Bundesregierung besteht nicht auf Deutschem als EZB-Chef
Verpflichtung auf Stabilitätspolitik von Regierungssprecher Seibert hervorgehoben
Berlin. Nach dem überraschenden Rückzug von Bundesbankpräsident Axel Weber hat sich die Bundesregierung noch nicht auf einen Favoriten für die Nachfolge von Jean-Claude Trichet als Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) festgelegt. Allerdings beharrt sie auch nicht auf einem Deutschen als Kandidaten. „Das ist nicht in erster Linie eine Frage des Passes“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.
Wie zuvor schon Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) betonte Seibert, wichtig sei, dass der neue EZB-Chef für Stabilität stehe. Brüderle erklärte in der „Bild“-Zeitung: „Entscheidend ist vor allem, dass ein Kandidat für den Posten des EZB-Chefs die richtige innere Überzeugung hat. Er muss davon überzeugt sein, dass Inflation keine Probleme löst und wir stabile Preise für Wachstum und Wohlstand unbedingt brauchen.“
Die Amtszeit Trichets endet im Herbst. Seibert sagte, daher gebe es für die Nachfolgeregelung „noch Zeit“. Webers Nachfolger als Bundesbankchef soll laut Seibert noch in dieser Woche gefunden werden. Als ein Kandidat gilt der Wirtschaftsberater von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Jens Weidmann.
Unterdessen stellen Politiker von Union, Grünen und FDP Anforderungen an den künftigen EZB-Chef auf. Es müsse ein „erfahrener und hochqualifizierter Notenbanker sein, der überzeugt und überzeugend für stabiles Geld und die Unabhängigkeit der Geldpolitik kämpft“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Meister (CDU), dem „Handelsblatt Online“.
Der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Gerhard Schick, erklärte, die Qualifikation müsse im Vordergrund stehen und dürfe nicht nur traditionelle Geldpolitik umfassen, sondern auch profunde Kenntnisse der Finanzmärkte. „Denn die Krise hat gezeigt, dass sich beide Bereiche nicht länger trennen lassen“, sagte Schick dem „Handelsblatt Online“. Außerdem übernehme die EZB eine wichtige Rolle in der Aufsicht einzelner Banken, wozu Finanzmarktexpertise „dringend“ erforderlich sei.
FDP-Generalsekretär Christian Lindner betonte, seine Partei wolle „eine EZB, die sich in der stabilitätspolitischen Tradition der Bundesbank sieht“, und unterstütze deshalb „jeden Personalvorschlag, der das auch sicherstellt“. Indirekt brachte Lindner zugleich den derzeitigen Chef-Volkswirt der EZB, Jürgen Stark, ins Spiel. „Entscheidend ist, dass man sich wünschen kann, dass ein deutscher Experte den Platz einnimmt, der vielleicht auch eine Prägung aus der alten Bundesbank fachlich hat“, sagte der FDP-Politiker. Diese Beschreibung würde auf Stark zutreffen, der von 1998 bis 2006 Vizepräsident der Bundesbank war.