EU-Kommission verlangt Erklärung zu Berliner Wasserpreisen
Senat muss Stellungnahme abgeben – Ansonsten droht ein formales Prüfverfahren
Berlin (dapd-bln). In den Streit um die Berliner Wasserpreise hat sich nun auch die EU-Kommission eingeschaltet. Die Wettbewerbshüter aus Brüssel hätten die Landesregierung in einem vertraulichen Schreiben zu einer Erklärung über die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe aufgefordert, sagte ein Sprecher der Senatsfinanzverwaltung auf Nachfrage der Nachrichtenagentur dapd und bestätigte damit einen Bericht der „Berliner Morgenpost“ (Sonntagausgabe).
Den Angaben zufolge hat dieser Vorgang aber zunächst einmal keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Berliner Wasserpreise. Opposition und Bürgerinitiativen sehen den Senat trotzdem in Zugzwang.
Laut dem Blatt reagierte die EU-Kommission auf eine Beschwerde von Transparency International und der Berliner Verbraucherzentrale aus dem Sommer 2011. Vor diesem Hintergrund will die Beihilfekontrolle nun prüfen, ob der anteilige Verkauf der früheren landeseigenen Wasserbetriebe an die privaten Anteilseigner von RWE und Veolia 1999 möglicherweise gegen EU-Wettbewerbsrecht verstößt. Dabei interessieren sich die Brüsseler Beamten laut Zeitungsbericht vor allem für die ausgehandelte Gewinngarantie der beiden Konzerne.
Seit dem Verkauf halten RWE und Veolia insgesamt 49,9 Prozent der Wasserbetriebe. Kritiker monieren allerdings seit langem, dass die beiden Anteilseigner bei der Verteilung von Überschüssen gegenüber dem Land Berlin als Miteigentümer bevorzugt würden. Aus Sicht der Kommission besteht daher der Verdacht, dass es sich in diesem Fall um unerlaubte Beihilfen für die Konzerne handeln könnte. Deshalb forderten die Wettbewerbshüter eine Stellungnahme vom Senat.
Sollten die Fragen nicht geklärt werden, „muss möglicherweise ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet werden“, zitierte das Blatt aus dem Schreiben, das bereits im November 2011 zugestellt wurde.
Der Sprecher der Senatsfinanzverwaltung bestätigte den Eingang des Schreibens. Es sei aber „nicht ungewöhnlich“, dass sich die Kommission für solche Sachverhalte interessiere. Zugleich betonte er, dass es in dem Verfahren allein um die Beihilfen gehe und nicht unmittelbar um die Senkung der als zu hoch kritisierten Wasserpreise. „Im Übrigen haben wir nichts zu verbergen“, sagte er. Die EU-Kommission könne die nötigen Informationen einsehen. Und auch dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses sei der Sachverhalt zur Kenntnis vorgelegt worden.
Die Opposition begrüßte derweil die Intervention der EU-Kommission. Zwar räumte Linken-Parteichef Klaus Lederer ein, dass deshalb die Berliner nicht automatisch auf eine Senkung der Wasserpreise hoffen sollten. „Aber der Vorgang beweist insgesamt die Anrüchigkeit des Geschäfts“, sagte er auf dapd-Anfrage.
Ähnlich beurteilte auch der Berliner Wassertisch die Nachrichten aus Brüssel. „Je mehr Instanzen dem Senat auf die Finger schauen, umso besser ist das für die Berliner“, sagte die Sprecherin der Bürgerinitiative, Ulrike Kölver. Der Senat sei nun in „Zugzwang“ und müsse auch öffentlich Stellung beziehen.
Wie die Linken fordert ihr Bündnis seit Monaten die Rückabwicklung des Verkaufs. Weil seit der Teilprivatisierung die Wasserpreise in der Hauptstadt kontinuierlich gestiegen sind, hatten die Kritiker bereits im vergangenen Jahr mit einem Volksentscheid die komplette Offenlegung der Verkaufsverträge erzwungen.