Bundesverwaltungsgericht erklärt Postmindestlohn für rechtswidrig – Post-Konkurrenten feiern Sieg – Rufe nach neuer Verordnung
Leipzig. Konkurrenten der Deutschen Post müssen ihren Briefzustellern nicht den Postmindestlohn zahlen. Das Bundesverwaltungsgericht erklärte am Donnerstag die Verordnung des Bundesarbeitsministeriums für rechtswidrig. Es gab damit einer Klage von Postkonkurrenten wie Pin und TNT statt. Diese hatten eigene Tarifverträge abgeschlossen und darin geringere Mindestlöhne vereinbart.
ver.di und der von der Deutschen Post dominierte Arbeitgeberverband Postdienste hatten sich im September 2007 auf einen Mindestlohn von 8,40 bis 9,80 Euro geeinigt, der für rund 200 000 Beschäftigte in der Branche gilt. Die daraufhin am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Verordnung des Bundesarbeitsministeriums über zwingende Arbeitsbedingungen bei Briefdienstleistungen habe die klagenden Arbeitgeber in ihren Beteiligungsrechten verletzt, begründete das Leipziger Gericht seine Entscheidung. Die Bundesregierung habe bei ihrem Erlass den in dessen Geltungsbereich fallenden Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie den Parteien des Tarifvertrages nicht ausreichend Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben.
Das Bundesarbeitsministerium bedauerte die Entscheidung des Gerichts, begrüßte aber gleichzeitig die damit verbundene höchstrichterliche Klärung. Nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe würden die erforderlichen Konsequenzen gezogen, sagte eine Sprecherin auf Anfrage.
Der Vorsitzende des Arbeitgeberverbands Postdienste, Wolfhard Bender, erklärte, der Mindestlohn für Briefdienstleister sei «nach wie vor richtig». Die Post werde ihn weiterhin zahlen. Ohne Mindeststandards bei den Löhnen werde «weiterhin Lohn- und Sozialdumping zulasten existenzsichernder Löhne, der Sozialversicherung und durch die notwendige Aufstockung der Löhne durch Hartz IV der kommunalen Haushalte betrieben».
Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis forderte die Bundesregierung auf, den Postmindestlohn neu zu verordnen: «Die bemängelten Formfehler müssen geheilt werden. Das ist mittels einer erneuten Verordnung ohne weiteres möglich. Durch die Entscheidung ist der Postmindestlohn nicht aufgehoben.»
Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste (AGV-NBZ), Florian Gerster, bezeichnete das Urteil als «Sieg für den Wettbewerb in der Brief- und Zustellbranche». Es bedeute «grünes Licht für die Schaffung neuer Arbeitsplätze.» Die Arbeitnehmer der Verbandsunternehmen würden auch künftig tariflich abgesichert sein, sagte Gerster. Als tariflicher Mindestlohn werde 7,50 Euro je Stunde in Westdeutschland und Berlin und 6,50 Euro je Stunde in Ostdeutschland gezahlt.
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt begrüßte die Entscheidung ebenfalls. Damit sei klar, dass die vorherige Bundesregierung rechtswidrig gehandelt hat, als sie den «Monopolsicherungslohn» in Kraft gesetzt hat. Der Postmindestlohn habe bereits kurz nach seinem Erlass Tausende Arbeitsplätze gekostet. «Sollte erneut ein Monopolsicherungstarifvertrag vorgelegt werden, werde ich unseren Vertretern im Tarifausschuss empfehlen, diesem nicht zuzustimmen», sagte Hundt.
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