Deutschlands kleinste Skifabrik behauptet sich in Nische – Zwei Konstanzer produzieren von Hand vor allem für Tiefschneefahrer
Konstanz. Beim Konstanzer Tiefschneespezialisten Powderequipment gibt es keine lauten Maschinen und keine lange Produktionsbänder. In der nach Firmenangaben kleinsten Skifabrik Deutschlands wird alles von Hand hergestellt. In der Mitte der 60 Quadratmeter großen Werkstatt steht eine Art Tapeziertisch mit einem Pinsel und einem Eimer voll klebrigem Harz. Daneben liegen Schnittmuster und eine Rolle mit fein verflochtenen Carbonfasern. Wie ein Stoff wird das seidige Material ausgeschnitten und auf die dünnen Holzkerne aufgepresst. Ein paar fertige Skier lehnen an der Wand. «Eigentlich waren wir diese Saison schon ausverkauft. Wir produzieren gerade nach», sagt Firmeninhaber Rainer Nootz.
Der 35-Jährige betreibt zusammen mit Werner Früh die Skimanufaktur. Jedes Stück ist handgemacht. «Wir beide sind seit Kindesbeinen auf Skiern unterwegs», sagt Nootz. In den 80er Jahren hatte sie das Snowboardfieber erfasst. «Damals konnte man nicht einfach in ein Sportgeschäft gehen und ein Snowboard kaufen. In manchen Skigebieten durfte man nicht einmal den Lift benutzen», erinnert sich der 44-jährige Früh.
Also fing der gelernte Zimmermann vor gut einem Vierteljahrhundert selbst mit dem Basteln von Snowboards an. Erst für sich selbst, später beriet er auch große Skihersteller in Österreich, Asien, Italien und Oberschwaben, die den Snowboardmarkt für sich entdeckten.
Der Anblick der breiten Bretter aus Konstanz dürfte ältere Snowboardfahrer an die Anfangszeiten der Sportart erinnern. «Am Anfang sahen die Snowboards aus wie Fische mit langen Nasen und hochgezogenen Schwanz», erläutert Nootz. Die Form war damals von den Surfboards inspiriert. Heute wollen die Bretterbauer damit Auftrieb im Tiefschnee bekommen.
Inzwischen ist der Snowboard-Boom laut Früh vorbei. Zudem haben viele Skihersteller ihre Produktion nach Fernost verlagert. Dennoch hätten sich in den vergangenen Jahren kleine Marken am Markt etabliert. Allerdings ließen diese ihre Entwicklungen meist von größeren Herstellern produzieren.
Früh und Nootz gingen einen anderen Weg: Der Zimmermann und der Unternehmensberater wollten selbst produzieren und machten sich vor drei Jahren selbstständig. Im vergangenen Winter starteten sie mit 150 Ski und Snowboards, diese Saison sollen es 200 werden. In der Bilanz steht erstmals eine schwarze Null. Kunden sind Touren- und Tiefschneefahrer, denn die Bretter wiegen nur 1,3 Kilogramm. Ein Alpinski bringt fast das Dreifache auf die Waage. Die Konstanzer machen sich damit in einer Nische breit und profitieren von einem Trend: dem Tourenskifahren.
«Tourenskifahren erfreut sich einer erhöhten Nachfrage», sagt Andi König vom Deutschen Skiverband. Viele Sportler hätten die körperliche Betätigung beim Hochgehen und die Belohnung beim anschließenden Herunterfahren für sich entdeckt. Zudem sei der Sport erschwinglicher als Abfahrtsskifahren: «Die Liftkarte fällt weg.» Wegen Lawinengefahr sollten Anfänger auf jeden Fall einen Kurs belegen oder nur auf gesicherten Wegen fahren. «Aber bitte nicht auf der Piste gehen», warnt der Sicherheitsexperte.
Der Schutz der Natur spielt für die Konstanzer Hersteller eine wichtige Rolle. Sie verwenden nur heimische Hölzer und beziehen ihren Strom aus Wasserkraft. Das hat seinen Preis: Rund 850 Euro kostet ein günstiges Modell – etwa so viel wie die Top-Modelle bei den großen Herstellern.
Auf modischen Schnickschnack legen die beiden keinen Wert, auch mit Luxusmarken haben sie nichts am Hut. Ihre Modelle sind schwarz oder weiß mit einer dezenten Bergsilhouette. Die zeitlose Optik hat einen Grund: Der Ski soll mehrere Winter lang gefahren werden können.
Dennoch geht die Entwicklung weiter. Leichter und breiter lautet die Devise für die kommende Saison. Die beiden Bretterbauer sind schon fleißig an der Arbeit. Ob sich der Aufwand lohnt, zeigt sich erst auf der Piste. «Es gibt keine Formeln. Man kann nicht genau berechnen, wie ein Ski sich auf der Piste verhält», sagt Nootz.
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