Für die einen ist Moos eine lästige, für die anderen eine dekorative Gartenpflanze. In dem Urzeitgewächs steckt aber viel mehr. Auch die Wirtschaft und die medizinische Forschung haben die Pflanze entdeckt. Sie erforschen ihr Potenzial als Wirkstoff, um neue Mittel wie Moossalbe gegen Falten oder Modellorganismen in der Krebsforschung zu entwickeln. Welche Rolle spielt die Pflanze in der Forschung und wie können wir uns ihre positiven Eigenschaften zunutze machen?
Moos – Das langlebige Wundermittel
Moose haben sich nach heutigen Erkenntnissen vor rund 450 Millionen Jahren aus Grünalgen entwickelt. Inzwischen gibt es über 16.000 bekannte Arten. Erforscht werden sie in der Wissenschaftsdisziplin Bryologie. Über die Jahrtausende hat sich das Moos beständig gehalten und jeder lebenswidrigen Situation widerstanden.
Das liegt daran, dass die Pflanze konkurrenzschwach ist. Das bedeutet, dass sie, wenn andere Pflanzen in der Umgebung wachsen, in Konkurrenz mit diesen um die vorhandenen Nährstoffe in der Regel verliert. Deshalb hat das Moos gelernt, stattdessen auf Umgebungen auszuweichen, in denen andere Pflanzen nicht gedeihen können. So wachsen sie hartnäckig auf nährstofffreien Standorten wie Felsen, Borken, Blättern oder dunklen, häufig gestörten, offenen Flächen wie Waldböden.
Das überleben Moose durch ihre Austrocknungsresistenz, den Verdunstungsschutz und die Fähigkeit, Nährstoffe förmlich aus der Luft, beziehungsweise dem Niederschlag, zu ziehen. Sie holen sich, was sie brauchen, aus der Atmosphäre und schützen sich mit Glashaaren, Papillen und Rollblättern vor der Sonnenstrahlung und dem Austrocknen. Auch ein getrocknetes Moos ist nicht verloren. Viele von ihnen überstehen sogar mehrere Jahre im getrockneten Zustand und können danach wieder mit Wasser reaktiviert werden.
Damit überstehen Moose Ökosysteme in Wüsten, Regenwäldern und Polarregionen. Anderen Pflanzen und Tieren in der Umgebung helfen sie durch ihre Fähigkeit, Feuchtigkeit zu speichern und Schadstoffe aus Luft und Niederschlag zu filtern.
Positive Eigenschaften von Moos
Diese und weitere vielversprechende Eigenschaften sind der Forschung aufgefallen. Sie untersuchen die Pflanze aufgrund ihrer:
- Antimikrobiellen Wirkung | Moose haben fungizide und bakterizide Wirkungen. Das heißt sie wirken abweisend gegen Pilze und Bakterien.
- Keimhemmende Wirkung | Extrakte aus Moos können die Bildung von Keimen hemmen oder fördern. Für sich selbst nutzt das Moos diese Kraft, um das Wachstum von Konkurrenzpflanzen zu sabotieren.
- Biozide Wirkung | Moose enthalten Wirkstoffe, die Pflanzenfresser davon abhalten, sie zu fressen. Durch diese fraßhemmende Wirkung wird die Pflanze selten von Schädlingen befallen und muss deshalb auch nicht konserviert werden.
- Vielfache Resistenzen | Die oben genannten Eigenschaften der Pflanze machen sie besonders resistent gegen schädliche Umwelteinflüsse, Trockenheit und starke Temperaturwechsel.
Moos in der Forschung
Aufgrund dieser positiven Eigenschaften ist die Pflanze für einige Forscher interessant geworden. Sie haben sich das Moos angeschaut, um zu erkennen, ob sie von diesen Fähigkeiten Gebrauch machen können.
Die Schweizer Universität von Lausanne hat erkannt, dass man Moospflanzen in einem Bioreaktor kultivieren kann. Dabei werden die Moose nicht nur schnell reproduziert. Sie können dort auch gezielt Gene der Pflanze an- oder ausschalten und erforschen, wie sich diese Änderung auf die Pflanze und ihre Wirkungspotentiale für uns Menschen ausübt.
Auch wenn grundsätzlich alle Pflanzen das Potenzial haben uns zu helfen, da sie menschliche Proteine mit ihren Zuckerketten imitieren können, sorgen pflanzliche Zuckerstrukturen, die wir nicht besitzen, dabei zu Allergiereaktionen wie dem Heuschnupfen. Genau diese Reaktionen lassen sich bei dem Bioreaktor-Moos verhindern, da die Gene dafür einfach „ausgeschaltet“ werden können.
Nicht viele Pflanzen eignen sich für diese Art der Kultivierung. Viele haben das Potenzial zu helfen, aber da sich in anderen Anbauweisen wie dem Gewächshaus selten kontrollierte Bedingungen erstellen lassen, die denen eines Labors ähneln, können diese Pflanzen selten so effektiv für die Forschung genutzt werden.
Hat man dem Moos nun menschliche DNA eingepflanzt, stellt dieser sicheren Kopien menschlicher Proteine her, die wir nun in der Forschung und Industrie weiterverarbeiten können. In der Krebsforschung machen wir uns diese Fähigkeit zunutze, um Antikörper herzustellen, mit denen wir gegen die Krebszellen vorgehen können.
Im Gegensatz zu vielen tierischen Ursprüngen geht diese Herstellung von Wirkstoffen und Antikörpern, die wir in der Medizin nutzen können, nicht nur schneller. Sie vermeidet es auch, dass die Quelle – das modifizierte Moos – zerstört werden muss und sie kann so weiter genutzt werden. Das alles funktioniert unter den kostengünstigen, simplen Umweltbedingungen, die das genügsame Moos braucht.
Der Nutzen von Moos in Kosmetik
Auch in der Kosmetik ist diese Herstellung von reinen, unschädlichen Moosextrakten unter günstigen Bedingungen ein wertvoller Faktor. Hier haben sich die Forscher vor allem auf die Widerstandsfähigkeit und den Feuchtigkeitsspeicher der Pflanze konzentriert, um diese Eigenschaften von der Pflanze auf den Menschen zu übertragen. Der Hersteller Evertz Pharma nutzt ein Extrakt aus der Pflanze, um seine Biovolen Aktiv Moossalbe anzureichern.
In Versuchen hat sich herausgestellt, dass Haut, die mit der Salbe behandelt wurde, deutlich weniger durch wechselnde Temperaturwechsel und schädliche Umweltfaktoren beeinflusst wurde. Die Haut hat effektiver Feuchtigkeit gespeichert und sich dank der aktivierenden Wirkung des Mooswirkstoffs auf die Zellkerne unserer Haut besser auf Änderungen einstellen können. Damit ist die Salbe ein vielversprechendes Werkzeug für den Anti-Falten-Schutz.
Einige der stärksten Auslöser für frühzeitige Hautalterung sind Umwelteinflüsse wie starke Sonnenstrahlung, Feinstaub und Temperaturwechsel. Die Creme schützt uns nicht nur durch ihre feuchtigkeitsspendende Pflege, sondern aktiviert auch unsere Gene, um unsere Haut dabei zu unterstützen, sich nach dem Vorbild des widerstandsfähigen Mooses selbst besser schützen zu können.
Fazit
Moos ist nicht nur ein echter Überlebenskünstler, es ist auch vielseitig nützlich. Menschen haben Moos schon früh wegen seiner antimikrobiellen Wirkung bei Wundverbänden genutzt. Auch heute nutzt es uns in Medizin und Forschung. Seine leicht zu replizierende Form hilft uns dabei in Versuchen mit Moosgenen und menschlichen Genen hilfreiche Stoffe herzustellen. Produkte dieser Versuche sind beispielsweise Proteine und Antikörper, die in Medizin und Kosmetik verarbeitet werden können. Exemplarisch ist seine Wirkung im Anti-Falten-Bereich und der Krebsforschung.