Die neuen Autobahn-Raststätten Waldnaabtal befinden sich nur 4 km von dem Autohof und Familienbetrieb Bergler entfernt. Bergler verfügt über ein großes gemütliches Restaurant mit Aussichtsturm und freier Tankstelle. In weniger als 30 km Entfernung befinden sich die alt eingesessenen Familienbetriebe Küstner und Wedlich. In etwa 40 km Entfernung liegt der 24-Autohof Wernberg-Köblitz, der zur 24-Gruppe gehört, die sieben Mal in Folge zur besten Autohofkette Deutschlands gewählt wurde. Um den Autohof haben sich mittlerweile Supermärkte, Drogeriemärkte, Fast-Food-Betriebe und Feinkostläden angesiedelt. Außerdem befindet sich direkt neben dem Autohof das Factory-Outlet-Center von Elektronik Conrad. Die Ausfahrt hat sich zum Autobahn-Travel-Center der Reisesenden entwickelt.
Gegen diese eingesessenen und beliebten Betriebe werden es die neuen Autobahn-Raststätten extrem schwer haben, noch dazu, da zu deren Geschäftsmodell die „Hochpreispolitik“ gehört.
Waldnaabtal ein Sparschwein ohne Boden
Bei den Raststätten Waldnaabtal zahlt man mindestens zehn Jahre „drauf“. Dies ist die einstimmige Einschätzung der Brancheninsider. Der Verband Deutscher Autohöfe (VEDA e.V.) hat in einem öffentlichen Brief an Bund und Länder ausführlich vorgerechnet, warum diese Betriebe nicht funktionieren können. Auf einem stagnierenden Autobahnzug das Angebot um 50% zu erhöhen, ist selbst für einen Laien kaum verständlich. Weder Bund und Länder konnten auch nur ansatzweise die vorgebrachten Argumente entkräften, sondern verteidigten sich mit „Phrasenrhetorik“.
Seit gut einem Jahrzehnt Streit ohne Ende
Kirche, Tank&Rast, bayerische Regierung, Naturschutzverbände Dass die Autobahn-Raststätten Waldnaabtal Fehlinvestitionen darstellen, kann von niemandem entkräftet werden. Die Umsatzentwicklung nach Eröffnung wird von allen Seiten mit „Argusaugen“ beobachtet und kommentiert werden. Die Kontroverse um den Standort hat hier in ungewöhnlicher Breite und Tiefe von den ersten Entwicklungsschritten an „Tradition“. Beispielsweise beklagten sich Naturschutzverbände massiv über den hektarweisen Landverbrauch von wertvollen Wald- und Wiesenflächen. Die ehemaligen Grundstücksbesitzer, insbesondere die Kirche, mussten durch Androhung von Enteignungsverfahren „gefügig“ gemacht werden. Die Protesthaltung des Pfarrers Schmid bleibt in der Region unvergessen. Das bayerische Innenministerium war außer sich, weil die Tank&Rast zwischenzeitlich gar nicht mehr den Anschein machte, an dem Standort ihrer Bauverpflichtung nachzukommen. Von Seiten der Tank&Rast wurde wiederum mit fadenscheinigen Argumenten die Errichtung der Autobahn-Raststätten jahrelang verzögert. Schließlich protestierten die vier betroffenen Autohöfe mit Unterstützung des Branchenverbandes VEDA nachhaltig und öffentlichkeitswirksam gegen diese unsinnigen, überflüssigen, von keinem Autobahnnutzer benötigten und mit Steuergeldern bezahlten Raststationen.
Tank&Rast gerät in den öffentlichen Medien immer mehr ins Zwielicht Es ist offensichtlich, dass der hinter der Tank&Rast stehende britische Private Equity Fonds nicht auf einen nachhaltigen Geschäftsbetrieb ausgelegt ist, sondern auf kurzfristige hohe Weiterverkaufserfolge oder hohe Entnahmen durch Überschuldung. Beides ist in Milliardenhöhe laut verschiedenen Medienberichten bereits gelungen (Quelle: DIE WELT vom 28.11.2013). Die Restbeteiligung der Tank&Rast wird seit Jahren auf dem Markt erfolglos angeboten. Hainer Batz, ehemaliger Direktor bei der UniCredit Bank, fasst die Aussagen verschiedener Finanzanalysten wie folgt zusammen: „Die Überschuldungsbilanz der Tank&Rast ist mittlerweile enorm. Es wird durchaus vermutet, dass die Tank&Rast neue Autobahn-Raststätten-Verträge nur deshalb unterschrieben hat, um den möglichen Käufern eine Entwicklungsstory bieten zu können. Sie konnten dabei sogar davon ausgehen, dass sie diese neuen Anlagen gar nicht mehr selbst zu bauen haben.“ Derzeit versucht die Tank&Rast, ihre Anteile ab einer 100.000 Euro Stückelung am Markt zu platzieren, auch um die hohen Annuitäten, die aufgrund der Überfinanzierung entstanden sind, bedienen zu können. Bei den entsprechenden Kommentaren werden diese Anleihen durchaus in die Nähe von Schrottpapieren gebracht und es wird darauf hingewiesen, dass die Absicherungen nur nachrangiger Natur sind.
Quelle: ots