Euro-Krise: Jenaer Allianz fordert stärkere ordnungspolitische Orientierung in Europa
Lutz Goebel: Europa droht zu entgleisen – Wirtschaftsverfassung statt Wirtschaftsregierung
Berlin/Frankfurt, 22. Juni 2012. Die Familienunternehmer sind Mitunterzeichner der Frankfurter Erklärung der „Jenaer Allianz“, in der sich der Zusammenschluss marktwirtschaftlich orientierter Wissenschaftsinstitute und Verbände für eine Rückkehr zu ordnungspolitischen Prinzipien in Europa ausgesprochen haben. „Die notwendige Konsequenz aus der Euro-Krise muss eine Rückkehr zu marktwirtschaftliche Regeln sein und nicht eine weitere Zentralisierung in der EU. Hier setzt die gemeinsame Erklärung der ein klares Signal. Europa braucht keine zentralistische Wirtschaftsregierung sondern eine Wirtschaftsverfassung mit klaren ordnungspolitischen Prinzipien. Europa droht sonst zu entgleisen, weil die Grundprinzipien der Marktwirtschaft außer Kraft gesetzt werden! Eine Wirtschaftsregierung würde nur beschleunigen, dass immer weniger Länder haften müssten für die Verschuldungsrisiken der anderen“, unterstrich Lutz Goebel, Präsident von DIE FAMILIENUNTERNEHMER.
Deshalb fordern die Unterzeichner einen sanktionsbewehrten Stabilitäts- und Wachstumspakt, der die Länder der Euro-Zone verpflichtet, ihren Schuldenstand nach einem festgelegten Tilgungsplan auf ein verbindliches Höchstmaß zu reduzieren. Vom inzwischen vereinbarten Fiskalpakt der EU dagegen sei „kein glaubwürdiger Automatismus von Sanktionen zu erwarten, solange eine qualifizierte Mehrheit von Ministern die vorgesehenen Sanktionen stoppen und hierbei zudem auf das unveränderte EU-Vertragsrecht verweisen kann“. Ferner müsse die Europäische Zentralbank (EZB) zu ihrem eigentlichen Mandat zurückkehren, das ausschließlich geldpolitischer Natur sei. „Vor allem mit dem Ankauf notleidender Staatspapiere auf dem Sekundärmarkt verstößt sie gegen den Geist des Europäischen Rechts, der die Monetisierung von Staatsschulden eindeutig verbietet“, heißt es in dem Aufruf.
Innerhalb der EZB-Gremien passen die Stimmrechte der beteiligten Länder nicht mit den Haftungsanteilen überein; im Rat der EZB verfügt eine Mehrheit überschuldeter Staaten über das Steuergeld der solideren Staaten. „Diese Einladung zum Abschluss von Geschäften zulasten Dritter kann nur vermieden werden, wenn die Stimmrechte innerhalb der EZB mit dem haftenden Kapital gewichtet werden.“ Die verantwortlichen Politiker erinnerte die Jenaer Allianz an die Devise der Europäischen Union: „Einheit in Vielfalt“. Ein großes Maß an Gestaltungsfreiheit, eingebettet in einen klaren Rechts- und Ordnungsrahmen sei das Fundament der Sozialen Marktwirtschaft. „Das muss auch die Basis einer europäischen Sozialen Marktwirtschaft sein.“
Der temporäre Rettungsschirm „Europäische Finanzstabilisierungsfazilität“ (EFSF) und die dauerhaft vorgesehene Nachfolgeeinrichtung „Europäischer Stabilitätsmechanismus“ (ESM) sind nach Ansicht der Jenaer Allianz improvisierte Rettungsversuche in einer Situation, „die mit einer glaubhaft durchgesetzten, prinzipiengeleiteten Wirtschaftsverfassung gar nicht hätte eintreten müssen.“
Die »Jenaer Allianz zur Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft« ist ein Kooperationsnetzwerk von Organisationen, Institutionen und Wissenschaftlern, die sich der ordnungspolitischen Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft verpflichtet fühlen. Sie wurde anlässlich der Jubiläumskonferenz »60 Jahre Soziale Marktwirtschaft« 2008 in Jena gegründet.
Für die Mitglieder der „Jenaer Allianz zur Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft“ haben diese Personen den Aufruf unterzeichnet, der heute in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienen ist: Michael Borchard (Berlin), Detmar Doering (Liberales Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit), Andreas Freytag (Friedrich Schiller Universität Jena), Gerd Habermann (Berlin), Albrecht von der Hagen (DIE FAMILIENUNTERNEHMER), Rolf Hasse (Leipziger Wirtschafts-politische Gesellschaft), Karen Horn (Berlin), Stefan Kolev (Wilhelm-Röpke-Institut), Thomas Köster (Düsseldorf), Steffen J. Roth (Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln), Jan Schnellenbach (Walter Eucken Institut), Joachim Starbatty (Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft), Martin Wilde (Bund Katholischer Unternehmer), Michael Wohlgemuth (Universität Bayreuth).
Hier finden Sie den gesamten Aufruf: