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EZB verzichtet auf das letzte Mittel

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Frankfurt/Main (dapd). Die Wirtschaft schrumpft, aber die Europäische Zentralbank (EZB) verweigert zinspolitische Hilfen – zumindest vorerst. Die Währungshüter verzichteten am Donnerstag in Frankfurt am Main auf eine weitere Zinssenkung und beließen den Satz auf dem ohnehin historischen Tief von 0,75 Prozent.

Die EZB sieht nach eigenen Angaben das Vertrauen an den Finanzmärkten zurückkehren und rechnet im kommenden Jahr mit einer sinkenden Inflation in der Eurozone. Zwar werde sich die Wirtschaftskrise im vierten Quartal im gemeinsamen Währungsraum nach den derzeit verfügbaren Daten weiter verschärfen, sagte Zentralbankpräsident Mario Draghi. „Aber in jüngster Zeit haben sich einige Indikatoren auf niedrigem Niveau stabilisiert, und das Vertrauen an den Finanzmärkten hat sich weiter erholt.“ In Deutschland und Frankreich sei im November eine steigende Zuversicht auf eine wirtschaftliche Erholung gemessen worden.

Dennoch senkte die EZB ihre Konjunkturerwartungen für das laufende und das kommende Jahr erneut. Für 2012 rechnen die Notenbanker mit einem Schrumpfen der Wirtschaft im Euroraum zwischen 0,4 und 0,6 Prozent, 2013 werde das Wachstum zwischen plus 0,3 Prozent und minus 0,9 Prozent liegen. Im Lauf des nächsten Jahres führten die steigende Nachfrage von außerhalb der Eurozone und ein weiter gestärktes Vertrauen an den Finanzmärkten dabei zu einer Erholung der Wirtschaft.

„Pulver trocken halten“

Im Vorfeld der Entscheidung hatten einige Ökonomen angesichts der Rezession in der Währungsunion eine weitere Zinssenkung gefordert. Dennoch lobten etwa die Analysten des größten europäischen Versicherungskonzerns Allianz die EZB-Entscheidung: Ein solcher Schritt sei derzeit nicht zwingend, hieß es. „Die EZB sollte zinspolitisch das wenige Pulver, das ihr verbleibt, trocken halten.“ Über seine US-Tochter Pimco ist der Allianz-Konzern unter anderem der größte Anleihe-Investor der Welt.

Es gilt zudem als ungewiss, ob eine weitere Zinssenkung der schwachen Wirtschaft in den europäischen Krisenstaaten überhaupt wieder auf die Beine helfen würde. Eigentlich führt billiges Geld zur Vergabe von mehr Krediten. Solange Unternehmen und Privatleute aber unter der Unsicherheit leiden, wie es mit dem Euro weitergeht, halten sie sich mit Investitionen, Einkäufen und Bauvorhaben zurück.

Draghi will rasch einheitliche europäische Bankenaufsicht

Draghi drängte denn auch die EU zu einer schnellen Einigung über eine einheitliche europäische Bankenaufsicht. „Eine einheitliche Aufsicht ist einer der wichtigsten Bausteine“, sagte Draghi über die Schaffung einer stabilen Finanzstruktur.

Die EU-Finanzminister hatten allerdings Anfang der Woche ihre Verhandlungen über die einheitliche Bankenaufsicht vertagt, weil auf die Schnelle kein Konsens zu erzielen war. Die bisherigen Pläne sehen vor, dass die Aufsicht bei der EZB angesiedelt werden soll. Umstritten ist aber, ob die Aufseher nur für die großen, systemrelevanten Banken zuständig sein sollen oder für alle mehr als 6.000 Banken im Euroraum. Ein weiteres Problem ist es, die Aufsicht bei der EZB klar von der Geldpolitik zu trennen, die mitunter im Interessenwiderspruch zueinander stehen können.

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