Erziehungs- und Pflegezeiten in der gesetzlichen Altersvorsorge
In das Leben einer Frau passt viel rein: Schule und Ausbildung, Kinder und Familienleben, Karriere und Broterwerb und schließlich noch die Pflege von Angehörigen. „Ich bin stolz auf meine Lebensleistung“, stellt Marion Bauer fest. Sie ist Mutter von drei fast erwachsenen Kindern, teilzeitbeschäftigte Bürokraft und aktuell mit der Pflege ihrer Schwiegermutter voll ausgelastet. „Aber diese Leistung spiegelt sich nicht in meinen Rentenansprüchen wieder. Dafür waren die Zeiten der Erwerbstätigkeit einfach zu kurz.“
Schuld daran sind die grundlegenden Prinzipien der gesetzlichen Rentenversicherung, die von ihren Anfängen im 19. Jahrhundert bis heute eine Erwerbstätigenversicherung ist. Die Höhe der Rente richtet sich vor allem nach den verdienten Arbeitsentgelten und deshalb erhalten nur diejenigen ausreichend Rente, die möglichst ununterbrochen und mit mindestens durchschnittlichem Verdienst ein Leben lang erwerbstätig waren. Aber genau wie Marion Bauer können das viele Frauen nicht leisten, denn schließlich erziehen sie die Kinder, pflegen Eltern, arbeiten in Teilzeit oder sind geringfügig beschäftigt. Während Männer durchschnittlich 37 Jahre lang arbeiten, sind Frauen in der Regel nur 26 Jahre beruflich tätig.
Viele gehen geringfügigen Beschäftigungen nach, die kaum oder gar nicht auf die Rente angerechnet werden. Selbst wenn Frauen voll arbeiten, führen sie geringere Beiträge ab, weil sie nach wie vor weniger verdienen als Männer. Kein Wunder also, dass die durchschnittliche gesetzliche Rente für Frauen in den neuen Bundesländern derzeit bei 730 Euro liegt, in den alten Bundesländern bei 508 Euro im Monat.
Wer also sein Leben lang weniger verdient und eine durch Auszeiten unterbrochene Vita hat, muss umso mehr auf seine Altersvorsorge achten. „Je früher sich Frauen Gedanken um ihre Altersvorsorge machen, desto besser“, rät Petra Timm vom Personaldienstleister Randstad. „Dazu gehört zunächst einmal, sich einen Überblick zu verschaffen und die tatsächliche gesetzliche Rentensituation zu klären“, so Timm weiter.
So wird beispielsweise seit 1986 die Zeit für die Kindererziehung für Frauen ab Jahrgang 1921 rentenrechtlich angerechnet und zwar immer dann, wenn die Frau während der Kindererziehung nicht gearbeitet hat. Für die Berechnung wird der durchschnittliche Jahresverdienst aller Rentenversicherten zu Grunde gelegt und die Frauen so behandelt, als hätten sie während der Erziehungszeit ein Jahreseinkommen in dieser Höhe gehabt. Bislang wurde nach dieser Formel für jedes vor dem 1. Januar 1992 geborene Kind ein Erziehungsjahr berücksichtigt. Mit Einführung der sogenannten Mütterrente werden seit dem 1. Juli 2014 nun für jedes Kind zwei Erziehungsjahre angerechnet. Für Rentnerinnen im Westen gibt es damit für jedes vor 1992 geborene Kind künftig 57,22 Euro und im Osten 52,78 Euro brutto mehr Rente. Für Mütter, deren Kinder nach dem 31. Dezember 1991 geboren wurden, ändert sich nichts: Ihnen werden weiter für jedes Kind drei Erziehungsjahre gutgeschrieben – damit sind sie übrigens auch nach der Reform noch immer besser gestellt als ältere Jahrgänge.
Auch die Pflege von Angehörigen kann in die Rentenberechnung einfließen – nämlich dann, wenn ehrenamtliche Pflegepersonen mindestens 14 Stunden wöchentlich einen Pflegebedürftigen pflegen und keine Erwerbstätigkeit von mehr als 30 Stunden wöchentlich ausüben. In diesen Fällen zahlt die zuständige Pflegekasse Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung: Diese Zeiten gelten dann als Pflichtbeitragszeiten.
„Jede Frau sollte sich in Hinblick auf ihre individuelle Situation beim Rentenversicherungsträger beraten und alle Versicherungszeiten für die spätere Rente überprüfen lassen“ empfiehlt die Personalexpertin Timm und stellt gleichzeitig fest: „Wer im Alter genügend Geld zum Leben haben möchte, kann sich nicht auf die gesetzlichen Rentenansprüche verlassen, sondern muss sich mit Geldanlage, privater Finanzplanung sowie anderen Vorsorgemodellen auseinandersetzen.“