Druck auf ThyssenKrupp-Aufsichtsratschef Cromme wächst
Hamburg (dapd). ThyssenKrupp-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme gerät wegen des Milliardendebakels beim Bau neuer Stahlwerke in Amerika immer stärker unter Druck. Auch der einflussreiche Aktionärsberater ISS empfiehlt den Investoren inzwischen, dem von Cromme geleiteten Aufsichtsrat die Entlastung zu verweigern.
In einer 21-seitigen Studie, die der Nachrichtenagentur dapd vorliegt, kritisierte die ISS das zögerliche Handeln des Kontrollgremiums bei dem Debakel um die Stahlwerksneubauten in Amerika und Brasilien. Obwohl die Risiken seit Mai 2008 bekanntgewesen seien, hätten die Kontrolleure erst im Dezember 2012 durch die Entlassung von drei Vorständen angemessen reagiert.
Alarmierend sei aber auch „der fehlende Wille“ des Gremiums, eigene Versäumnisse einzugestehen und sich zu ändern. Es sei in keiner Weise sicher, dass die Aufsicht über das Management bei ThyssenKrupp in Zukunft besser funktioniere. Die Verweigerung der Entlastung sei deshalb ein dringend notwendiges Signal an den Aufsichtsrat, auch wenn sie keine direkten rechtlichen Konsequenzen habe. Das Wirtschaftsportal „Capital.de“ hatte zuvor bereits über die Studie berichtet.
Auch der Vorstand soll nach dem Willen von ISS nicht entlastet werden. Anlass dafür sei das Verhalten des früheren Compliance-Vorstands Jürgen Claassen, der mit umstrittenen Luxusreisen Schlagzeilen gemacht hatte.
ISS berät nach eigenen Angaben mehr als 1.700 Kunden weltweit und gibt ihnen Empfehlungen zu ihrem Abstimmverhalten bei Aktionärstreffen. Darunter sind mächtige Fonds mit großen Aktienbeständen. Laut „Capital.de“ richten sich diese Anleger in der Regel nach den Vorschlägen des ISS.
Zuvor hatten bereits die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz und der Dachverband der Kritischen Aktionäre angekündigt, gegen eine Entlastung des Aufsichtsrats stimmen zu wollen.