Angst vor Flächenbrand – Schäuble sieht Stabilität des Euro in Gefahr
München. Ökonomen und Anleger sind skeptisch, ob das Hilfspaket für Griechenland dem Land und der Euro-Zone wieder Stabilität geben wird. Der Euro setzte am Donnerstag seinen Abwärtskurs fort und notierte bei 1,2737 US-Dollar so tief wie zuletzt im März 2009. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht die Stabilität des Euro in Gefahr. Der Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Ulrich Blum, rät, vorsichtshalber bereits für einen «nordischen Euro» zu planen.
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) legte ein Konzept für Insolvenzverfahren in der Euro-Zone vor. Zugleich trat Brüderle Medienberichten entgegen, der Finanzanteil Deutschlands in Höhe von 22,4 Milliarden Euro könne noch nicht das letzte Wort sein. Der Minister sagte laut Sprecherin, der Höchstbetrag für den deutschen Anteil am Griechenland-Rettungspaket sei «auf 22,4 Milliarden Euro begrenzt». Mit einer Erhöhung des Betrags infolge einer geplanten Schonungsklausel sei nicht zu rechnen.
Laut der Klausel könnten Staaten der Eurozone, die an den Kapitalmärkten für die Aufnahme von Krediten einen höheren Zinssatz zahlen müssen als den, den sie im Anschluss für das Weiterverleihen des Geldes von Griechenland erhalten, von den übrigen Geberländern einen Zinsausgleich verlangen oder alternativ beantragen, von der Auszahlung des jeweils nächsten Teilkredits befreit zu werden. Werde dem Antrag stattgegeben, müssten die übrigen Geberländer anteilig einspringen. Der Vorstandsvorsitzende der KfW Bankengruppe, Ulrich Schröder, hatte allerdings am Mittwoch in einer Bundestags-Anhörung gesagt, in einem solchen Fall handle es sich um eine Vorfinanzierung. Diese werde verrechnet, sobald die betreffenden Länder sich wieder billiger refinanzieren könnten.
Brüderles Konzept für Insolvenzverfahren in der Euro-Zone sieht unter anderem ein vorübergehendes Schuldenmoratorium für insolvente Euro-Staaten vor. Dieses solle «zeitgleich mit der Einstellung der Schuldenbedienung» einsetzen, heißt es in dem Vorschlagspapier, wie die «Rheinische Post» (Donnerstagsausgabe) berichtet. Mit dem Moratorium würde Zeit geschaffen, um eine «nachhaltige Umschuldung» der Pleitestaaten vorzubereiten, das Klagerecht der Gläubiger vorübergehend auszusetzen und den weiteren Kapitalabfluss zu verhindern.
Bundesfinanzminister Schäuble stellte klar, dass er beim jetzigen Fall Griechenland eine Umschuldung für falsch hält. Dies würde einen Flächenbrand entfachen, der nicht mehr zu kontrollieren sei, sagte der Minister beim Europa-Forum des WDR in Berlin. Eine Umschuldung würde unvorhersehbare Konsequenzen für die Eurozone und auch darüber hinaus haben. Weiter sagte Schäuble: «Wir befinden uns in einer fundamentalen Krise, es steht wirklich die Stabilität des Euro auf dem Spiel.»
Der Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Ulrich Blum, riet der Bundesregierung, im Fall des Scheiterns des griechischen Sparpakets zusammen mit Frankreich und den anderen stabilen Euro-Ländern über den Aufbau eines «nordischen Euro» zu verhandeln. «Eine weitere Fortsetzung der Spekulation halten die Euro-Länder nicht aus», sagte Blum dem Berliner «Tagesspiegel» (Donnerstagausgabe). Das Szenario eines «Kern-Euro» sei auch ein Drohpotenzial gegenüber den Pleitekandidaten.