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Die wahren Euroretter sitzen in Mainz

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Mainz (dapd). Frank Herzog reichen ein bis zwei Quadratmillimeter, um einen Geldschein zu erkennen. „Ein fotografisches Gedächtnis und eine ganz ruhige Hand sind wichtig“, sagt er. Vorsichtig hebt er mit einer Pinzette einen Schnipsel einer Banknote aus einem verlotterten Portemonnaie. Stück für Stück reiht er die vergammelten Fetzen wie ein Puzzle nebeneinander auf und untersucht sie akribisch. Herzog ist einer von bundesweit zwei Gelddetektiven der Bundesbank.

Mit seinem Kollegen Uwe Holz nimmt er besonders schwer beschädigte Banknoten unter die Lupe. Holz sitzt gerade an einem zerfledderten 20-Euro-Schein. „Das war ein Hamster“, benennt der 39-Jährige den Übeltäter. „Man sieht richtig, wie das Tier sich durch den Schein gefressen hat.“

Erinnerungen an die Ermittlungen in der US-Krimiserie CSI kommen auf, und auch die Mitarbeiter des Nationalen Analysezentrums der Bundesbank lösen in ihren hochmodernen Labors in Mainz so gut wie jeden Fall. Unter dem Mikroskop prüfen sie Geldscheine auf ihre Echtheit. Anschließend bearbeiten sie die Noten soweit, bis sie mehr als die Hälfte zusammengesetzt haben. „Das ist die Erstattungsgrundlage“, erläutert der Leiter des Zentrums, Rainer Elm.

Bei der Abteilung für beschädigtes Geld kann jedermann ramponierte Münzen oder Banknoten einreichen. Wurden sie nicht mutwillig zerstört, werden sie in voller Höhe ersetzt. Dabei gilt die Alles-oder-Nichts-Regel: Es müssen mehr als 50 Prozent des Geldes zu retten sein, ansonsten geht der Kunde leer aus. 2012 seien 22.000 Anträge eingereicht worden, sagt Gruppenleiter Michael Erbert. Die Bundesbank erstattete 32 Millionen Euro für die Bargeld-Überreste.

Geld stinkt doch

Knapp 840.000 Scheine gingen im vergangenen Jahr durch die Hände der Mitarbeiter des Analysezentrums. „Das stinkt auch manchmal“, verrät Erbert. Der Klassiker seien zerrissene Banknoten. Immer mal wieder gebe es aber auch außergewöhnliche oder übel riechende Aufträge – etwa Geld, das wochenlang neben einer Leiche lag.

Sehr unangenehm sei auch der „Eier-Fall“ gewesen, erinnert sich der Gruppenleiter. Vor einigen Monaten sei ein als Geldversteck genutzter Eierkarton im Analysezentrum eingegangen. Die verdorbenen Eier seien regelrecht mit den Scheinen verwachsen gewesen. „Das war eine einzelne stinkende Masse“, berichtet Erbert und verzieht bei der Erinnerung daran noch immer das Gesicht.

Nach Angaben des Gruppenleiters liegen teils sechsstellige Beträge auf den Labortischen. Die reparierten Bündel würden aber nicht mehr in Umlauf gebracht, sondern von der Bundesbank vernichtet. „Privat weiß man schon, was das Geld wert ist“, sagt Erbert. Bei der Arbeit dagegen seien die Noten einfach Gegenstände. „Das ist wie der Sack Kartoffeln beim Bauer“, zieht er einen Vergleich.

Hinter dem Geld steckt immer eine Geschichte

Besonders viel zu tun gibt es im Analysezentrum vor allem nach Weihnachten. Versehentlich würden dann Banknoten mit ungeliebten Weihnachtskarten zerschreddert oder im Kamin verstecktes Geld verfeuert, sagt Zentrumsleiter Elm. Häufig würden auch Hochzeitsgeschenke im Original abgeliefert. Der Erfindergeist der Partygäste reiche von laminierten Noten bis hin zu harzenden Holzstämmen als Geldversteck.

Von der Eurokrise merken die Geldexperten dagegen wenig. Die Auftragslage sei in den vergangenen Jahren konstant geblieben. Mehr zu tun gibt es dagegen bei Naturkatastrophen oder Verbrechen.

„Hat mal wieder jemand versucht, einen EC-Automaten zu sprengen, dann landet der mit Sicherheit bei uns“, sagt Mitarbeiter Herzog. Auch nach Naturkatastrophen arbeiten die Männer unter Hochdruck. Bei Hochwasser liefen beispielsweise Keller und Tresore voll. Schlamm presse Scheine wie Ziegelsteine zusammen, die die Feinmechaniker der Bundesbank dann auseinander pfriemelten, berichtet Herzog.

Die Arbeit sei nicht immer einfach, sagt Zentrumsleiter Elm. Hinter dem eingereichten Geld stecke immer auch eine Geschichte, manchmal handele es sich um Todesfälle oder Schicksalsschläge. In diesen Fällen könne das Analysezentrum helfen und den betroffenen Menschen wenigstens das Geld zurückerstatten, fügt Elm hinzu. Die wahren Euroretter sitzen also nicht in Brüssel, sondern in Mainz.

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